11 Liegnitz, 5. Dezember 1811
Zeitungsbericht für November 1811
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16501, Bl. 77r-82v, Anlagen Bl. 83r-86r. 4 geheftete und 3 lose Bogen. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 14. Dezember 1811.
[77r] Liegnitz den 5ten December 1811.
Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monath November c.
Der vorgewesene Monats-Wechsel wird uns Aufruf, Euer Majestät den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Administration für den Monat November c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst abzustatten:
Die
Witterung.
war im Ganzen nicht unangenehm. Der Wind kam gewöhnlich aus Westen. Regen fiel von Zeit zu Zeit. Frostwetter trat zwar mehrere Male ein, aber es war nicht von langer Dauer. Das Réaumursche Thermometer hatte in der Gegend von Liegnitz den höchsten Stand am 28ten Mittags, nehmlich 14 Grad über dem Eispunkt, und den niedrigsten am 23ten früh, wo es 3 Grad unter demselben zeigte.
Die Winter-Saaten stehen fast überall vortrefflich. An vielen Orten haben sie wegen ihres zu starken Wachsthums abgemäht und abgehütet werden müßen. [77v] Hierdurch ist der Futtermangel abgewendet worden, von welchem der Landmann bei dem im gegenwärtigen Jahre sehr kärglich ausgefallenen Heugewinn für die Winter-Monate sich bedroht sah.
Preise der Consumtibilien.
Die unter dem Buchstaben A beigeschloßene balancirte Designation weiset nach, welche Preise das Getraide im abgewichenen Monat auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten. Die Anlage sub litt: B verzeichnet die Quantitaet des im Monat October c. ein- und ausgegangenen Getraides und Gemüses.
Die Ausfuhr des Getraides nach den Oesterreichischen und Sächsischen Staaten, ergiebt sich aus dieser Nachweise als sehr bedeutend, und wird immer noch bedeutender werden, da nach zuverläßigen Nachrichten besonders in Böhmen die diesjährige Erndte sehr wenig ergiebig ausgefallen ist; daher denn auch die Getreide-Preise in dem hiesigen Departement sich im fortwährenden Steigen befinden.
Der Berliner Scheffel Kartoffeln wird dermalen am hiesigen Orte mit 8 bis 20 gg: Real-Münze bezahlt.
[78r] Der Breslauer
Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel
hat sich im Monat November c. nicht bedeutend geändert. Nur das Agio vom Courant-Gelde ist leider! noch etwas höher gestiegen. In hiesiger Provinz muß man jetzt für den Thaler Courant 1 r: 8 Sg:, in dem Herzogthum Warschau aber 1 r: 10 Sg: preußische Reductions-Münze zahlen. Zu diesem so unverhältnißmäßigen Stande des Courants gegen preußische Scheidemünze hat zweifelsfrei die zuverlässigen Nachrichten zu Folge in gedachtem Herzogthum ergangene Verordnung, daß diese Scheidemünze vom 1ten Januar 1812 an bei den öffentlichen Cassen daselbst gar nicht mehr angenommen werden soll, Veranlassung gegeben. Jenes Mißverhältniß und die dadurch entstehende Agiotage gehören gewiß zu den größten Beschwerden besonders des Landmanns, welcher seine Steuern größtentheils in Courant entrichten muß, und daher dem Wucherer in die Hände fällt. Das Vertrauen aller Einsaßen der Provinz Schlesien ist jedoch dahin gerichtet, daß Euer [78v] Majestät diesen für die Wohlfahrt Allerhöchstdero getreuen Unterthanen so sehr wichtigen Gegenstand bereits zu beherzigen geruhet, und daher nächstens gründliche Remedur in Ansehung deßelben erfolgen werde. Von den Schlesischen Pfandbriefen gelten die großen 69 2/3, die kleinen hingegen 74 1/2 pro Cent.
Die gelinde, und feuchte Witterung, welche im verfloßenen Monat herrschte, blieb nicht ohne nachtheiligen Einfluß auf den
Gesundheits-Zustand
der Menschen. Von Katarrhal-Krankheiten, Nerven-Uebeln, Diarrhoeen, Gicht-Zufällen und Rothlauf wurden mehrere heimgesucht. Das Scharrlach-Fieber, von dem bisher besonders Kinder befallen waren, läßt jetzt merklich nach. Im Jauerschen Creise sind noch einige Dörfer davon angegriffen.
Die Rindviehpest graßirt gegenwärtig nur noch in wenigen Dörfern in dem Hirschbergschen, Luebenschen und Loewenberg-Bunzlauschen Creise. Wenn dieses furchtbare Uebel im laufenden Jahre so schnell als scheint, besieget wird: so müßen wir dies vorzüglich der beßern Bekanntschaft der Kreis-[79r]-Physicker mit der Natur deßelben, den zwekmäßiger, als im vorigen Jahr, vorgekehrten Anstalten, und der größern Wachsamkeit der Polizei-Behörden auf deren Beachtung zuschreiben.
