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Zeitungsbericht für März 1815

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16505, Bl. 20r-23v, Anlagen Bl. 24r-27r. Referent Erdmannsdorff.

  

 

[20r] Liegnitz den 7ten April 1815.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat Maerz c.

 

 

Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem unserer Verwaltung anvertrauten Landes-Bezirk für den Monat Mart. c. in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen.

 

Die

 

Witterung

 

war im Ganzen gelind. Nur vom 2ten bis 4ten und vom 19ten bis 22ten stand das Réaumursche Thermometer in den Frühstunden und des Abends auf unter dem Frostpunkt, am tiefsten den 20ten, nehmlich 3 Grad; am höchsten den 30ten Mittags, wo daßelbe 13 1/2 Grad über 0 zeigte.

 

Merkwürdig war in diesem Monat die große Veränderlichkeit des Barometerstandes. Im Anfang des Monats kam selbiger auf 28 Zoll 4 Linien, eine Höhe, welche das Barometer in hiesiger Gegend nur selten erreicht. Dagegen war es am 10ten, 13ten, 14ten und 23ten bis zu 27 Zoll 2 Linien herabgesunken.

 

Starke Nebel fanden den 2ten, 3ten und 4ten statt. Schnee fiel nur auf den 13ten, 14ten 15ten und 19ten in wenigen Flocken. Die Richtung des Windes war den ganzen Monat hindurch sehr veränderlich.

 

Wenn gleich das Wachsthum der Wintersaaten [20v] im verfloßenen Monat durch Nachtfröste in etwas gehemmt werden, so fürchtet man doch nicht, daß selbige ihnen merkliche Schaden zugefügt haben werden.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonatlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes werden in der allerdevotest unter litt: A nachgewiesen.

 

Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 12 g. bis 1 r. Münz-Courant.

 

Cours-Wert der Münzsorten, Staats- und Communal-Papiere, so wie der kaufmännischen Wechsel

 

bereits ansehnlich herabgesunken. Die Tresorscheine stehen jetzt auf 82 pro Cent, und von den schlesischen Pfandbriefen gelten die großen 78, die kleinen hingegen 80 pro Cent.

 

Katarrhalische und rheumatische Zufälle waren die Hauptformen der

 

Krankheiten

 

unter den Menschen. Bei Kindern drohte der Keuchhusten epidemisch zu werden. Auch wurden dieselben in mehrern Kreisen des Departements von dem Scharlachfieber, den Masern, und dem Croup heimgesucht. Doch war keine dieser Krankheiten von bösartigem Charakter. Der weitern Verbreitung der hin [21r] und wieder ausgebrochenen natürlichen Blattern ward durch Zwangs-Impfungen Einhalt gethan.

 

Von Krankheiten unter den Thieren ist nichts zu unserer Kenntniß gekommen.

 

Unglücksfälle.

 

Drei Personen gaben sich aus Schwermuth selbst den Tod.

 

Zwei Dragoner vom vormaligen Regiment von Prittwitz, welche in Beuthen wohnten, geriethen am 25ten Februar c. Abends beim Uebergange über den zugefrornen Oderstrohm auf eine durch das Thauwetter unhaltbar gewordene Stelle deßelben und ertranken.

 

Das 2 3/4 Jahr alte Söhnchen des Dienstknecht Rackwitz zu Ober Eylau, Sprottauschen Kreises, verlohr in einer Waßergrube sein Leben.

 

Am 23ten Februar c. gerieth der Mahler Stuckardt zu Sprottau in einem dasigen Gasthofe mit andern Gästen in Streit. Der Wirth führte ihn deshalb aus der Stube heraus, worauf er sogleich vom Schlagfluß getödtet wurde. Da das vom Kreis-Physico über seinen Leichnam aufgenommenen Visum repertum vermuthen läßt, daß sein Tod durch die gewaltsame Entfernung aus der Schankstube beschleunigt worden: so hat das dortige Stadtgericht die darüber verhandelten polizeilichen Untersuchungs-Acten dem Ober-Landes-Gericht hierselbst zur weitern Veranlaßung eingereicht.

 

Zu Trabowke, Militsch-Trachenbergschen Creises [21v] ward ein Dienstjunge, Nahmens Joseph Piskore am Morgen im Bette todt gefunden, nachdem derselbe am nächst vorhergegangenen Tage sich durch Springen stark erhitzt, und dann zu Löschung des Durstes unmässig zu trinken nicht Anstand genommen hatte.

 

Am 6ten v. M. ward der Gerichtsscholz Foerster in Haasel, Jauerschen Kreises, zur Abendzeit hinter seiner Scheuer von einem unbekannten Manne mit einem starken Stock so auf den Kopf geschlagen, daß er Besinnungslos zu Boden sank. Zugleich wurden ihm vier Finger an der rechten Hand fast ganz abgehauen.

 

Dem Landrätlichen Amte des Kreises ist es zur Zeit noch nicht gelungen, den Thäter auszumitteln, welcher nicht durch die Absicht den p Foerster zu berauben, sondern lediglich durch Rachsucht zu jenem mörderischen Attentat auf denselben bestimmt worden zu seyn scheinet, indem er diesem weder Uhr noch Geld genommen hat.

