6 Liegnitz, 2. Juli 1815
Zeitungsbericht für Juni 1815
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16505, Bl. 41r-45r. Referent Erdmannsdorff.
[41r] Liegnitz den 2ten July 1815.
Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat Juny c.
Zu Erstattung des geordneten Haupt-Zeitungs-Berichts von dem Departement unserer Verwaltung für den Monat Juny d. J. ist der Termin jetzt eingetreten, und wir säumen nicht, Euer Majestät denselben in nachstehenden Anzeigen allerdevotest vorzulegen:
Die
Witterung
zeichnete sich durch häufige Gewitter und fast täglichem Regen aus, welcher der Heu-Erndte schon nachtheilig zu werden begann. An mehreren Orten des Departements fielen Schloßen und verheerten hin und wieder die Getreide-Felder. Da, wo kein Hagelschlag statt gefunden, sieht man einer ergiebigen Winterungs-Erndte mit Zuversicht entgegen. Nicht so hoffnungerregend, als der Roggen und Weitzen, steht dagegen die Sommerung. Sie scheint durch den Frost in den letzten Tagen des May-Monats gelitten zu haben. Auch dem Obst hat dieser Frost geschadet, indem solches jetzt häufig abfällt. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz am 12ten [41v] Mittags 22, und der tiefste den 1ten früh 5 Grad über dem Eispunkte. Der Wind blies am häufigsten aus Westen und Nordwesten.
Preise der Consumtibilien.
Welche Preise das Getreide im verfloßenen Monat auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu den in Böhmen, und in den angrenzenden Herzogthümern Sachsen und Posen verhalten, wollen Euer Majestät der allerunterthänigst unter litt: A beigeschloßenen Designation zu entnehmen geruhen. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 14 gg: bis 1 r. 3 g. Münz-Courant. Der
Cours der Münz-Sorten, Staats- und Communal-Papiere, so wie der kaufmännischen Wechsel,
war so veränderlich, als im Monat May c. Die Tresorscheine standen auf 91 Prozent. Von den Schlesischen Pfandbriefen galten die großen 92 1/4, die kleinen hingegen 93 bis 94 proCent. Der
Gesundheits-Zustand
der Menschen war im Ganzen erwünscht. Hin und wieder kamen indeß bei Kindern die Masern, Rötheln, sowie der Keichhusten und [42r] das Scharlachfieber zum Ausbruch. Auch zeigten sich im Grünbergschen Kreise die natürlichen Blattern, denen jedoch alsbald Schranken gesetzt wurden. In demselben Kreise starben einige Menschen im Zustande der Raserei, die ihnen durch den Biß eines tollen Hundes zugefügt worden war.
Der in Langwasser und in einigen andern Dörfern des Loewenbergschen Kreises ausgebrochene Typhus darf jetzt als ausgerottet angesehen werden.
In der Stadt Trachenberg und in 5 in der Umgegend gelegenen Dörfern ist die Rotz-Krankheit bei mehrern Pferden zum Ausbruch gekommen. Dieses Uebel ist bereits von dem Kreis-Landrathe und dem Kreis-Physicus mit Zuziehung noch anderer Sachverständigen untersucht. Auch hat man einige Pferde tödten laßen. Wir haben aber dem Landrath gemeßenst aufgegeben, alles, was das 4te Stük unseres dießjährigen Amtsblatts in dieser Hinsicht anordnet, auf das Genaueste zu befolgen, und ohne Rüksicht durchzusetzen.
Unglücksfälle.
Zwei Personen griffen aus Schwermuth durch Selbstmord dem Verhängniß vor.
[42v] Zu Stentsch, Schwiebusschen Kreises, stürzte das außer der Ehe erzeugte 2 1/4 Jahr alte Söhnchen der Tochter des Waldhäuslers Haacke in ein mit Aschenlauge angefülltes Faß und ertrank.
Der Dienstknecht des Bauers Paesch zu Lanken, deßelben Kreises, verunglückte beim Baden.
Zu Ogaschütz, gleichfalls im Bezirk von Schwiebus, ward der Dreschgärtner Schulz bei der Rückkehr von der Feld-Arbeit durch einen Blitzstrahl getödtet.
Ein solches Schiksal hatte auch ein nicht nahmhaft gemachter Einwohner zu Langöls im Loewenbergschen Kreise.
Zu Stohnsdorff, Hirschbergschen Kreises verlor ein 19 jähriges Mädchen ihr Leben in der angeschwollenen Dorfbach.
