1                                                                                                           Liegnitz, 5. Februar 1815

Zeitungsbericht für Januar 1815

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16505, Bl. 8r-12v. Referent Erdmannsdorff.

 

 

[8r] Liegnitz den 5ten Februar 1815.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat Januar c.

 

 

Ewr. Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem unserer Verwaltung anvertrauten Landes-Bezirk für den Monat Januar d. J. in nachstehenden Anzeigen zu empfangen geruhen:

 

Witterung.

 

Des Windes vorherrschende Richtung war aus Osten und Südosten. Den ganzen Monat hindurch fand Frostwetter statt. Das Réaumurschen Thermometer zeigte nur den 8ten, 9ten 10ten 11ten und den 28ten 29ten 30ten und 31ten Mittags über dem Eispunkte einen bis zwei Grade. Am tiefsten unter demselben stand es den 19ten und 27ten früh, wo selbiges 17 Grade bezeichnete. Schnee fiel besonders den 8ten, 12ten, 14ten, 17ten und 19ten v. Mts. Er kam den Winter-Saaten ungemein zu statten, welchen der offene Frost und die rauhen Winde schon verderblich zu werden drohten.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonatlichen Preise des Getreides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser [8v] Preise zu denen des benachbarten Auslandes weiset diejenige Designation nach, welche Euer Majestät wir hierüber unter lit: A. ehrerbietigst überreichen. Der Berliner Scheffel Kartoffeln wurde mit 12 bis 17 g. Münz Courant bezahlt.

 

Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.

 

Die Tresorscheine stiegen von 84 1/2 auf 87 pro Cent. Auch hob sich das Agio von den Friedrichs d'ors, imgleichen der Cours der schlesischen Pfandbriefe, von denen die großen 95 1/2, und die kleinen 96 1/2 proCent galten.

 

Im Laufe des Monats Januar c. waren so wie im December v. J. katarrhalische und rheumatische Zufälle die gewöhnlichen Formen der

 

Krankheiten

 

unter den Einwohnern des Departements. Zur Gicht disponirte Personen wurden von diesem Uebel empfindlicher, als sonst, heimgesucht. Auch herrschten hin und wieder Brust-Entzündungs-Fieber, imgleichen das Scharlachfieber, welches jedoch nicht epidemisch wurde. Am Schleimhusten und bösen Halse litten die Kinder häufig. Im Loewenberg-Bunzlauschen, Hirschbergschen und Grünbergschen Kreise kamen die natürlichen Blat-[9r]-tern zum Ausbruch. Durch Zwangs-Impfungen und Sperren ward ihnen mit gutem Erfolg entgegen gearbeitet.

 

Der Gesundheits-Zustand des Viehes ist erwünscht.

 

Unglücksfälle.

 

Zu Röhrsdorff im Loewenbergschen Kreise, ertrank der Schuhmacher Weise aus Friedeberg am Queis.

 

Auf gleiche Art fand der Freihäusler Jacob aus Beerberg, deßelben Kreises, zu Mittel-Steinkirch in einem Brunnen seinen Tod.

 

In Jacobsdorff, Jauerschen Kreises, wurde dem Häusler Klose, beim Holzfällen von einem Baum der Kopf zerschmettert.

 

Die dritte Tochter des Kreis-Steuer-Einnehmers Garn zu Jauer, welche 16 Jahre zählte, ward mit einem Wagen umgeworfen, und so verletzt, daß sie einige Stunden nachher den Geist aufgeben mußte.

 

In Jamnick, Militsch-Trachenbergschen Creises, berührte der neunjährige Sohn des Teichwärters Tripich ein geladenes Gewehr, welches auf dem Tische in der Wohnstube lag, so unglücklich, daß es auf das Dienst-Mädchen Gamirrin tödtend sich entlud.

 

Zu Lueben ward der Tuchmacher Thiel in der sogenannten kalten Bach todt gefunden.

 

Der Garnhändler Ruempler zu Tschiebsdorff, Saganschen Kreises, machte seinem Leben aus Schwermuth durch den Strik ein Ende.

