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Zeitungsbericht für Februar 1814

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16504, Bl. 20r-24v, Anlagen Bl. 25r-28r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum fehlt.

 

 

[20r] Liegnitz den 5ten Mart: 1814.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat Februar c.

 

 

Euer Majestät verfehlen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Administration für den Monat Februar c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst zu erstatten:

 

Witterung.

 

Den ganzen Monat hindurch war Frostwetter. Das Reaumursche Thermometer fand fast beständig unter dem Eispuncte. Nur einige Male, nehmlich den 2ten 7ten 9ten 10ten und 11ten überstieg es in hiesiger Gegend Mittags diesen Punct, den 7ten um 2 Grad, welches sein höchster Stand war. Am tiefsten war es den 23ten früh, und zwar bis auf 17 Grad unter Null, gesunken. Die Richtung des Windes war sehr veränderlich. In den ersten Tagen des Monats kam derselbe aus Westen und Südwesten, hierauf wieder aus Westen und Nordwesten, und so abwechselnd weiter. Der Himmel war bald heiter, bald bewölkt. Schnee fiel den 17ten. Am 25ten früh zeigten sich zwei Neben-Sonnen in der Luft. Die fortwährend kalte Witterung läßt ein spätes Frühjahr befürchten, welches die jetzt schon große Verlegenheit der Land-[20v]-wirthe in Ansehung des Viehfutters noch mehr erhöhen, und denjenigen besonders nachtheilig werden würde, die im Herbst vorigen Jahres aus Mangel an Zugvieh die Acker-Bestellung zu vollenden nicht vermocht, und selbige im bevorstehenden Frühling nachholen sollen. Schwerlich wird unter vier Wochen mit Zurichtung der Äcker zur Sommersaat vorgegangen werden können, weil sowohl die Kälte als die Näße des Bodens dies verbieten dürfte.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Welche Preise das Getraide im abgewichenen Monate auf den Märkten der vornehmsten Städte  des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen in Böhmen und dem Herzogthum Warschau verhalten, wollen Euer Majestät aus der unter dem Buchstaben A allerdevotest beigeschloßenen Designation huldreich zu entnehmen geruhen. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 10 bis 11 gg: Münz-Courant. Der

 

Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel

 

hat sich gehoben. Die Tresorscheine sind auf 73 pro Cent, und von den schlesischen Pfandbriefen die großen auf 87 1/2, die kleinen hingegen auf 90 proCent gestiegen. Die

 

[21r] Mortalitaet

 

war unter den Menschen im Monat Februar c. nicht größer, als im Januar. Zwar herrscht das Nervenfieber noch an mehrern Orten des Departements; aber es ist jetzt nicht so bösartig, als früher, und greift vorzüglich im Glogauschen Creise noch immer um sich, wo die Zahl derer, die davon befallen werden, wegen stattfindender Ansteckungen von den, zum Einschließungs-Corps der Vestung Glogau gehörigen Truppen, fast mit jedem Tage wächst.

 

In mehrern Creisen, besonders im Loewenberg-Bunzlauschen, Jauerschen, und Militsch-Trachenbergschen, sind unter den Kindern die natürlichen Blattern ausgebrochen. Der anhaltenden Kälte ohnerachtet, haben wir zu Verhütung des Weiterschritts dieser Krankheit die Vaccination angeordnet, welche in den letzten zwei Jahren theils wegen der Krieges-Unruhen theils wegen Mangel an Impf-Aerzten nicht so allgemein, als in den Jahren 1811 und 1812 erfolgen konnte.

 

Die Rinderpest ist jetzt an allen Orten, welche von ihr ergriffen waren, glücklich ausgerottet. Nur im [21v] Militsch-Trachenbergschen Creise herrscht sie noch, wahrscheinlich aus dem Herzogthum Warschau von neuem eingeschleppt, in einem Vorwerk, wo wir jedoch derselben bald Ziel zu setzen hoffen dürfen.

 

Unglücksfälle.

 

Vier Personen gaben sich aus Schwermuth selbst den Tod.

 

Mehrere wurden auf freiem Felde vom Frost getödtet.

 

Am 4ten v. M. brach zu Lerchenborn, Luebenschen Creises, zur Nachtzeit ein höchst wahrscheinlich von einem Bösewicht gestiftetes Feuer aus, welches die evangelische Kirche, die Wirthschafts-Gebäude der Pfarr-Wiedemuth, die Organisten-Wohnung und eine Freihäuslerstelle vernichtete.

 

Zu Giersdorff, im Hirschbergschen Creise, brandte das Wohngebäude eines Häuslers nieder.

 

Im Loewenbergschen Creise wurden zu Mittel Thiemendorff Wohnhaus und Scheuer des Bauers Kühn, und in Paritz das Gehöfte des Bauers Wittig und des Häuslers Hoffmann eingeäschert.

 

Die Entstehungs-Ursachen dieser letzten drei Brände haben nicht ausgemittelt werden können.

 

In Rietschütz, Glogauschen Creises, veranlaßte die bei dem Gärtner Grossmann wohnende Auszügler-[22r]-Frau durch unvorsichtiges Gebahren mit Licht einen Brand, in welchem das gehöft des Grossmann und eine Scheuer seines Nachbars ein Raub der Flamme wurden. Die Schuldige ist bereits zur Criminal-Untersuchung gegangen.

 

Zu Gurkau, Glogauschen Creises, ward ein Gehöft durch eine in der dasigen Militair-Caserne, welche der das Einschließungs-Corps commandirende Obrist von Blumenstein aus Scheunen bauen laßen, ausgebrochene Feuersbrunst zerstört.