Unglücks-Fälle.
Vier Einwohner des Departements gaben sich aus Schwermuth selbst den Tod.
Ein Invalide in Loewenberg, welcher als Handlanger bei dem Bau eines Tuchrahmens auf dortiger Stadt-Mauer arbeitete, stürzte von derselben herab, und starb in der nächsten Nacht an den Folgen dieses unglüklichen Falles.
Die sechsjährige Tochter des Roßhirten Kappich zu Koitz, Liegnitzschen Creises, ertrank in der dort vorüber fließenden Leisebach.
Auf gleiche Art fand das zweijährige Söhnchen des Bauers Franke zu Kainzen, Guhrauschen Creises, in der Dünger-Grube den Tod.
Zu Ober-Husdorff, Loewenbergschen Bezirks, fiel der Zimmermann Krischke beim Annageln eines Brettes an die Giebelwand eines Gärtner-Hauses von der Leiter, und beschädigte sich so stark, daß er 5 Stunden nachher seinen Geist aufgeben mußte.
In Mittel-Giesmannsdorff, Sprottauschen Creises, [79v] erschlug ein umstürzender Baum den Bauer Fiedler, der mit Rodung deßelben beschäftigt war[.]
Zu Ober-Kummernick, Liegnitzschen Kreises brachen am 3ten v. Mts. fast zu gleicher Zeit zwei Feuers-Brünste aus, von welchen die eine das Gesperre eines Bakhauses, und die andere das Geschäft des Dorfgärtners Bartsch vernichtete. Man vermuthet, daß beide Brände von der Hand eines Bösewichts gestiftet worden.
Am 15ten v. M. brandte das Wohnhaus des Wind-Müllers Wiesner zu Leipe, Glogauschen Creises, nebst deßen Scheuer und Stallung ab. Der dem Damnificaten dadurch verursachte Schaden wird auf 400 r. berechnet. Der Entstehungs-Ursache dieses Unglüks hat man vergebens nachgeforscht.
Am 25ten October d. J. wurde der Postbothe Riedel von Primkenau zwischen diesem Ort und Glaesersdorff, Sprottauschen Creises, zur Abendzeit von dem Bürger und Fleischhauer Rimpler aus Primkenau plötzlich überfallen, zu Boden geworfen, und derjenigen 50 2/3 r. Courant und 4 r. Münze beraubt, welche er bei sich hatte. Der Rimpler, der bald nach der Rükkunft des Riedel in die Stadt von diesem denuncirt und darauf zur gefänglichen Haft gebracht worden, hat jenes Verbrechen [80r] bereits eingestanden.
Unter der Rubrik
Aufhören oder Entstehen bedeutender Institute
haben wir allerunterthänigst anzuzeigen, daß in Greiffenberg von den Lehrern bei der dasigen Stadtschule für Handwerks-Lehrlinge eine Sonntags-Schule eröffnet worden, welche von denselben nicht aus Zwang, sondern aus freiem Antriebe zahlreich besucht wird.
Summarische Nachweisung der Zuflüße in die König. Cassen.
Die Einnahme der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse hat in dem Monat November c. sich belaufen auf 150,345 r. 12 g. 3 2/5 pf.
Ausgegeben sind ............................. 112,276 -- 5 --- 9 4/5.
An Ueberschüßen zu den Staats Cassen
sind aus den laufenden Gefällen abgeführt worden ........................................... 91,958 [r.] ---- 4.
Militaria.
Die fremde Garnison der Vestung Glogau besteht gegenwärtig aus 76 Officiers, Commissairs und Officiers de Santé, und aus 1914 Unter-Officiers und Gemeinen.
Der dortige Commandant, General Jacquinot hat durch den Magistrat den Schiffern zu Koeben und Beuthen erklären laßen, daß sie sich hüten möchten, am späten Abend und in der Nacht mit Kähnen der [80v] Vestung sich zu nähern, widrigenfalls dieselben mit Kanonen in den Grund geschoßen werden würden.
Grenz-Sachen.
In dem Herzogthum Warschau wird die preußische Scheidemünze nicht umgeprägt, sondern nur umgestempelt, und so als beßere ausgegeben. Die Rekruten-Werbung ist daselbst jetzt wiederum sehr stark. Es soll dort auch eine Land-Miliz errichtet, und in selbige nur allein wirklich ansäßige Bürger aufgenommen werden. - Nachrichten zu Folge, die in den letzten Tagen des abgewichenen Monats allhier eingegangen, ist in die Grenzdörfer der Sächsischen Ober-Lausitz am Queis ein sächsisches Infanterie-Regiment eingerüket, welches in sehr enge Cantonirungen daselbst verlegt worden. Nach eben diesen Nachrichten wurde ein Mehreres an Cavallerie als nachfolgend erwartet. Reisende aus Oesterreich und Böhmen haben gemeldet, daß die Oesterreichische Armée aus der ehemaligen Landwehr complettirt werde. Auch sollen jetzt einige Truppen aus den Oesterreichischen Erblanden nach Ungarn marschiren, weil man besorgt, es möchten die Landtage, daselbst nicht ruhig ablaufen, [81r] weil sehr großes Mißvergnügen dort über das Papiergeld und dergleichen mehr herrscht.