 

Zu Hellau, im Loewenbergschen Kreise, brandte  die Gärtnerstelle des Johann Gottlieb Moeschter ab.

 

In Tiefhartmannsdorff, Hirschbergschen Kreises, ward das Wohnhaus des Häuslers Roesel eingeäschert.

 

Die Entstehungs-Ursachen dieser beiden Brände sind nicht auszumitteln gewesen.

 

Am 18ten v. M. brach bei dem Bauer Walther zu Ober-Herzogswaldau, Freystaedtschen Creises, ein Feuer aus, welches deßen ganzes Gehöft bis auf den Grund verzehrte. Die Tochter einer bei dem Walther als Auszüglerin wohnhaft gewesenen Wittwe hat dieses Unglük durch unvorsichtiges Gebahren mit einem brennenden Lichte herbeigeführt, daher selbige Behufs der gegen sie zu veranlaßenden Criminal-Untersuchung bereits erstattet ist.

 

In dem Monat Januar c. sind in dem Liegnitzschen Regierungs-Bezirk

 

Polizei-Institute

 

weder entstanden noch eingegangen. Den

 

Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse in gedachtem Monat

 

weiset diejenige Designation nach, welche [10r] Euer Majestät wir in dem Anschluß unter litt: B. allerdevotest überreichen.

 

Grenz-Sachen.

 

Die an der Grenze des Herzogthums Warschau gegen Schlesien aufgestellten Kosacken kommen auf der Jagd zuweilen in hiesige Provinz, indem sie Meilen weit Haasen und Füchse verfolgen, und nicht eher zu reiten aufhören, als bis sie das Wild mit dem Kautschuh erschlagen haben.

 

In dem gedachten Herzogthum sind falsche Proclamationen des Kaisers von Rußland Majestät, und des Herrn Groß-Fürsten Constantin Kaiserlicher Hoheit an die Pohlen erschienen, welche diesen Herstellung des Pohlnischen Reichs verheißen, und sie zu den Waffen rufen. Der Rußische Polizei-Ministre, General Lieutenant von Ertel, forscht jetzt nach den Verfaßern dieser Proclamationen, und läßt den Rußischen und pohlnischen Behörden die etwa noch in ihren Händen befindlichen Exemplare derselben abfordern.

 

Pohlnisches Militair von allen Gattungen marschiert jetzt über Posen und Kalisch nach Warschau. Auch sollen die Rußischen Truppen in Pohlen Ordre erhalten haben, sich marschfertig zu halten, und in deßen Gefolg alte aus-[10v]-geschriebene Lieferungen bereits abgesagt worden seyn.

 

Handels-Gegenstände.

 

Von den Tuch-Negotianten wird seit einiger Zeit über Stockung im Tuchhandel und besonders darüber geklagt, daß die feinen Tücher wenig Absatz finden. Diese Klage dürfte auch noch einige Zeit fortdauern, da die Preise der Tücher im Auslande gefallen sind.

 

Das Leinwandverkehr ist ziemlich lebhaft, ungeachtet die Preise der Leinwand mit denen der Garne immer noch in großem Mißverhältniße stehen. Von Greiffenberg wurden in dem abgewichenen vierwöchentlichen Zeitraum für wenigstens 30,000 r. Leinen Waaren in das Ausland versendet.

 

Die Quantitaet der im verfloßenen Monat bei den Zoll-Aemtern zu Schmiedeberg, Hirschberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen Waaren wollen Euer Majestät aus der unter lit. C. beigeschlossenen Designation allergnädigst zu entnehmen geruhen.

 

Die Glas-Fabriquen zu Carlsthal und Hoffnungsthal im Hirschbergschen Kreise heben sich bedeutend, und sie haben so viele Bestellungen, daß sie solche kaum zu befriedigen im Standen sind.

 

[11r] Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement

 

haben sich nicht ereignet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im vergangenen Monat

 

waren

 

1tens die Bekämpfung der aus dem benachbarten Sachsen eingeschleppte Blatter-Epidemie und die Aufmunterung zu Schutz-Pokken-Impfungen.