Mit dem Thierarzt Heinrich aus Eichkretscham, Wohlauschen Kreises, gingen auf einer Fahrt in die Nachbarschaft die Pferde durch. Ein Ast im Walde stieß ihm ein so tiefes Loch in den Arm, daß drei Blut-Adern verletzt wurden, und er an den Folgen der Verblutung sterben mußte.
Am 7ten v. M. schlug das Gewitter zu Klein Kreidel, in eben diesem Kreise, bei dem Bauer Hantschke ein, tödtete die auf der Ofenbank [43r] sitzende Dienstmagd, und setzte das Wohngebäude in Feuer, welches deßen Gesperre und die Stallungen des Bauers Gruhn vernichtete.
Zu Wüsterohrsdorff, Hirschbergschen Kreises, verlor der Häusler Klose sein Wohnhaus in einem Brande, deßen Entstehungs-Ursache unbekannt geblieben ist.
In der Nacht vom 11ten zum 12ten v. M. wurden in dem Dorfe Altkranz, Glogauschen Kreises, durch ein höchst wahrscheinlich von mordbrennerischer Bosheit gestiftetes Feuer 4 Bauerhöfe, 1 Kutschverstelle, imgleichen die Gehöfte eines Gärtners und zweier Angerhaus-Besitzer nebst dem Auszug-Stübchen eines Kutschners eingeäschert.
Ein 14 jähriger Knabe in Groß Wangern, Wohlauschen Kreises, ermordete auf der Hutung den Pferde-Jungen aus Bosheit durch Messerstiche. Der Mörder ward sofort Behufs der gegen ihn zu veranlaßenden Criminal-Untersuchung gefänglich eingezogen.
Patriotische Handlung.
Der Bauer-Guts-Besitzer Hoffmann zu Brostau bei Glogau hat seinem Sohne zum Eintritt [43v] in Euer Majestät Armee als Freiwilliger Jäger sein einziges, ihm von der feindlichen Plünderung im Jahr 1813 übrig gebliebenes Pferd im Werth von 90 r: gegeben. Wir haben diese ruhmwürdige Handlung durch unser Amtsblatt zur Kenntniß des Publicums gebracht.
Auch in dem Monat Juny c. sind in dem hiesigen Regierungs-Departement
Policei-Institute
weder entstanden noch eingegangen.
Den
Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse im Monat Juny c.
wollen Euer Majestät aus der unter litt: B allersubmißest beigefügten Designation zu entnehmen geruhen.
Für die Rubriken von
Grenz-Sachen
und von
Militaribus
liegen uns keine intereßante Materialien vor.
Handels-Gegenstände.
Die Ausfuhr von Leinen-Waaren aus dem schlesischen Gebirge nach Hamburg, Pohlen, [44r] Triest, und nach dem sogenannten Reiche ist im abgewichenen Monat sehr beträchtlich gewesen, und wird gewiß noch stärker werden, sobald die dermaligen politischen Hinderniße behoben sind.
Die Quantitaet der in gedachtem Monat bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Exportation declarirten Leinen-Waaren wird in der unter Litt. C beiliegenden Designation pflichtschuldigst nachgewiesen. Von den Tuch-Negotianten und Fabricanten ward über Stockung des Tuchverkehrs, besonders wegen der strenger alsje geübten Grenzsperre des Rußischen Reichs, fortdauernd geklagt.
Im Monat Juny c. haben keine
Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departements
sich ereignet.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im verfloßenen Monat waren:
1tens die fortgesetzte Vorsorge für Verpflegung der auf beiden Militair-Straßen des Liegnitzschen [44v] Regierungs-Departements marschirenden vaterländischen und Kais: ruß: Truppen,
2tens die Aufbringung der außerordentlichen Kriegs-Leistungen, die von dem Departement begehrt wurden, und welche in der Auffaßung des 3ten Theils vom Approvisionnement der Vestung Torgau, desgleichen einer großen Quantitaet von Tuchen und Leinwanden zur Armee-Bekleidung, so wie einer Anzahl Train-Pferde bestehen,
3tens Die Beendigung des Geschäfts der Aufnahme der Stamm-Rollen von allen zum stehenden Heere, der Landwehr, so wie zum Landsturm diensttauglichen Mannschaften in dem hiesigen Regierungs-Departement.
4tens Verfügungen, um die an einigen Orten dieses Departements bei dem Durchmarsch der Kais: ruß: Truppen ausgebrochenen typhösen Krankheiten in der Geburt zu ersticken.
Außer diesen Objecten sind Vorwurf unserer Beschäftigung diejenigen Gegenstände gewesen, welche die allerunterthänigst beigeschloßenen Nummern 20 bis 26 des 5ten Jahrganges unseres Amtsblattes enthalten.
[45r] Unter der Rubrik
dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration,
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]