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Zeitungsbericht für Februar 1810

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16500, Bl. 8r-11r, Anlagen Bl. 12r-16r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 13. März 1810.

 

 

[8r] Liegnitz den 5ten Mart: 1810.

 

Die Regierung erstattet den Zeitungs-Bericht von ihrem Verwaltungs-Bezirk für den Monat Februar c.

 

Ewr. König. Majestät verfehlen wir nicht den uns obliegenden Haupt-Zeitungs-Bericht von unserm Administrations-Bezirk für den Monat Februar c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst zu erstatten.

 

Vom 1ten bis zum 15ten des gedachten Monats war die

 

Witterung

 

fast ununterbrochen heiter, dann aber bis zum 28ten sehr veränderlich. Der Wind blies gewöhnlich aus Süden oder Westen; nur am 1ten und 2ten herrschte Nordwest- am 16ten früh Ost- am 17ten und 21ten Nordwind. Den 16ten 20ten 21ten und 22ten fiel Schnee, am 25ten und 27ten hingegen Regen, und am 26ten fand bei Sturm-Wetter Schnee-Gestöber statt. Der höchste Stand des Reaumurschen Thermometers war oftmals 0 über, und der niedrigste am 2ten früh 12 Grad unter dem Gefrierpunkt.

 

Die Wintersaaten, denen die starke Schneedekke zur Zeit des strengen Frostes gute Dienste geleistet, berechtigen zur Hoffnung einer reichlichen Erndte.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Welche Preise das Getraide in dem abgewichenen Monat auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wird in der unter dem Buchstaben A beigeschlossenen balancirten Designation pflichtschuldigst nachgewiesen.

 

Die Beilage sub litt: B verzeichnet die Quantitaet des im Februar c. ein- und ausgeführten Getraides und Gemüses. Der Berliner Scheffel Kartoffeln gilt nach Beschaffenheit ihrer Güte 9 bis 13 gg. Münze.

 

Aus der Nachweisung sub litt: C wollen Ewr. König. Majestät die Summen und Preise der eingeführten Colonial- und an-[8v]-dern ausländischen Waaren zu entnehmen geruhen.

 

Von diesen Waaren sind, weil einige Zufuhr statt gefunden, der Coffée und die Heringe um 10 pro Cent, und das Blauholz um 15 pro Cent im Preise gefallen, das Gelbholz hingegen um 2 pro Cent gestiegen.

 

Die Preise der Weine haben sich nicht verändert.

 

Unter der Rubrick

 

Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel

 

bemerken wir allerunterhänigst, daß das Agio vom Courant-Gelde steigt, vom Golde hingegen sinket.

 

Der Gesundheits-Zustand

 

der Menschen ist gegenwärtig nicht der beste. Ausser Krämpfen und Geschwulsten sind Typhus-Fieber, Hals- und Augen-Entzündungen sehr gewöhnlich.

 

Von Krankheiten unter dem Vieh schweigen die uns zugekommenen S[p]ezial-Zeitungs-Berichte.

 

Unglüks-Fälle.

 

Der Lehrling des Färbers Meyer in Greifenberg ist bei Friedeberg am Queis im Schnee, und ein unbekannter Mensch in einer Scheuer bei Bunzlau erfroren gefunden worden.

 

Am 7ten v. M. wurde der Jäger Nietzig aus Glumbowitz, Wohlauschen Kreises, von dem herrschaftlichen Koch daselbst auf der Jagd aus Unvorsichtigkeit erschossen.

 

Der Bauer Selge zu Mittel-Seiffersdorff, Freystaedtschen Creises, schlug im Zustande der Trunkenheit seinen Hausmann, Namens Krause, mit dem Klotz eines Spinnrokkens dergestalt auf den Kopf, daß derselbe am folgenden Tage sterben musste.

 

Am 4ten v. M. hat zu Klieschau, Steinau-Raudtenschen Creises, sich den seltenen Fall ereignet, daß ein eilfjährigers Mädchen aus Schwermuth sich durch den Strik ums Leben gebracht hat.

 

Am 15ten v. M. kam durch unbekannte Veranlaßung unter [9r] dem Dache der Wohnung des Erbscholzen Jaenisch zu Woischau, Glogauschen Creises, Nachmittags in der 2ten Stunde Feuer aus, welches die Wohnung des Damnificaten mit allen darin vorhandenen Sachen, seine Scheuer mit Getraide und Stroh, imgleichen die Stall-Gebäude seines Nachbars, des Bauers Kliche, verzehrte. Der Schaden, den die Verunglükkten dadurch erlitten haben, wird auf 1270 r. angeschlagen.

