2 Liegnitz, 6. März 1815
Zeitungsbericht für Februar 1815
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16505, Bl. 13r-15v, Anlagen 16r-19r. Referent Erdmannsdorff.
[13r] Liegnitz den 6ten März 1815.
Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs Departement für den Monat Februar c.
Ewr: Majestät verhehlen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Administration für den Monat Februar in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst zu erstatten:
Witterung.
In der ersten Hälfte des Monats fand mäßiges Frostwetter statt. Nur in den Mittagsstunden stieg das Réaumurschen Thermometer einige Grade über den Eispunkt. Aber in der zweiten Hälfte zeigte die Witterung einen mildern Charakter, jedoch nicht anhaltend, indem oft plötzlich wieder Frostwetter, obwohl nur auf kurze Zeit, eintrat. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz am 26ten Mittags 13 Grad über Null, und der tiefste den 5ten früh, 6 Grad unter Null. Der Wind kam in den ersten 14 Tagen des Monats meistens aus Süden und Südosten, nach deren Vorlauf aber fast ununterbrochen aus Westen. Nur einmal blies derselbe aus Norden, und einmal aus Osten.
Die Winter-Saat-Felder sind mit schönem hoffnungsvollem Grün geschmückt. Möge die Aussicht auf eine ergiebige Erndte nicht durch strenge Nachtfröste getrübt werden.
Preise der Consumtibilien.
Welche Preise das Getreide im verfloßenen Monat auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wollen Ewr: Majestät aus der allerdevotest unter Lit: A beigefloßenen Designation huldreich zu entnehmen geruhen. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 12 bis 15 g. Münz-Courant.
Der
[13v] Cours der Münzsorten, Staats- und Communal-Papiere, sowie der kaufmännischen Wechsel
hob sich fortwährend. Die Tresorscheine stiegen von 87 auf 91 Procent, von den schlesischen Pfandbriefen aber die großen auf 98 1/2 und die kleinen auf 101 Procent.
Die
Krankheiten
welche unter den Menschen herrschend waren, bestanden in rheumatischen und katarrhalischen Zufällen sowie in angustiösen Fiebern. Bei Kindern zeigten sich in mehrern Gegenden des Departements der Croup, das Scharlachfieber, und die Masern, welche beide leztere Krankheiten jedoch nicht epidemisch wurden. Den an mehreren Orten ausgebrochenen natürlichen Blattern ward durch Zwangs-Impfungen mit so gutem Erfolge entgegen gearbeitet, daß sie jetzt als ausgerottet betrachtet werden können.
Unter dem Vieh herrschen keine Seuchen. Im Wohlauschen Creise fallen aber immer noch viel Schaafe an einer Krankheit, deren Stoff ihnen im Herbst vorigen Jahres durch zu langes Weiden auf sumpfigen Wiesen und Acker-Gründen zugeführt zu seyn scheint.
Unglücks-Fälle.
Der Dienstknecht eines Bauers zu Rauschwitz bei Glogau stürzte mit einem mit zwei Pferden bespannten Wagen in einen Brunnen in dem verwüsteten Stadtdorfe Zerbau, welcher nicht verschüttet, aber überschneiet war. Der Verunglückte ward todt unter den Pferden hervorgezogen.
Die Einwohnerin Marie Striese zu Olsche im Militsch-Trachenbergschen Creise, verlohr ihr Leben auf dem Wege nach dem Dorfe Wilkowe im Schneegestöber.
Zu Tiefhartmannsdorff, Hirschbergschen Crei-[14r]-ses ward der Häusler Klose beim Umwerfen mit dem Schlitten gegen eine Mauer dergestalt geschleudert, daß er auf der Stelle seinen Geist aufgeben mußte.
Der Lehrling des Besitzers der sogenannten Birkwaßer Mühle bei Wohlau beging die Unvorsichtigkeit, zwischen das Getriebe und Kammrad derselben seinen rechten Arm zu stecken, meinend, daß daraus kein Nachtheil ihm entspringen könne, weil die Mühle wegen starken Widerwegs einen schwachen Gang hatte. Aber sein Arm ward sofort verrenkt, und an mehrern Stellen so gebrochen, daß zu Verhütung des Brandes die Ablösung desselben geschehen mußte. Zur Wiedergenesung des Verunglückten ist Hofnung vorhanden.
