7 Liegnitz, 6. August 1814
Zeitungsbericht für Juli 1814
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16504, Bl. 70r-74v, Anlagen Bl. 75r-81r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum fehlt.
[70r] Liegnitz den 6ten August 1814.
Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat July c.
Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von unserm Verwaltungs-Bezirk für den Monat July c. in nachstehenden Anzeigen zu empfangen allergnädigst geruhen:
Die
Witterung
war im Anfange des Monats veränderlich, nachher aber anhaltend heiter und warm. Der Wind wehete gewöhnlich aus Nordwesten. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 25ten Mittags 25 Grad über Null, und der niedrigste den 16ten 8 Grad über diesem Puncte. Die Winterungs-Erndte, mit welcher bereits der Anfang gemacht ist, dürfte nur einen kärglichen Ertrag gewähren. Dagegen steht zu hoffen, daß die Sommerungs-Erndte sehr reichlich ausfallen, und durch sie der Rückschlag bei der Winterung wenigstens einigermaaßen werde gedeckt werden. Auch wird der dießjährige Flachs-Gewinn bedeutend seyn.
Preise der Consumtibilien.
Die vormonatlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des [70v] Departements, und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes werden in der unter Litt. A beigeschloßenen Designation pflichtschuldigst nachgewiesen.
Die Beilage unter dem L. B. verzeichnet die Quantitaet der in dem Monat Junii c. ein- und ausgeführten Getraides und exportirten Gemüses. Der Berliner Scheffel Kartoffeln wurde mit 8 bis 20 gg. Münz-Courant bezahlt.
Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.
Die Tresorscheine standen auf 73 proCent. Von den Schlesischen Pfandbriefen galten die großen 91 1/2 und die kleinen 92 1/2 proCent.
Bei der veränderlichen Witterung in der ersten Hälfte des verfloßenen Monats wurden die Menschen häufig von
Katarrhal-Krankheiten
heimgesucht. Auch blieben die gewöhnlichen Uebel des Sommers nicht aus, und es stellten dieselben sich als gastrische Zufälle, Erbrechen und Diarrhöen dar. Unter den Kindern zeigten sich hin und wieder die wirklichen sowol als falschen Pocken, so wie die Gelbsucht den Aerzten immer noch Beschäftigung gewährt.
Die Märsche der Kaiserlich rußischen Truppen haben auf der Etappen-Straße den Ausbruch [71r] des Typhus zur Folge gehabt. Doch glauben wir nach den getroffenen Vorkehrungen deßen weitere Verbreitung nicht besorgen zu dürfen.
In dem Militsch-Trachenbergschen Kreise ist beim Rind- und Schwarzvieh der Milzbrand zum Vorschein gekommen. Auch hat in einem Dorfe des Loewenberg-Bunzlauschen Creises sich ein Rind-Viehsterben geäußert, deßen Character zur Zeit noch nicht hinreichend ausgemittelt ist. Wir haben aber die erforderlichen Vorsichts-Anstalten anzuordnen nicht ermangelt.
Unglücks-Fälle.
Zu Probsthayn, Goldberg-Haynauschen Creises, starb das 3 Jahr 6 Monate alte Söhnchen des Stellmachers Mauer, weil es den Ueberrest des von seiner Mutter aufgestellten Fliegengifts, der Warnung der letztern zuwider, in deren Abwesenheit getrunken hatte.
Im Liegnitzschen Kreise verunglückte zu Royn ein Mädchen, und in Dürschwitz ein Knabe in der Leisebach.
Am 3ten v. Mts[.] stürzte zu Gross-Glogau ein auf dem Schloßplatze am Proviant-Magazin gestandenes Haus plötzlich zusammen, und es wurden fünf darin befindliche Personen getödtet. Wir haben auf die uns hiervon geschehene Anzeige den dortigen Magistrat zu der Berichts-[71v]-Erstattung aufgefordert, ob nicht, ehe der Einsturz dieses Hauses erfolgt, Gelegenheit zu Wahrnehmung dieser Gefahr sich angeboten, und es weder von Seiten des Haus-Eigenthümers solche Behufs deren Abwendung gemeldet, noch von Seiten der Polizei jene Wahrnehmung zu einem amtlichen Einschreiten für diesen Zweck benutzt worden.
