7 Liegnitz, 6. August 1811
Zeitungsbericht für Juli 1811
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16501, Bl. 46r-50r, Anlagen Bl. 51r-53r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum fehlt.
[46r] Liegnitz den 6ten August 1811.
Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat Julii c.
Euer Majestät verfehlen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem uns anvertrauten Landesbezirk für den Monat Julii c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst abzustatten.
Witterung.
Des Windes Richtung war veränderlich. Gewitter fanden den 1ten 2ten 4ten 5ten 6ten und 16ten statt. In der zweiten Hälfte des Monats war die Witterung trocken. Das Reaumursche Thermometer hatte in der Gegend von Liegnitz den höchsten Stand am 21ten Mittags, nehmlich 26 1/2 Grad, und den niedrigsten am 14ten, wo es 9 Grad über dem Gefrierpunkte zeigte. Die Winterungs-Erndte ist wegen der Nothreife, die das Getraide von der grossen Hitze in den Monaten May und Juny erhalten hatte, im Stroh so wenig als in Körnern den Wünschen des Landmanns entsprechend ausgefallen. Einen noch geringern Ertrag wird an den meisten Orten die Sommerung gewähren, mit deren Einfuhr in die Scheuern man zur Zeit noch beschäftigt ist. Zu bedauern ist auch, daß in diesem Sommer so viele Getraidefelder im Departement unserer Verwaltung durch Hagelschlag verwüstet worden sind. Das Grünzeug steht ziemlich gut.
[46v] Preise der Consumtibilien.
Die Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements, und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes, wollen Euer Majestät aus der unter dem Buchstaben A beigeschlossenen balancirten Designation huldreich zu entnehmen geruhen.
In der Anlage sub litt: B wird die Quantitaet des im Monat Juny c. ein- und ausgegangenen Getraides und Gemüses designirt.
Der Berliner Scheffel Kartoffeln gilt dermalen 8 bis 16 gg. Realmünze.
Der
Breslauer Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel
hat gegen den im Monat Juny c. sich nicht bedeutend geändert. Nur die schlesischen Pfandbriefe sind um einige Thaler gestiegen. Die grossen gelten 73 2/3 proCent, die kleinen hingegen 15 1/2 pro Cent.
Das Agio vom Courant-Gelde fing höher zu gehen an, weil in Folge der in dem Herzogthum Warschau veranlaßten Herabsetzung der Preußischen Scheidemünze sich besonders in Glogau, Wechsler von dorther eingefunden hatten, welche Courant mit Scheidemünze kauften, wodurch dasselbe sehr vertheuert wurde. Jetzt aber ist das Courant schon wieder wohlfeiler. Wir haben übrigens auf die von dem Bürgermeister Schreiber in Glogau uns von der Ankunft jener Wechsler gemachte [47r] Anzeige dem Departement für die allgemeine Polizei und für den Handel und die Gewerbe in Euer Majestät Milinisterio des Innern unverzüglich die zu Verhütung einer grossen Theurung und des gänzlichen Verschwindens des Courant zu ergreiffenden Maaßregeln submittirt.
Der
Gesundheits-Zustand
der Menschen war im abgewichenen Monat nicht der beste. Vom Wechselfieber so wie von Katarrhal-Krankheiten wurden viele heimgesucht. Auch blieben die Rötheln und Masern an mehrern Orten herrschend, wodurch die Saccination aufgehalten wurde. Jezt greift die Ruhr in einem Dorfe des Liegnitzschen Creises, besonders unter den Kindern sehr um sich, und wir müssen fürchten, daß dies auch in andern Orten der Fall seyn werde.
Nachdem die Pest unter dem Rindvieh aufgehört hat, erkrankt dasselbe häufig am Milzbrande. Die bisher gewesene grosse Hitze und gefallenen Gifte sind der Grund dieses Uebels.
Unglücks-Fälle.
Fünf Einwohner des Departements gaben sich aus Schwermuth selbst den Tod.
