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Zeitungsbericht für August 1812

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16502, Bl. 55r-58v, Anlagen Bl. 59r-63r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 3. Oktober 1812.

 

 

[55r] Liegnitz den 4ten September 1812.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat August c.

 

 

Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem unserer Verwaltung anvertrauten Landes-Bezirk für den Monath August c. in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen:

 

Die

 

Witterung

 

war den ganzen Monath hindurch sehr fruchtbar. Der Wind kam gewöhnlich aus Westen und Nordwesten, zuweilen aus Osten und Südosten. Der höchste Stand des Reaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 27ten Mittags 20 Grad, und der niedrigste den 2ten früh und den 14ten Abends 7 1/2 Grad über dem Eispunkte.

 

Die Winterung sowohl, als das Sommer-Getraide ist durchgängig gut gerathen, und man rechnet die diesjährige Erndte zu den vorzüglich ergiebigen, ungeachtet ein großer Theil des Getraides, nahmentlich Waitzen und Gerste, in Folge der ersten Witterung auf dem Felde sehr ausgewachsen ist. Letztere hat auch hin und wieder den Flachs sehr zur Erde gedrückt, und dadurch das Verfaulen deßelben [55v] veranlaßt. Die Obst-Bäume werden nur einen sehr mittelmäßigen Ertrag gewähren, weil sie von den Raupen nicht wenig beschädigt worden sind.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die unter dem Buchstaben A beigeschloßene balancirte Designation weiset nach, welche Preise im vorigen Monat das Getraide auf den vornehmsten Städten des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen benachbarten Auslandes verhalten.

 

In der Anlage unter Lit: B wird die Quantitaet des im Monath July c. ein- und ausgeführten Getraides und Gemüses designirt.

 

Der Berliner Scheffel Kartoffeln hat den Preis von 8 bis 16 gg: Münz-Courant.

 

Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.

 

hat sich nicht bedeutend geändert. Von den Schlesischen Pfandbriefen stehen die großen 60 und die kleinen 63 pro Cent.

 

Von

 

Krankheiten

 

unter Menschen und Hausthieren ist im verfloßenen Monate nichts zu unserer Kenntniß gekommen. Die natürlichen Blattern sind in der Stadt Bunzlau ausgebrochen. Da inzwischen die dasige Gegend im vorigen Jahr fast durchaus vaccinirt worden, so dürfen wir nicht fürchten, daß [56r] dieses Uebel weit um sich greifen werde.

 

Die jetzt herrschende naße Witterung aber läßt für die Zukunft allerlei Krankheiten besorgen.

 

Unglücks-Fälle.

 

Drei Einwohner des Departements nahmen sich aus Schwermuth selbst das Leben.

 

Am 27ten Julii c. wurde eine Frau aus dem Dorfe Zessendorff bei Priebus, welche auf dem Felde gearbeitet und bei einem entstandenen Gewitter unter einem Baume Schutz gegen den Regen gesucht hatte, vom Blitz getödtet.

 

Die 10jährige Tochter des Schifsknechts Lucke zu Koeben ertrank in einem Graben.

 

Auf gleiche Art fand der zweijährige Sohn des Häuslers Dorn zu Corangelwitz, Wohlauschen Creises, den Tod in einer Dünger-Grube.

 

Der Häusler Joseph Kobert zu Birckenbrück, Loewenberg-Bunzlauschen Creises, erhielt beim Stökeroden, als der Aushebe-Baum von einem Stok abprallte, von ersterem einen so heftigen Schlag, daß er eine halbe Stunde nachher seinen Geist aufgeben mußte.

 

Am 22ten Julii c. fuhr ein zündender Wetter-Strahl in die Stallung des Scholzen Dietrich zu Fischerende, Liegnitzschen Creises, welche darauf nebst dem Wohngebäude deßelben niederbrandte.

 

Eben so wurden die Gehöfte der Groß-Gärtner-Wittwe [56v] Brucks zu Hirtendorff im Sprottauschen, und des Scholzen Stober zu Sayne, im Militsch-Trachenbergschen Creise, durch Einschlagen des Blitzes in Feuer gesetzt und eingeäschert.

 

In der Nacht vom 6ten zum 7ten v. M. wurden dem Bauer Baumert zu Wünschendorff, Loewenbergschen Creises, durch gewaltsamen Einbruch baares Geld und Kleidungs-Stükke entwendet. Der dem Damnificaten dadurch entstandene Verlust wird zur Summe von 100 r. Courant angegeben.

