1 Liegnitz, 5. Februar 1811
Zeitungsbericht für Januar 1811
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16501, Bl. 1r-3v, Anlagen Bl. 4r-6r. Referent von Erdmannsdorff. Praesentatum 11. Februar 1811.
[1r] Liegnitz den 5ten Februar 1810.
Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat Januar c.
Ewr. König. Majestät säumen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Administration für den Monat Januar c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst zu erstatten.
Witterung.
Die Richtung des Windes war unveränderlich. Die größte Kälte hatten wir am 5ten vorigen Monats, wo das Reaumursche Thermometer 18 Grad unter dem Eispunkte zeigte. In Jauer hingegen waren an demselben Tage 21 und in Hirschberg am 7ten 22 Grad sein niedrigster Stand. Vom 15ten bis zum 20ten fand Thauwetter statt. Mit dem 21ten trat wieder Frost ein, der jedoch nicht heftig war. Er nahm zu bis zum 26ten, an welchem Tage das Thermometer 12 Grad unter dem Eispunkte stand. Hierauf blieb es zwar beim Frieren, aber der Frost war gelind. Schnee ist in dem abgewichenen Monat wenig gefallen.
Die Wintersaaten sind unter dem Schnee gut fortgewachsen. Nur ist zu wünschen, daß sie von der Eisdekke, die sie dermalen drükt, bald befreit werden mögen, weil sonst ein großer Theil von ihnen leicht erstikken könnte.
Preise der Consumtibilien
Welche Preise das Getraide im abgewichenen Monat auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wollen Ewr. König. Majestät aus der unter dem Buchstaben A beigeschlossenen balancirten Designation huldreich zu ersehen geruhen.
Die Nachweisung sub litt: B verzeichnet die Quantitaet [1v] des im Januar c. ein- und ausgegangenen Getraides, imgleichen des exportirten Gemüses.
Der Berliner Scheffel Kartoffeln wird gegenwärtig nach Beschaffenheit ihrer Güte mit 12 bis 26 sg. Realmünze bezahlt.
Der
Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel war
im vorigen Monat sehr veränderlich. Die Schlesischen Pfandbriefe stehen jetzt 78 bis 80 pro Cent.
Der
Gesundheits-Zustand der Menschen
ist zeither nicht erwünscht gewesen. Koliken, Katarrhal-Zufälle, Rheuma's, imgleichen Gicht-Krankheiten und Scharlachfieber beschäftigten die Aerzte am meisten. Die an chronischen Uebeln Leidende wurden wie gewöhnlich in den Tagen der strengeren Kälte sehr angegriffen.
Die Rindviehpest hat im hiesigen Departement bedeutend nachgelaßen, so daß sie nur noch im Liegnitzschen Creise, in welchem kürzlich einige neue Dörfer von diesem Uebel ergriffen worden, imgleichen im Lübenschen, Jauerschen und Goldbergschen Creise unsere besondere Thätigkeit in Anspruch nimmt.
Unglücksfälle
In dem Goldbergschen sowol als in dem Sprottauschen Kreise wurde ein invalider Soldat vom Frost getödtet.
Der Schäfer Lindner aus Seiffersdorff, Liegnitzschen Creises brach am 2ten v. M. auf dem Kunitzer See ein, und ertrank.
Am 19ten v. M. brandte die Häuslerstelle des Zimmermanns Grosser zu Jaegendorff, im Jauerschen Creise ab. Die Entstehungs-Ursache dieses Unglücks hat nicht ausgemittelt werden können.
Eben so ist das zum Dominio Laesgen gehörige Eichvorwerk im Schwiebusschen Creise durch ein Feuer zerstört worden, über dessen Ursprung wir dem nähern Bericht des Creis-Landraths noch entgegen sehen.
[2r] Auch sind im Dezember v. J. zu Liebenthal 3 Häuser und die Windmühle zu Pirnig, im Grünbergschen Creise eingeäschert worden. Die Creis-Landräthe haben der Art, wie diese unglüklichen Ereigniße herbeigeführt, vergebens nachgeforscht.
In der Nacht vom 18ten auf den 19ten v. M. sind dem Dominio zu Urschkau, im Steinauschen Creise, zwei Akkerpferde aus dem Stall genommen worden.
Unter der Rubrik bedeutender Polizei-Institute,
haben wir für dieses Mal nichts anzuzeigen.
Summarische Nachweisung der Zuflüße in die König. Cassen.
Die Einnahme für den Monat Januar c. hat bei der Regierungs-Haupt-Casse sich belaufen auf ....... 115229 r. 14 g. 1 2/5 pf.
die Einnahme-Reste betragen .......... 39565 --- 5 -- 7 3/5 [pf.].