 

Zu Klein Vorwerk und Brostau, deßelben Creises, ging am ersten Ort eine Gärtner-Nahrung, und am letztern ein Bauerhof in Rauch auf. Mit diesem Bauerguthe verbrandten zugleich Pferde und Rindvieh. Diese traurigen Ereigniße wurden zu Klein-Vorwerk von rußischer Einquartierung und zu Brostau von einem Dienstknecht durch Feuer-Verwahrlosung herbeigeführt.

 

Auch ward am 21ten v. M. durch aus der Vestung Glogau geschossene Granaten in Brostau ein Bauerhof, und durch diesen noch 4 andere angezündet und in Asche gelegt.

 

[22v] In dem Monat Februar c. sind in dem hiesigen Regierungs-Departement

 

Polizei-Institute

 

weder entstanden, noch eingegangen. Den

 

Zustand der Liegnitzschen Regierungs-Haupt-Casse

 

stellt diejenige Designation dar, welche Euer Majestät wir hierneben unter litt. B allersubmissest überreichen.

 

Grenzsache[.]

 

In dem Herzogthum Warschau läßt die Rinderpest immer mehr nach und ist in dem Posener Departement, nach der Versicherung des Praefecten dieses Departements, gänzlich verschwunden. Auch wird sie in mehrern Bezirken des Kalischer Praefectur-Bezirks nicht weiter bemerkt.

 

Unter der Rubricke von

 

Militair-Sachen

 

sind uns keine intereßante Nachrichten aus dem Departement zugekommen.

 

Handels-Gegenstände.

 

Im verfloßenen Monat war die Zufuhr von Getraide aus dem Herzogthum Warschau auf den [23r] Märkten des Departements sehr bedeutend. Dagegen wurde auch außerordentlich viel schlesisches Getraide nach Sachsen und Böhmen exportirt.

 

Der Tuchhandel befindet sich in ziemlich guter Verfaßung, und diese würde noch beßer seyn, wenn dem Gouvernement von Rußland es gefallen wollte, das Verboth der Einfuhr schlesischer Tücher aufzuheben.

 

In Grünberg wurden 1812 Stück und in Schwiebus 904 Stück Tücher fabrizirt. Die Geld-Summen, welche für die von dort ausgeführten Tücher gelöset worden, sind uns nicht angezeigt worden. Die Ruffersche Tuch-Fabricke hierselbst hat 52 Stück feine Tücher gefertigt, und 149 theils mittlere, theils feine für den Preis von 8200 r. nach Conitz, Memel und Königsberg versendet. Auch sind von gedachter Fabrick 10,000 Ellen Tuch in das hiesige Militair-Bekleidungs-Magazin für die zu fordern habende Summe von 10,333 r. geliefert worden.

 

In Ansehung des auswärtigen Leinwandhandels müssen wir uns lediglich auf unsern Zeitungs-Bericht für den Monat Januar c. aller-[23v]-unterthänigst beziehen, da die Lage deßelben sich nicht verbeßert hat. Einige ansehnliche Versendungen von weißer und bunter Leinwand sind inzwischen nach Breslau, Danzig, Königsberg in Preußen, und nach Oesterreichisch Pohlen erfolgt. Die Quantitaet der im Monath Februar c. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen Waaren wollen Euer Majestät aus der unter litt: C beigefügten Designation allergnädigst zu ersehen geruhen.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement

 

haben sich nicht ereignet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im Monat Februar c. waren

 

außer denjenigen, welche die allerunterthänigst angeschloßenen Nummern 7 bis 10 des 4ten Jahr-Ganges unseres Amtsblatts enthalten,

 

1tens die fortgesetzten Bemühungen den durch den Krieg besonders beschädigten Gegenden des Departements Sommer-Saat-Getraide und Zugvieh zur Bestellung der im Herbst vorigen Jahres zum grossen Theil unbestellt gebliebenen Aecker zu verschaffen. In Folge dieser Bemü-[24r]-hungen, und der kräftigen Unterstützung des Militair-Gouvernements von Schlesien können die hülfsbedürftigsten Bewohner jener Gegenden sich der Zulieferung von 40,000 Scheffeln Sommersaat-Getraide erfreuen, welche zum großen Theil durch milde Beiträge aus andern Gegenden Schlesiens zusammen gebracht werden. Nur an Zugvieh wird es den Kriegsbeschädigten zur Bestellung der wüste liegen gebliebenen Aeker sehr fehlen. Indeß hoffen wir auf die Hülfe der rußischen Krone, wenn dieser es gefällig seyn möchte, die conventionsmäßige Schuld für Verpflegung der durch Euer Majestät Staaten marschirten Truppen vermittelst Vieh-Leistungen abzugelten, als weshalb Anträge an Allerhöchstdero Staats-Canzler gelangt sind.

 

2tens die fortgehende Vorsorge für die Verpflegung des Einschließungs-Corps vor Glogau auf den beiden Oder-Ufern, und besonders für die zahlreichen Kranken deßelben unter den Truppen Euer Majestät, da die Kaiserlich Rußischen Truppen, Theile dieses Corps von ansteckenden Krankheiten befreit sind.

 

3tens die Vertilgung der Rinderpest innerhalb der [24v] Grenzen des Departements,

 

4tens Veranstaltungen, um einem auf kurze Zeit wegen fehlender Zufuhr an Salz zu Waßer eingerißenen Mangel an diesem Materiale abzuhelfen,

 

5tens Die Organisation der Kreis-Verwaltung in den Kreisen.

 

Unter der Rubricke

 

dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

glauben wir uns der Vorschläge zur Zeit noch enthalten zu müßen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]