 

Eben so brandte am 23ten v. M. die Gehöfte der Bauern Machny und Zecke zu Nostwitz, gleichfalls im Glogauschen Creise, bis auf die Scheuern ab. Die Untersuchung über die Entstehungs-Ursache dieses Unglüks war zur Zeit des von dem Kreis-Landrath erstatteten Special-Zeitungs-Berichtes noch nicht abgehalten, und wir vermögen daher den Ursprung des erstern so wenig, als den Betrag des Verlusts der Abgebrandten anzuzeigen.

 

Durch eine bei dem Kutschner Guerath zu Pirnig, Grünbergschen Creises, ausgebrochene Feuersbrunst ist dessen Wohngebäude und Stallung in die Asche gelegt worden. Dem nähern Bericht des Creis-Landraths über die Art, wie dieses traurige Ereigniß herbeigeführt worden, sehen wir ebenfalls noch entgegen.

 

Auch ist zu Gr: Glogau in dem Arbeits-Zimmer des Justitz-Commissarii Sattig, der Vermuthung nach durch ein Licht, welches man auszulöschen vergessen, eine Menge wichtiger Acten in Brand gerathen, und viele derselben sind dadurch ganz vernichtet worden. Von dieser Begebenheit hat der Magistrat an das dortige Ober-Landes Gericht Behufs der zu veranlassenden Untersuchung Anzeige erstattet.

 

Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute.

 

In der Stadt Bunzlau ist um mehreren armen Personen daselbst Beschäftigung und Gelegenheit zum BrodErwerbe zu verschaffen, in dem ehemaligen Lazareth unter der Aufsicht des Magistrats und Anleitung des mit Fabriquen-Kenntnissen ausgerüsteten Stadt-Secretaire Wagner eine Wollspinnschule errichtet worden, welche gegenwärtig bereits 21 Personen auf 9 holländischen und 12 deutschen Spinn-Rädern beschäftiget, und es ist zu hoffen, daß diese Anstalt auch den dasigen Tuchmachern und Strikern bedeutenden Nutzen schaffen werde.

 

Nicht minder wird in der Stadt Schmiedeberg für die Verbeßerung des Armenwesens viel gethan, wobei der Kaufmann Weber und der Commercien-Rath Waldkirch sich ganz vorzüglich auszeichnen.

 

Auch in Gr: Glogau ist durch die rühmliche und unermüdete Bemühungen des Bürgermeisters, Commissions-Rath Schreiber ein Verpflegungs-Institut für arme Kinder etablirt worden. In demselben befinden sich bereits 130 grösstentheils Soldatenkinder des vordem daselbst in Garnison gestandenen Regiments, welche in den SchulAnstalten unterrichtet, ausser den Schulstunden aber mit Flachs- Werg- Wolle- Spinnen und Feder-Schleifen beschäftigt werden.

 

Summarische Nachweisung der Zuflüsse in die König. Cassen.

 

Die Einnahme für den Monat Februar c. hat bei der Regierungs-Haupt-Casse sich belaufen auf             100,032 r. 15 g. 1 1/5 p.

 

Die Einnahme-Reste betragen ---------- 71,391 ..... 3 . 5.

 

Ausgegeben sind --------------------- 102876 .... 18 - [5] 3/5.

 

An Ueberschüssen zu den Staats-Cassen sind abgeführt worden,
 

a) aus den laufenden Gefällen               89,510 r....11 g. - .

 

b) aus der Dom: Resten-Casse von ein-
gegangenen Nachzahlungen .................. 2569 ---- 6 -

 

Unter der Rubrik von

 

Militair Sachen

 

haben wir blos allerunterthänigst anzuzeigen, daß gegen [10r] das Betragen der grösstentheils aus Sachsen bestehenden fremden Truppen in Glogau nichts zu erinnern ist.

 

Grenz-Sachen.

 

Die Rindviehseuche im Herzogthum Warschau hat schon seit einiger Zeit gänzlich aufgehört, und wir haben daher, nachdem uns hierüber von sämmtlichen Grenz-Landräthen einstimmiger Vortrag erstattet worden war, mit Genehmigung des Ober-Praesidii von Schlesien wegen Aufhebung der bisher bestandenen Grenzsperre unter dem 3ten hujus das Erforderliche verfügt.