In Hirschberg hatte die Dienstmagd des Destillateur Asch zur Abendzeit aus einem Fäßchen mit Spiritus eine Flache gefüllt. Beim Aufheben der letztern kam sie derselben mit dem Licht so nahe, daß der Spiritus in Flammen gerieth, und die Flache sprengte. Ein Stück Glas verwundete die Magd an der Stirn, und der brennende Spriritus setzte ihre Kleidungs-Stücke in Feuer, von welchem sie so sehr verletzt wurde, daß sie zwei Tage nachher ihren Geist aufgeben mußte.
Zu Geppersdorff bei Liebenthal verlor der Bauerguts-Besitzer Schuster durch einen Fall von einem Gerüste sein Leben.
In Wohlau stürzte ein junger Mann im Zustande der Trunkenheit aus einem Fenster im zweiten Stockwerk eines Hauses auf die Straße herab, und verstarb einige Tage nach diesem unglücklichen Fall.
[72r] Ein wohlhabender Bauer, Nahmens Worbs zu Giersdorff, im Hirschbergschen Kreise, gab sich durch Gebrauch von Arsenik selbst den Tod. Die Veranlaßung zu diesem Schritt ist bis jetzt noch unbekannt.
Am 18ten v. Mts. erschlug ein Wetterstrahl 118 Stük Schaafe in einem Eichwalde bei Prauckau, im Wohlauer Creise, betäubte aber lediglich den Schäfer, der nahe bei der Heerde sich befand.
In der Nacht vom 4ten zum 5ten v. Mts. brach in dem Wohnhause der verwittweten Landräthin von Pfoertner zu Döhringau, Freystaedtschen Kreises, Feuer aus, welches nicht nur dieses Gebäude, den Kuh- Gast- und Kälberstall, drei Scheuern, den Schaaf- und Pferdestall und das Gesindehaus in Asche verwandelte, sondern auch 300 Stük Schaafe verzehrte, und das gesammte Mobiliar-Vermögen, so wie den größten Theil des Wirthschafts-Inventarii der v. Pförtner vernichtete. Ueber die Entstehungs-Ursache dieses traurigen Ereignißes sehen wir dem nähern Bericht des Kreis-Landrathes noch entgegen.
Am 18ten v. Mts. wurde das Wohngebäude des Freigärtners Kaiser zu Breschine, Militsch-[72v]-Trachenbergschen Kreises, durch Einschlagen des Blitzes in Brand gesetzt und nebst einer Stallung eingeäschert.
In dem Monat July c. sind in dem hiesigen Regierungs-Departement
Polizei-Institute
weder entstanden noch eingegangen.
Den
Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse im Monat July c.
stellt diejenige Designation dar, welche Euer Majestät wir unter L: C hierneben allerdevotest überreichen.
Verdienstliche Handlungen.
Die Gebrüder Carl und Valentin Schneider zu Loewenberg haben, und zwar ersterer am 27ten letzterer aber am 28ten Juny c. einen im Bober verunglückten rußischen Militair vor der unvermeidlichen Gefahr des Ertrinkens mit eigener Lebens-Gefahr gerettet. Jedem dieser Bürger ist von uns dieserhalb eine Belohnung von 10 r: bewilligt worden. Auch haben wir das, was sie geleistet, durch unser Amtsblatt zur Kenntniß des Publikums gebracht.
Eben so ist der Tuchmacher Ungebauer aus Steinau von den Gerichts-Männern Scharff und [73r] Jutschke, dem Schullehrer Barnitzky und einem Landsturm-Mann zu Koeltsch, Freystaedtschen Kreises, aus großer Waßers-Gefahr gerettet, und diesen Rettern von uns ein Douceur von 15 r. gewährt worden.
Grenz-Sachen.
In dem Herzogthum Warschau dauert die Getraide-Sperre immer noch fort.
Das Rußisch Kaiserliche Armée-Corps unter den Befehlen des Generals Baron von Rosen stehet noch in und um Fraustadt.
