11 Liegnitz, 5. Dezember 1814
Zeitungsbericht für November 1814
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16504, Bl. 105r-109v, Anlagen Bl. 110r-113r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum fehlt.
[105r] Liegnitz den 5ten December 1814.
Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat November c.
Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem unserer Verwaltung anvertrauten Landes-Bezirk für den Monat November d. J. in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen:
Witterung.
Des Windes herrschende Richtung war aus Süden und Südosten. Die Luft war den ganzen Monat hindurch trübe, und in der letzten Hälfte deßelben gab es sehr dicke Nebel. Regen trat erst gegen das Ende des Monats ein. Den höchsten Stand hatte das Réaumursche Thermometer in der Gegend von Liegnitz am 7ten und 8ten Mittags, nehmlich 7 Grad über 0, und den niedrigsten am 19ten 20ten und 21ten früh, wo daßelbe 2 Grad unter dem Eispunkte zeigte. Die Witterung war dem Aufgehen und Gedeihen der Winter-[105v]-Saaten ungemein beförderlich. Auch setzte selbige den Landwirth in den Stand, die zur Besäung mit Sommer-Getraide im künftigen Jahr bestimmten Aeker in etwas vorzubereiten.
Preise der Consumtibilien.
Die vormonathlichen Preise des Getraides auf den Märkten den vornehmsten Städte des Departements, und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes werden in derjenigen Designation pflichtschuldigst nachgewiesen, welche Euer Majestät wir hierneben unter dem Buchstaben A ehrfurchtsvoll überreichen.
Der Berliner Scheffel Kartoffeln wurde nach Verschiedenheit der Güte dieser Erdfrüchte mit 10 gg: bis 1 r. 5 g. Münz-Courant bezahlt.
Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.
Die Tresorscheine stiegen von 75 auf 86 pro Cent. Von den Schlesischen Pfandbriefen standen die großen auf 93 2/3 und die kleinen auf 94 2/3 pro Cent. Die
Krankheiten
[106r] von welchen die Menschen im verfloßenen Monat heimgesucht wurden, bestanden in katarrhalischen und rheumatischen Zufällen, und sie waren Folgen der gelinden Witterung und vielen grossen Nebel. Unter den Kindern wurden besonders die Masern, der Keuchhusten und falsche Blattern bemerkt. Die natürlichen Blattern zeigen sich noch gegenwärtig an mehrern Orten des Departements. Es ist aber nach den getroffenen Hemmungs-Anstalten deren weitere Verbreitung nicht zu fürchten.
Die Rinderpest findet noch in einem Dorfe des Militsch-Trachenbergschen Creises statt, in welchem dieselbe jedoch, dem gänzlichen Aufhören gleichfalls nahe ist. Von andern Thier-Krankheiten haben wir nichts in Erfahrung gebracht.
Unglücks-Fälle.
Vier Personen gaben sich aus Schwermuth selbst den Tod.
Zu Nieder-Schönfeld, Loewenberg-Bunzlauschen Creises, ertrank die Pflege-Tochter des [106v] Inwohners Tappert im Mühlgraben.
In Süssenbach, deßelben Kreises, verlor der Erbscholtisei-Besitzer Hilbert durch eine bei ihm ausgebrochene Feuersbrunst sein ganzes bedeutendes Gehöft. Die Entstehungs-Ursache dieses Brandes hat nicht ausgemittelt werden können.
Im Grünbergschen Kreise wurden durch gleichfalls nicht zu eruiren gewesene Veranlaßung zu Wenig-Lessen das Gehöft des Kretschmers und zwei Kutschner-Nahrungen, in Laesgen aber 4 Bauerhöfe und die Scheuer einer 5ten Stelle eingeäschert.
Im Glogauschen Kreise verzehrten höchstwahrscheinlich durch mordbrennerische Bosheit gestiftete Feuersbrünste zu Zarkau einen Schuppen des Guts-Besitzers Meyer mit deßen ganzen Erndte, und zu Nilbau die Stelle des Brandweinbrenners Neumann.
Zu Strien, im Wohlauschen Kreise, ward der herrschaftliche Hof bis auf eine Scheuer und den Schaafstall, ein Raub der Flammen.
Dem nähern Bericht des Creis-Landraths über die Art, wie dieses traurige Ereigniß her-[107r]-beigeführt worden, sehen wir zur Zeit noch entgegen.
In Voigtsdorff, Hirschbergschen Creises, und zu Czwornegoschütz, im Militsch-Trachenbergschen, brandten am erstern Ort zwei kleine Häuser, und am letztern zwei Gehöfte ab. Die Entstehungs-Ursachen dieser Unglücksfälle sind noch unbekannt.
Im Goldberg-Haynauschen Kreise gingen zu Nieder-Bielau eine Dreschgärtner-Nahrung,
zu Militsch vier Bauergüther und zwei Häuser,
zu Ulbersdorff ein Angerhaus,
in Rauch auf. Ueber den Ursprung dieses Unglücks werden vielleicht die noch nicht erstatteten Untersuchungs-Berichte des Kreis-Landraths Auskunft geben.
In Michelsdorff, Luebenschen Kreises, ward das Gehöft des Bauers Mosemann durch Brand vernichtet. Die Untersuchung über die Entstehungs-Ursache deßelben ist ohne Erfolg geblieben.