Ausgegeben sind .......................... -------------------------
An Überschüßen zu den Staats-Cassen sind abgeführt worden
a) aus den besonderen Gefällen ....... 89777 [r.] 20 [gg.] -------
b) aus der Domainen-Resten-Casse ... -------------------------
c) an eingegangenen Nachzahlungen,
aus der König. Resten-Casse ............... 13 [r.] 15 [gg.] 3 [pf.]
Für die Rubrik von:
Militair-Sachen
sind wir mit Nachrichten nicht versehen, welche für Euer Königliche Majestät Interesse haben könnten.
Grenz-Sachen.
In dem Herzogthum Warschau dauert die starke Rekruten-Werbung immer noch fort, und die Klagen über die Höhe der Abgaben und der Geldmangel sind daselbst so allgemein, daß man befürchtet, es werde der auf den künftigen Monat angesetzte Reichstag sehr stürmisch ablaufen.
Die Militair-Conscription, deren Einführung in Sachsen das [2v] Gerücht als bevorstehend angekündigt hatte, wird nach der Spezial-Zeitungs-Relation des Landraths Saganschen Creises nicht zu Stande kommen, weil des Königs von Sachsen Majestät dieselbe refusirt haben sollen.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden im hiesigen Regierungs-Departement
haben sich nicht ereignet.
Commercium.
In dem vergangenen Monat ist der Tücher-Debit im Innern der Provinz Schlesien ziemlich stark gewesen. Auf der Leipziger Neujahrs-Meße aber haben die schlesischen Tücher wenig Absatz gefunden. Geldbedürftige Negozianten sind dieselben mit Verlust zu verkaufen genöthiget gewesen. Feine Wolle hat man daselbst fast gar nicht gesucht. Auch haben Kaufleute aus Dortmund schon nach Sagan gemeldet, daß sie die dortigen Tücher nicht mehr beziehen werden, weil sie damit nicht weiter nach Holland handeln dürfen, und befürchten müßen, daß auch deren Einfuhr nach Westphalen werde verboten werden.
Besonders aber besorget man von dem in Rußland emanirten neuen Zolltarif, und darin enthaltenen Verbote aller fremden Tuche (:mit Ausnahme der nach China durchgehenden von schwarzer Farbe:) für die Schlesischen Woll-Manufacturen, die traurigste Folgen; um so mehr, da der größte Theil der schlesischen feinen Tücher nach Aufgaben für den Bedarf jenes Reiches gefertiget wurden, und diese so leicht anderwärts keine Anwehr finden. Die schlesische Tuch-Manufacturen haben von jener neuen Zoll-Gesetzgebung um so mehr zu besorgen, als auch deren ehemaliger starker Debit, nach der Schweitz und Italien, durch die Zeit-Ereigniße fast gänzlich abgeschnitten worden ist, wodurch anjezt, wenn der Norden ausfällt, deren Absatz allein auf die vaterländische Provinzen beschränket seyn würde.
Bei den Zoll-Aemtern unseres Departements sind im Monat Jan: c. nur 15 Stein 2 lb. Wolle Berliner Gewicht, zur Ausfuhr declarirt worden.
Die erfolgte Einverleibung der Hanse-Städte in das französische Reich wird auf den schlesischen Leinwandhandel, welcher seit einiger Zeit in grosser Stokkung sich befindet, gewiß nicht vortheilhaft zurükwirken. Wenigstens lässt sich voraussehen, daß man die französischen Fabricate vorzüglich begünstigen, und die schlesischen mit einem hohen Impost belegen werde. Man besorgt, daß das in Holland ergangene Verbot der Einfuhr deutscher Waaren auch auf die schlesischen Leinen Beziehung haben dürfte.
In Bremen werden jetzt häufig Auctionen von schlesischen Leinen gehalten, und selbige mit 40 pro Cent Verlust unter dem Facturen-Werthe weggegeben.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im letztverflossenen Monat waren:
die fortgesetzten kommißarischen Arbeiten wegen Aufhebung der Stifter und Klöster in unserm Verwaltungs-Bezirk,
die fortgestellte Regulirung der Allerhöchstverordneten neuen Staats-Abgaben überhaupt,
die Verfügungen zu Ausfertigung von Gewerbe-Scheinen für die Handlung treibenden Personen des Departements,
[3v] die neue Einrichtung in Ansehung des Militair-Lieferungs- und des Vorspannwesens,
die Instruction der uns untergebenen Creis-Landräthe wegen der abzuhaltenden Canton-Revisionen;
verschiedene Einrichtungen im Betreff der hiesigen Ritter-Akademie, z.B. des Studien-Directorii, der wohlfeileren Pensionen zum Besten armer Schlesier vom Adel,
die Anordnung einer strengern Aufsicht auf die Colporteurs von Liedern und Bildern, damit durch sie die Sittlichkeit der untern Volks-Classe nicht corrumpirt werde,
die zwekmässigere Einrichtung der General-Landes-Visitationen.
Unter der Rubrik
dringende Reformen und Verbesserungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]