Außer der von Euer Majestät geschehenen Ernennung des ehemahligen Pastors Grupp in Glogau zum Consistorial-Rath und Mitgliede der Geistlichen und Schulen-Deputation hiesiger Regierung, deßen Vereidung und Einführung in unser Collegium am gestrigen Tage erfolgt ist, haben sich im verfloßenen Monat keine
Veränderungen bei öffentlichen Behörden
in dem uns anvertrauten Departement ereignet.
Handels-Gegenstände.
Der in den ersten Tagen des vergangenen Monats bei hiesiger Stadt abgehaltene Viehmarkt ist in Ansehung des Auftriebes podolischer Ochsen, ungewöhnlich schlecht ausgefallen. Neben dem Kriege zwischen Rußland und der Türkei dürfte hierzu die Auflage von 5 r. auf jeden podolischen Schlachtochsen mitgewirkt haben, indem sonst gewöhnlich ein Paar Tausend solcher Ochsen bei deren Frequenz auf dem Gustiner Markte auf den hiesigen aufgetrieben worden.
Die Schlesischen Tuch-Fabricanten und Negotianten [81v] wünschen jetzt angeblich nichts angelegentlicher, als baldige Aufhebung oder Milderung des in Rußland ergangenen Verbots der Einfuhr fremder Tücher, weil so lange daßelbe bestehen bleibt, kein Wieder-Aufleben des darnieder liegenden schlesischen Tuchhandels möglich ist.
Bei den Zoll-Aemtern unseres Departements wurden im Monat October c. 929 Stük Schaafe zur Ausfuhr declarirt.
Der innländische Leinwand-Handel hat sich seit einiger Zeit etwas gehoben, und eben so gewährt der Waaren-Vertrieb nach der Schweiz den Fabricanten fortdauernd einigen Unterhalt. Der Absatz im Innern des Landes ist jedoch blos durch den Zudrang der Scheidemünze aus dem Herzogthum Warschau belebt worden, daher sich der WiederEintritt der vorigen Stokung besorgen läßt. Aus der Schweiz aber ist auch schon Nachricht vorhanden, daß von dem Abschlage der baumwollenen Waaren von 25 pro Cent, Verminderung der Bestellungen auf unsere Schleier von dorther zu befürchten stehe.
Von denjenigen Licenzen, welche durch Privat-Personen von Paris aus angeboten worden, kann im [82r] schlesischen Gebirge kein Gebrauch gemacht werden, weil dessen Handlungs-Stande für diesen Augenblik wegen des Verbotes des Brief-Wechsels über See, genaue Kenntniß des Auslandes und seiner Bedürfniße fehlt.
Es bleibt daher fortwährend der lebhafte Wunsch des Gebirgs-Handels-Standes, daß die Correspondenz mit England ihm wiederum gestattet werde, um sein Eigenthum von dorther beziehen zu können. Die Quantitaet der im Monat November c. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen Waaren, wird in der beigeschloßenen Designation sub litt: C pflichtschuldigst nachgewiesen. Euer Majestät wollen auf derselben zugleich allergnädigst zu entnehmen geruhen, daß in dem bemerkten vierwöchentlichen Zeitraum der Geldwerth der ausgeführten Leinen Waaren 48,374 r. weniger, als im November Monat des vorigen Jahres betragen hat.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im abgewichenen Monat waren
ausser denjenigen, welche die allerdevotest bei-[82v]-gefügte Nummern 23 bis 31 unseres Amtsblattes enthalten,
die Ausführung der Angelegenheit wegen Einrichtung von Schulen-Deputationen in den Städten, und die Aufarbeitung einer Instruction für dieselben,
Fortgesetzte Verfügungen, um dem Gesetz vom 7ten Septbr. c. über die polizeilichen Verhältniße der Gewerbe, besonders in Ansehung derer, welche mit einer herumziehenden Lebensart verbunden sind, überall Erfolg zu verschaffen,
Verordnungen wegen des Handwerks-Betriebes invalider und mit Selbsternährungs-Scheinen versehener verabschiedeter Soldaten,
Belehrungen mehrerer Magistraete über den Geist der neuen Gesetz-Gebung,
Verfügungen an die Creis-Landräthe zu Aufhebung von Rekruten für diejenigen Truppen-Abtheilungen, welche derselben bedürfen.
Unter der Rubrik
dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]