Der verabschiedete Gardist Schwarz aus Schützendorff, Liegnitzschen Creises, wurde in der Leisebach bei Dürschwitz entseelt gefunden. Wahrscheinlich war derselbe beim Fischen und Krebsen, welcher er nachging, ertrunken.
[47v] Der hiesige Schneidermeister Lobgesang gerieth auf der Rükfahrt von Heinersdorff desselben Creises beim Herabspringen vom Wagen unter dessen Räder, und wurde dergestalt beschädiget, daß er sogleich seinen Geist aufgegeben mußte.
Ein Knabe zu Beuthen verunglückte beim Baden in dem Oderstrohm.
Mehrere Personen wurden durch den Blitzstrahl getödtet.
In Moestchen, Heinersdorff, Klein Dammer, Schmarse, Oppelwitz und Neudörffel, Schwiebusser Creises haben am 4ten 5ten und 6ten v. Mts. bei schweren Gewittern Wolkenbrüchen fast gleiche Ergiessungen sehr grossen Schaden angerichtet. Dem Dominio zu Heinersdorff sind 224 Stük, dem zu Neudörffel aber 30 Stük Schaafe im Stall ertrunken. Ausserdem in jedem jener Dörfer mehrere Bauer-Gehöfte und Mühlen völlig ruinirt, auch ist viel Getraide und Wiesewachs fortgeschwemmt worden. Wegen Ausmittelung des remissionsfähigen Theils dieser Schäden haben wir bereits das Erforderliche verfügt.
Am 5ten v. Mts. wurden im Liegnitzschen Creise durch Einschlagen des Blitzes drei Feuersbrünste veranlaßt. Zu Royn brandte die Kretscham-Wohnung ab, in Gross-Wandris eine Häuslerstelle, und zu Alt Laest ebenfalls eine Häusler-Nahrung. Auf gleiche Art wurde das Gehöft der Bauerwittwe Kunert zu Wichelsdorff im Sprottauschen Creise, zu Kleinitz, Grünbergschen Creises aber, das Schulhaus, und zu Heinzendorff im Bezirk von Freystadt die Wohnung der Gärtnerwittwe Fechner [48r] in Feuer gesetzt, und eingeäschert. Auch gingen mehrere Wirthschafts-Gebäude im Goldbergschen und andern Kreisen in Rauch auf.
Am 9ten v. Mts. gerieth durch bis jezt noch unbekannte Veranlassung das Brauhaus des Frei-Scholtisei-Besitzers Fronzky zu Bautke, Wohlauschen Creises, in Brand, und es wurde vernichtet.
Zu Wiesau, Glogauschen Creises, entzündete der Blitz die Wohnung des Wassermüllers Berner, welche nebst der Mühle und den übrigen zu seinem Gehöft gehörenden Gebäuden niederbrandte. Der Creis-Landrath berechnet den dadurch verursachten Schaden auf 500 r.
Kürzlich fuhr ein zündender Wetterstrahl in das obere Gesperre der evangelischen Kirche zu Freyhan, und schon brandte dasselbe lichterlohe, als der Schornsteinfeger Langhammer und der Schmidt Mattibe daselbst ohne Aufforderung den Entschluß faßten, das Dach zu erklimmen, und das Feuer zu löschen. Der Zwek gelang ihnen vollkommen, und sie wurden dadurch mit Gefahr ihres Lebens die Retter nicht allein der Kirche, sondern auch eines grossen Theils der Stadt, weil, wenn jene völlig in Brand gerieth, die Flammen wegen der vielen in der Nähe befindlichen hölzernen Häuser sich unvermeidlich weiter verbreitet haben würden. Wir haben den genannten wakern Bürgern für ihre rühmliche That bereits unsern Dank zu erkennen gegeben, solche auch durch das Amtsblatt dem [48v] Publicum bekannt gemacht, können jedoch den Wunsch nicht unterdrükken, daß Euer Majestät jene achtungswerthen Bürger ihnen selbst zum Lohn, Andern aber zum Aufruf, sich nöthigenfalls eben so muthvoll zu beweisen, durch huldreiche Verleihung von Rettungs-Medaillen auszuzeichnen die Gnade haben möchten.