In Nieder-Rüstern bei Liegnitz entzündete ein unvorsichtiger Flintenschuß [107v] des Jäger-Lehrlings Wolf aus dem der hiesigen Stadt gehörigen Dorfe Hummel das Wohnhaus des Windmüllers Strauchmann.
Durch den Sturmwind ward die Flamme bis nach Hummel getrieben, woselbst sie die Wirthschafts-Gebäude des Vorwerks, und die städtische Försterei, imgleichen sechs Possessionen kleiner Ackerleute verzehrte. Der obgedachte Jäger-Lehrling ist Behufs der gegen ihn zu veranlaßenden Criminal-Untersuchung bereits zur Haft gebracht.
In Pfaffendorff, gleichfalls bei Liegnitz, hatte der Freischoltisei-Besitzer Lindner das Unglück, in einem durch unbekannte Veranlaßung bei ihm entstandenen Brande seine Scheuer, Wagen-Remisen, und ein Stall-Gebäude zu verlieren.
In der Nacht vom 25ten zum 26ten v. Mts. ist die katholische Kirche zu Kaltwasser, Luebenschen Kreises, von Dieben gewaltsam erbrochen und ihres Geld-Bestandes von 30 r. Nominal-Münze beraubet worden.
Auch wurden dem Gärtner Fichtner zu Wuertsch-Hoelle, deßelben Kreises, drei Schock [108r] Leinwand durch gewaltsamen Einbruch entwendet.
In dem Monat November c. sind in dem hiesigen Regierungs-Bezirk
Polizei-Institute
so wenig entstanden, als eingegangen.
Wir können jedoch nicht umhin, des Muths und rühmlichen Eifers zu erwähnen, mit welchem der Justitz-Verweser Albinus zu Kotzenau unter Assistenz eines einzigen freiwilligen Jägers Namens Goerlitz in der Mitte des vorigen Monats, den längere Zeit durch Steckbriefe verfolgten Räuber Thaler mit einer Bande von 9 Personen, zur gefänglichen Haft gebracht, und deren thätlichen Widersetzung ohnerachtet, an das hiesige Inquisitoriat abgeliefert hat.
Den
Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse
im Monat November c. stellt diejenige Nachweisung dar, welche Euer Majestät wir hierneben unter Lit: B allersubmißest überreichen.
Für die Rubrik von
Grenz-Sachen
liegen uns keine intereßante Materialien vor.
[108v] Eben dieses müßen wir in Bezug auf die Rubrik von
Militaribus
allerdevotest melden.
Handels-Gegenstände.
Das Tuch-Verkehr befindet sich zwar zur Zeit in einer beßern Verfaßung. Indeßen klagt man jetzt allgemein darüber, daß auf der letztern Frankfurther Meße die feinen schlesischen Tücher schlechten Absatz gefunden haben. Zu Grünberg wurden im abgewichenen Monat 3926 Stück Tücher, und in Schwiebus 1975 Stück debitirt. Die Ruffersche Fabrick hierselbst hat 38 Stück feine Tücher im Werth von 1900 r: Courant verfertiget, und 160 Stück theils feine, theils mittelfeine für eine Summe von 8250 r: nach Königsberg, Elbing, Riesenburg, Graudenz und auf die Meße von Frankfurth a/O. versendet. Die Lage des Leinwand-Commercii ist noch dieselbe, welche Euer Majestät wir in unserm Zeitungs-Bericht für den Monat October c. allerdevotest angezeigt. Die Quantitaet der im November c. bei den Zoll-Aemtern zu Schmiedeberg, Hirschberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen Waaren, wollen Euer Majestät aus der unter Litt. C beigeschloßenen [109r] Designation huldreich zu entnehmen geruhen.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement haben sich nicht ereignet.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im vergangenen Monat waren
1) die fortgesetzte Fürsorge für zwekmäßige Vertheilung und Verwendung der von Euer Majestät huldreich bewilligten mannichfachen Unterstützungen für die Kriegsbeschädigten Insaßen des hiesigen Regierungs-Departements, zu welchen im letztabgelaufenen Monate, ein auf das Guthaben der Lieferungs-Scheine geleistete anderweiter Vorschuß von 50,000 r. und die Erlaubniß zur Verwendung eines monathlichen Rettungs-Fonds von 2000 r: für die am meisten Kriegsbeschädigten hinzugetreten ist.
2tens die Sorge für den Wiederaufbau der Dörfer, welche in Folge der Besetzung der Vestung Glogau durch den Feind in deren nächsten Umgebungen zerstört worden, aus den zur Zeit für diese Dörfer, besonders bewilligten Retablissements-Fonds,
3tens die Anfertigung der Special- und Haupt Etats für die zu unserer Ober-Aufsicht übergegange-[109v]-nen Verwaltungen der saecularisirten Geistlichen Güther,
4.) Einleitungen zur Fortsetzung des Baues einer Kunststraße von Berlin nach Breslau durch das hiesige Regierungs-Departement im nächsten Frühjahr.
Außer diesen Objecten sind Vorwurf unserer Beschäftigung diejenigen Gegenstände gewesen, welche die allerunterthänigst beigefügten Nummern 45 bis 48 des 4ten Jahrganges unseres Amtsblatts enthalten.
Unter der Rubrique
dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]