 

In Deutsch-Wartenberg wurde dem Krämer Guhr bei nächtlicher Weile eine bedeutende Quantitaet Waaren, 340 r. im Werth, aus dem Laden gestohlen.

 

Von beiden Diebstählen sind die Thäter bis jetzt noch nicht entdekt.

 

Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute

 

Zu Militsch ist durch die rühmlichen Bemühungen des Pastoris primarii Richter und durch die Mitwirkung des Bürgermeisters Meissner, so wie der städtischen Schulen-Deputation daselbst für die reifere Jugend evangelischer und katholischer Religion eine Sonntags-Schule organisirt worden, in welcher der Unterricht unentgeldlich ertheilt wird.

 

Der

 

Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse

 

im Monath August wollen Euer Majestät aus der [57r] unter dem Buchstaben C beigefügten Designation allergnädigst zu entnehmen geruhen.

 

Grenz-Sachen.

 

Die in Pohlen jetzt erfolgenden starken Aushebungen für die Confoederation veranlaßen viele junge Männer zum Uebertritt in hiesige Provinz. Eben daselbst sollen sich bedeutende Räuber-Banden gebildet haben, und von selbigen bereits beträchtliche Diebstähle verübt worden seyn.

 

Unter der Rubrik von

 

Militair-Sachen

 

haben wir blos allersubmißest anzuzeigen, daß am 16ten v. M. der bisherige französische Gouverneur der Vestung Glogau, Divisions-General, Graf Serras, nach Frankreich zurükgegangen, und der Brigade-General la Planc als Nachfolger deßelben bereits in Glogau eingetroffen ist.

 

Industrie.

 

Der General-Pächter Euer Majestät Domainen-Amtes Herrnstadt, Amtsrath Hagemann, hat den Entschluß gefaßt, eine Runkel-Rüben-Zuker-Fabrique anzulegen, und zu Vollziehung dieses Etablissements bereits Einleitungen getroffen.

 

[57v] Handels-Gegenstände.

 

Wegen der starken Schlacht-Ochsen-Lieferung, welche das Königreich Sachsen an die französische Armee geleistet, wird von dorther seit einiger Zeit in hiesiger Provinz das Rindvieh sehr gesucht und ziemlich gut bezahlt. Auch von pohlnischen Viehhändlern wird dießeits viel Vieh gekauft.

 

Der Handel mit innländischen wollenen Tüchern nach Pohlen ist im abgewichenen Monat lebhafter, als sonst gewesen.

 

Bei den Zoll-Aemtern unseres Departements werden im Monat August c. 681 Stük Schaafe, aber keine Wolle zur Ausfuhr declarirt.

 

Ein dem Handelsstande in Hirschberg gewordenes Schreiben aus Bremen enthält die für den Schlesischen Leinwand-Handel so traurige Nachricht, daß, obgleich zwei Lizenz-Schiffe von London in Bremen angekommen, selbige doch bei ihren Retour-Ladungen keine schlesischen Leinen einnehmen dürfen. Eben dies soll in Hamburg der Fall gewesen seyn. Die Häfen beider Städte waren von jeher die besten Exportations-Plätze für unsere Leinen-Fabricate, welche von dort keinen Absatz mehr finden werden.

 

Die Quantitaet der in dem Monat August c. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Exportation angesagten Leinen-Waaren wollen Euer Majestät aus der unter lit: D [58r] beigelegten Nachweisung zu entnehmen geruhen.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden,

 

in dem hiesigen Regierungs-Departement haben sich im vorigen Monat nicht ereignet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung in eben gedachten Monat

 

waren

 

außer denjenigen, welche die allerunterthänigst beigefügten Nummern 32 bis 35 des zweiten Jahrganges unsers Amtsblatts enthalten,

 

die Einleitung der Verhandlungen mit der General-Commission zu Regulirung des Provinzial- und Communal-Kriegs-Schulden-Wesens in Berlin für das Departement unserer Verwaltung.

 

Die Vorlegung des Plans zu einem in hiesiger Stadt errichteten Schullehrer-Seminario.

 

Die Beendigung des Geschäfts der Pferde-Ablieferung nach Glogau für die französische Armee und die deshalb anzulegenden Liquidationen.

 

Die Angelegenheit der Regulirung der Vermögens- und Einkommen-Steuer.

 

Unter der Rubrik:

 

Dringende Reformen und Verbeßerungen [58v] in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]