Unter der Rubrik
Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute
haben wir nichts anzuzeigen.
Summarische Nachweisung der Zuflüsse in die König. Cassen.
Die Einnahme der Regierungs-Haupt-Casse hat in dem Monath Julii c. sich belaufen auf ...................... 127939 r. 9 g. 3/5 pf.
Die Einnahme-Reste betragen .......... -------------------
Ausgegeben sind ........................... 64336 r. 14 g. 1 4/5 pf.
An Ueberschüßen zu den Staats-Cassen sind aus den laufenden Gefällen abgeführt worden ............... 49023 - 12 ----------
Militair-Sache.
Der neue französische Vestungs Commandant in Glogau General Jacquinot hat bis jezt gegen die dasige Bürgerschaft sich gut betragen, auch dem Magistrat in Ausübung der Polizei freie Hand gelaßen.
Grenz-Sache.
Das starke Rekrutiren in dem Herzogthume Warschau dauert fort, und es sollen bereits Väter von 5 und noch [49r] mehr Kindern ausgehoben worden seyn. Es treten daher auch iezt noch viele junge Männer, um der Einziehung zu entgehen, nach Schlesien über.
Ausser dem erfolgten Ableben des rechtschaffenen und geschikten Land- und Stadtgerichts-Directoris Kraetzig hierselbst haben sich im abgewichenen Monat keine
Veränderungen bei öffentlichen Behörden
in unserm Departement ereignet.
Commercium.
Der Leinwandhandel in das Ausland hat beinahe ganz aufgehört. Von Hamburg ist einem Handlungshause in Hirschberg gemeldet worden, daß man auf dasigem Platze im gegenwärtigen Jahre gar keine Leinen-Waaren zur Versendung gekauft habe. Ganz ordinaire Waaren wurden zwar hin und wieder einzeln zum Druk statt der sonst gewöhnlichen Baumwollenen Kattune gefordert. Allein die Käufer wollten sie beinahe halb umsonst haben. Bei manchen Geldbedürftigen erreichten sie auch ihren Zwek, indem diese für den halben Werth verkauften. In verschiedenen zur Veräusserung von Leinen Waaren gehaltenen öffentlichen Auctionen konnte man dergleichen für Preise erlangen, wofür sie nicht roh zu schaffen sind.
Aus dem Gebirge wurden im vorigen Monat nur 26 Kisten Leinwand, deren Werth zur Summe von 10230 r. angegeben wird, theils in andere Provinzen [49v] Euer Majestät, theils in das Ausland auf der Oder verschifft. Künftig werden Euer Majestät wir auch die Quantitaet der durch Landtransport ausgeführten Leinwanden anzuzeigen nicht verfehlen, indem wir die Veranstaltung getroffen haben, daß uns darüber forthin monatlich so zuverlässige Nachrichten zukommen, als dies bei dem Umstande möglich ist, daß ein Theil der per Axe aus den Städten geführten Leinwanden in der Provinz selbst bleibt. In Ansehung der Tuch-Negotii müssen wir uns lediglich auf unsern Zeitungs-Bericht für den Monath Juny c. allerdevotest beziehen, nach welchem dasselbe durch das in Rußland ergangene Verbot der Einfuhr fremder Tücher in sehr grosse Stokung gerathen ist.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im letzt verflossenen Monat waren:
ausser denjenigen, welche Euer Majestät aus den allersubmissest beigeschlossenen Nummern 10 bis 14 unseres Amtsblattes zu entnehmen geruhen wollen,
die Verfügungen an die Creis Landräthe zu Gestellung der von verschiedenen Truppen-Abtheilungen begehrten Cantonisten,
die fortgesetzten kommissarischen Arbeiten wegen Veranschlagung, Veräusserung oder [50r] Verpachtung der Kloster-Güther,
die Anordnungen zu Verhütung des weitern Umsichgreifens der in einem Liegnitzschen Creis-Dorfe ausgebrochenen rothen Ruhr.
Unter der Rubrick
dringende Reformen und Verbesserungen in der Administration
haben wir für jetzt nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]