 

2tens die völlige Aufhebung der bei den, zu unserer Verwaltung übergegangenen saecularisirten geistlichen Güthern bisher bestandenen Administrationen, und deren Verwandelung in einzelne Pachtungen und Rendanturen.

 

3tens die Fortsetzung des Geschäfts der Liquidation der Vergütigungen von Leistungen der Departements-Insaßen an vaterländische und kaiserlich rußische Truppen im Jahr 1813/14.

 

4tens Die Correspondenz mit dem englischen Prinzipal-Bevollmächtigten, Geheime Rath Hillmer zu Neusalz, und Instruction über das Verfahren der Spezial-Committées, wegen Vertheilung derjenigen Summe, welche dem hiesigen Regierungs-Bezirk, aus den, von dem Parlament des Großbrittanischen Reichs [11v] zur Unterstützung der durch den letzten Krieg in Deutschland Verunglückten, bewilligten 100000 Pfund, nunmehr zugefloßen ist. - Durch die kräftige Verwendung des vorbenannten englischen Prinzipal-Bevollmächten für Schlesien, hat die Provinz von jenen 100,000 Pfund Sterling 11,500 Pfund erhalten, welche folgendermaaßen distributirt worden sind:

 

Für Breslau und Umgebungen ............................... 500 [Pfund]

 

Für Bunzlau und umliegende 60 Dörfer .................... 800.

 

Für Gnadenberg und Umgebungen ......................... 300.

 

für Haynau dito ................................................. 500.

 

für Liegnitz dito ................................................. 500.

 

für Jauer dito .................................................... 500.

 

für Naumburg am Queis dito ................................. 200.

 

für Goldberg dito ................................................ 300.

 

für Loewenberg und die angrenzende Dörfer Zobten, Langenneundorff  

 

und Petersdorff am Bober ..................................... 500.

  

für Lahn und Umgebungen .................................... 200.

 

für Dörfer bei Greiffenberg .................................... 300.

 

für Glogau und Dörfer in deßen Umgebungen ............ 500.

 

für Neusalz, Neustaedtel und Umgebungen .............. 500.

   

für Beuthen an der Oder ...................................... 200.

   

für Siegersdorff bei Bunzlau, Oberwaldau und  

Umgebungen ..................................................... 200.

   

[12r] für Lueben dito .......................................... 200.

 

für Parchwitz dito .............................................. 400.

 

für Neumarkt dito ............................................... 400.

 

für Raudten, Primkenau dito ................................. 200.

 

für Koeben dito ................................................. 100.

 

für Hirschberg, Sprottau, Grünberg, Sagan,  

Freystadt etc. .................................................. 200.

 

für die Waisen  ................................................ 1500.

 

Im Allgemeinen für Schlesien .............................. 2300.

 

Netz- und Wartebruch ........................................ 200.

 

Summa ........................................................ 11,500 Pfund.

 

Da der Geheime Rath Hillmer durch seine kräftige Fürsprache und freundschaftliche Einwirkungen bei dem Westminster Committee zu London der Provinz Schlesien von jenen Unterstützungs-Geldern eine weit größere Summe zugewendet, als sie sonst empfangen haben möchte: so müßen bei Euer Majestät wir allerunterthänigst dahin antragen, daß Allerhöchstdieselben den p Hillmer zum Beweise des öffentlichen Anerkenntnißes seiner Verdienste um den Staat in dieser Angelegenheit mit einem Ehrenzeichen zu betheilen die Gnade haben wollen.

 

Außer vorstehend bemerkten Objecten [12v] sind Vorwurf unserer Beschäftigung diejenigen Gegenstände gewesen, welche die allersubmißest beigefügten Nummern 3 - 5 des 5ten Jahrganges unseres Amtsblatts enthalten.

 

Unter der Rubrique

 

Dringende Reformen und Verbesserungen in der Administration haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz

 

[gez.]