 

Die Pohlen sollen mit ihrer jetzigen Verfaßung im höchsten Grad unzufrieden seyn, und der einsichtsvollere Theil sich in seine vorigen Verhältnisse zurük wünschen.

 

Die Garnison in der benachbarten sächsischen Grenzstadt Sorau ist zwar noch nicht auf den Friedensfuß gesetzt, hat aber bereits die Urlauber entlaßen, und es ist dort so wie beim sächsischen Militair alles ruhig.

 

1800 Mann pohlnische Cavallerie, welche zur Zeit der Operationen der Oesterreichischen Truppen und des Braunschweigschen Corps in den Cottbuser Creis beordert worden waren, stehen noch gegenwärtig in demselben, und werden auch bis zum Eintritt des Frühjahrs darin verbleiben.

 

In Böhmen und in der Ober-Lausitz findet ein lebhafter Betrieb der Tuch-Fabrication statt, und der Wiener Centner Wolle soll deshalb in Reichenberg bereits mit 92 bis 110 r. nach preuß: Courant gerechnet, bezahlt werden.

 

Ausser der erfolgten Ernennung des Krieges- und Steuerraths Wachler in Wohlau zum Rendanten Ewr. König. Majestaet hiesiger Regierungs-Haupt-Casse sind uns keine

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden

 

bekannt.

 

Commercium.

 

In dem abgewichenen vierwöchentlichen Zeitraum ist die Ausfuhr von Leinen-Waaren sehr unbedeutend gewesen. Inzwischen tritt jedes Jahr in dem Februar Monat der grösste Stillstand aller Geschäfte in Beziehung auf das Ausland ein, [10v] wovon die durch den Frost bewirkte Hemmung der Exportation zur See der Grund ist.

 

Für die erste Bleiche ist der Einkauf der leinen Waaren sehr lebhaft betrieben worden. Niedrige Waare wurde theuer bezahlt. Aber die Weber klagen über so hohe Preise der Garne, so wie die Spinner über die Theurung des Flachses und über Mangel an diesem Produkt.

 

Die Tuch-Fabrication wird zwar in unserm Departement noch lebhaft fortgesezt. Da aber in einigen Städten schon Mangel an Wolle ist, so stehet zu befürchten, daß mehrere Fabricanten bis zur nächsten Wollschur ausser Thätigkeit kommen dürften, wenn die Wollzufuhr aus Pohlen ausbleiben sollte. Und auf diese darf jezt nicht sichere Rechnung gemacht werden, da pohlnische Wolle bereits in grossen Quantitaeten auf der Commercial-Strasse nach Sachsen gegangen ist.

 

Im Monat Februar c. sind bei den Zoll-Aemtern in unserem Verwaltungs-Bezirk 44 Stein 17 35/37 lb. Wolle Berliner Gewicht, und 30 Stük unbewolltes Schaafvieh in Ausfuhr verzollt worden.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im abgewichenen Monat waren:

 

Die Organisation der hiesigen Regierung nach den in der neuen Geschäfts-Instruction vorgeschriebenen Formen, welcher zur Folge die erste Sitzung des Reni unsers Collegii den 14ten v. M. statt gefunden hat.

 

Die Berathschlagung über die Frage,

 

ob die projectirte Einführung einer Einkommen-Steuer in Schlesien nöthig und räthlich sei?

 

und wie dieselbe, falls für deren Einführung beschlossen werden sollte, den Local-Verhältnissen am angemessensten einzurichten sei.

 

Veranstaltungen zu Beförderung der öffentlichen Sicherheit, bei einer gehaltenen Landes-Visitation.

 

[11r] Fortschreitende Ablösung der Dienste in den zur Veräußerung gestellten Domainen-Aemter.

 

Die Runkel-Rüben-Zukker-Fabrications-Angelegenheit.

 

Die Berathschlagung über Einführung

 

mehrerer Freiheit für Apotheker-Etablissements.

 

Die Aufhebung der Grenzsperre gegen das Herzogthum Warschau.

 

Die Verbesserung der Vieh-Assecuranz-Societaeten.

 

Die Unterstützung brodloser vormals südpreußischer Officianten,

 

Schulen-Sachen, besonders die Verbeßerung der Militair-Schulen zu Liegnitz und Jauer, und deren Verbindung mit den Bürger-Schulen.

 

Unter der Rubrick von

 

dringenden Reformen und Verbesserungen in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]