 

Zu Ober Goerisseiffen, Loewenberg-Bunzlauschen Kreises, brach am 24ten v. Mts. Nachts um 12 Uhr durch bis jetzt noch unbekannte Veranlaßung bei dem Häusler Heyder ein Feuer aus, welches nicht nur dessen Geschäft, sondern auch noch eine andere Stelle, und das Lehnguth Lindenberg verzehrte.

 

Zu Kosendau, Goldberg-Haynauschen Creises, wurden eine Bauernahrung, eine Gärtner- und sechs Häusler-Stellen, desgleichen das Wohngebäude des dasigen [22r] Tischlers eingeäschert. Unvorsichtiges Gebahren mit Feuer von Seiten des daselbst wohnhaften Schmidts Jaeckel hat dieses Unglück höchstwahrscheinlich herbeigeführt.

 

Zu Rützen, Wohlauschen Kreises, verlor der Dreschgärtner Neumann seine Stelle durch eine Feuersbrunst, deren Entstehungs-Ursache zur Zeit noch nicht bekannt ist.

 

Im Goldbergschen Kreise wurden dem emeritirten Superintendenten Carstaedt zu Schönfeld eine Uhr und Kleidungsstücke, desgleichen dem Mühlhelfer in Ober Leisersdorff, 20 rtlr. und sämtliche gute Kleidungsstücke durch gewaltsamen Einbruch entwendet.

 

Zu Berbisdorff, Lomnitz und Tiefhartmannsdorff, Hirschbergschen, so wie zu Probsthagen, Goldberg-Haynauschen Kreises, sind die Kirchen bei nächtlicher Weile erbrochen, und der in den Kirch- und Gottes-Kasten befindlich gewesenen Gelder beraubt worden.

 

An den 3 zuerst genannten Orten waren die Summen der letztern unbedeutend, in Probsthagen aber betrug das Quantum 125 rtler. Courant.

 

In dem Monat Maertz c. sind in dem hiesigen Regierungs-Departement

 

Policey-Institute

 

weder entstanden, noch eingegangen.

 

Industrie.

 

Der Reichsgraf von Malzahn auf Militsch legt eine Gerberei an. Für das Geheimniß, ein Leder binnen 3 Tagen fertig zu machen, hat derselbe 800 Gulden [22v] bezahlt.

 

Den

 

Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse im Monat Mart: c.

 

stellt diejenige Designation dar, welche Euer Majestät wir in dem Beischluß unter Lit: B allerdevotest überreichen.

 

Grenz-Sachen.

 

Die Praefectur des Posen-Departements im Herzogthum Warschau hat durch eine Currende an deßen Bewohner, demjenigen Stellung vor ein Kriegs-Gericht angedroht, der von Theilung des pohlnischen Reiches sprechen werde. Uebrigens hat die Entweichung Napoleons Bonaparte von der Insel Elba, bei deßen Anhängern in jenem Lande, neue Hoffnungen erreget, welche sich in den letzten Tagen sehr laut ausgesprochen haben sollen.

 

Handels-Gegenstände.

 

Der Ausfall der letztern Frankfurther Meße ist dem Tuchverkehr nicht günstig gewesen. Die Tuch-Negotianten unseres Departements haben die auf jene Meße geführten Tücher wegen nicht gefundenen Absatzes zum größten Theil zurückgebracht. Es ist aber zu erwarten, daß bei der vorseienden Bekleidung mehrerer Arméen der Tücher-Debit sich wieder verstärken und dann besonders in den Städten Goldberg und Grünberg neue Betriebsamkeit erwachen werde.

 

Der Leinwandhandel der schlesischen Gebirgs-[23r]-Städte, befindet sich noch in derselben Lage, welche Euer Majestät wir in unserem Zeitungs-Bericht für den Monat Februar c. allerunterthänigst angezeigt.

 

Die Quantitaet der im letztabgewichenen Monat bei den Zoll-Aemtern zu Schmiedeberg, Hirschberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen Waaren wollen Euer Majestät aus der unter Lit: C beigefloßenen Designation huldreich zu entnehmen geruhen.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement

 

sind nicht vorgekommen.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im vergangenen Monat waren

 

außer denjenigen, welche die allerunterthänigst beigefügten Nummern 10 - 14 des 5ten Jahrganges unseres Amtsblattes enthalten,

 

1. die Veranstaltungen, welche auf die Mobilmachung und den Marsch eines Theils der in Schlesien stehenden Truppen Bezug haben.

 

2. Verfügungen zu Aushebung von 5490 Mann, deren schleunige Gestellung der in hiesiger Provinz kommandirende General zur Ergänzung der Landwehr von dem Liegnitzschen Regierungs-Departement begehrt hat.

 

3. Verordnung von Vorsichts-Maasregeln wegen der [23v] Reisenden und der denselben zu ertheilenden Päße, besonders, insofern selbige von Frankreich nach Pohlen und umgekehrt ihren Weg nehmen.

 

4. ununterbrochene Fürsorge zu Unterstützung der Hülfsbedürftigen.

 

Unter der Rubrik

 

dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]