Ein Commando Kaiserlich Rußischer Truppen von 50 Mann, hält noch, den auf dem linken Oderufer belegenen Theil der Vestung Glogau, der Dohm genannt, besetzet.
Militaria.
Die aus dem Felde zurückgekehrte schlesische Landwehr, welche theils in den Städten des hiesigen Regierungs-Departements zur stehenden Garnison verblieben, theils durch daßelbe nach dem Breslauschen gezogen, ist, wie vorauszusehen war, überall auf das Herzlichste und Feierlichste empfangen, mit Sieger-Kränzen geschmückt, und möglichst gut bewirthet worden.
Handels-Gegenstände.
Der Tücher-Debit befindet sich gegenwärtig mit [73v] der Fabrication in keinem richtigen Verhältniß. Zu Preisen, die unter denen des Einkaufs der Tücher stehen, ist der Negotiant jetzt dieselben hinzugeben genötiget, um nur einiges Geld zur Befriedigung der Fabrikanten zu erhalten. Man will behaupten, daß der Grund des Mißverhältnißes in der geschärften Aufsicht an der russischen Grenze und darin liege, daß die nach Rußland verführten Tücher im Fall ihrer Entdeckung, gegenwärtig strenger als sonst, confiscirt werden.
185 Stück Schaafe wurden im Monat Juny c. in das Ausland verkauft.
Die auswärtige Leinwand-Handlung befindet sich in der mit neuen Hoffnungen belebenden Verfaßung, welche Euer Majestät wir in unserm vormonathlichen Bericht allerunterthänigst vorgetragen haben.
Die Quantitaet der im Monat July c. bei den Zoll-Aemtern in Schmiedeberg, Hirschberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten leinen Waaren wollen Euer Majestät aus der unter Litt: D allersubmißest beigefügten Nachweisung zu entnehmen geruhen.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden [74r] im Departement haben sich nicht ereignet.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im abgewichenen Monat waren
1tens die Vorsorge für Verpflegung der durch das hiesige Regierungs-Departement nach dem Herzogthum Warschau gezogenen Kaiserlich Rußischen Armée-Corps und einzelnen Truppen-Abtheilungen. Nach zur Zeit eingegangenen, indeß wohl nicht vollständigen Nachrichten kann man deren Stärke auf 144,350 Mann, so wie die Anzahl ihrer Pferde auf 67,624 annehmen. Die vorschriftsmäßige Verpflegung einer so großen Truppen-Maße und Cavallerie in einem Regierungs-Departement, welches besonders von der Erndte des vorigen Jahres an Feind und Freund so viel leisten müßen, ist mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft gewesen, und hat außerordentliche Kraft-Anstrengungen von Seiten der Departements-Insaßen erfordert, obgleich man den Heerführern jener Truppen die Gerechtigkeit wiederfahren laßen muß, daß sie eine strenge Mannzucht beobachten laßen, und dadurch den Druck einer so bedeutenden Natural-Einquartierung sehr vermindert haben. [74v] Euer König. Majestät halten wir uns verbunden, bei dieser Gelegenheit die Umsicht und den Eifer zu rühmen, mit welcher der Geheime Regierungs-Rath von Unruh, jenes schwierige Truppen-Verpflegungs-Geschäft bearbeitet hat.
2tens die Vorkehrungen zur Aufnahme und Verpflegung der aus dem Felde zurückgekehrten schlesischen Landwehr.
3tens die Vorarbeiten zur Ausführung der von Euer Majestät in dem allerhöchsten Edict vom 3ten Juny d. J. allergnädigst ausgesprochenen wohlwollenden Absichten, zur Vergütung der von den Departements-Insaßen in der Periode vom 1ten Januar 1813 bis 1ten July 1814 geschehenen Leistungen für vaterländische alliirte und fremde Truppen.
Außer diesen Gegenständen sind Vorwurf unserer Beschäftigung diejenigen Objecte gewesen, welche die allerunterthänigst beigeschloßenen Nummern 28 bis 32 des vierten Jahrganges unseres Amtsblattes enthalten.
Unter der Rubrick:
dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]