Am 17ten v. M. wurde der Bauer Mey aus Bertelsdorff, Loewenberg-Bunzlauschen Creises, im Queis-Fluße todt gefunden. Man vermuthet, daß dieser Mann auf dem Rückwege von Goerlitz in der Dunkelheit der Nacht durch Verfehlung der Brücke in jenen Fluß geraten sei.
Zwei Söhne des Brandweinbrenners Eitner zu Glogau, Knaben von 15 und 12 Jahren, ertranken beim Schlittschuhlaufen in der Oder. Sie hatten die mehrmalige Warnung von Schiffern, nicht auf das schwache Eis an den Seiten des Strohmes zu gehen, unbeachtet gelaßen.
Zwei Personen griffen aus Schwermuth durch Selbstmord dem Verhängniß vor.
Am 18ten v. M. verlohr die Wittwe Liebich zu Seifersdorff, im Hirschbergschen Creise, ihr Wohnhaus durch eine Feuersbrunst, deren Entstehungs-Ursache zur Zeit noch unbekannt ist.
Lobenswürdige Handlung.
Am 17ten v. Monats ritt der Gerichtsscholz aus Prausnitz, Jauerschen Creises, auf seiner Rückreise von Loe-[14v]-wenberg, in Leisersdorff durch die sogenannte schnelle Deichsel, welche angeschwollen war, und viel Treib-Eis hatte. Sein Pferd ward von den Eisschollen niedergedrückt, und Strohmabwärts getrieben. Als der Freigärtner und Garnsammler Friedrich Gottlieb Kummer zu Leisersdorff dies bemerkte, zog er zugleich den Prausnitzer Gerichtsscholzen mit eigener Lebens-Gefahr aus dem Fluß heraus, und erwarb sich dadurch das Verdienst, denselben gerettet zu haben.
In dem Monat Februar sind in dem Liegnitzschen Regierungs-Bezirk
Polizei-Institute
weder entstanden, noch eingegangen.
Den Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse in gedachtem Monat
stellt diejenige Designation dar, welche Ewr: Majestät wir in dem Beischluß unter Lit: B allersubmissest überreichen.
Grenzsachen.
Das Verbot der Getreide-Ausfuhr besteht im Herzogthum Warschau immer noch, und wird durch einen kaiserlich rußischen Civil-Beamten, der in Fraustadt wohnt, streng gehandhabt.
In derselben Provinz werden die Einwohner durch die lange dauernde rußische Einquartierung fast zu Boden gedrückt. Denn wenn auch in die Magazine geliefert wird, so bekommen sie doch aus denselben keine Vergütigung, sondern müßen die ihnen zugewiesene Mannschaft und Pferde aus eigenen Mitteln verpflegen, welches um so lästiger wird, da die Rußen sich nach Willkühr einquartieren.
[15r] Handels-Gegenstände.
Die in unserm allergehorsamsten Zeitungs-Bericht für den Monat Januar c. angezeigte augenblickliche Stockung im Tuchhandel, findet noch gegenwärtig statt. Die Preise der Tücher sind so erniedriget, daß die Tuch-Negotianten, um nur einige Geschäfte zu machen, und Geld zum Unterhalt der Fabrikanten zu lösen, ihre Waaren unter dem Einkaufs-Preise verlaßen müßen.
Der Leinwandhandel der schlesischen Gebirgs-Städte innerhalb der Staaten Ewr: Majestät, ist noch nicht sehr beträchtlich. Dagegen kommt der Leinenhandel nach dem Auslande und über See, in einen für die Zukunft Hoffnungen erweckenden Gang.
Man darf aber auch erwarten, daß nach der Rückkehr Groß-Polens unter preußische Hoheit und der daran geknüpften vortheilhaften Grenz-Arrondirung das Handels-Verkehr überhaupt, besonders aber der einländische Leinwand- und Schleier-Handel sich erheben werde.
Von Greiffenberg sind im Monat Februar c. wiederum für wenigstens 30,000 rttttr: Leinenwaaren in das Ausland versendet worden.
Die Quantitaet der in demselben Monat bei den Zoll-Aemtern zu Schmiedeberg, Hirschberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinenwaaren, wollen Ewr: Majestät aus der unter Litt: C beigeschloßenen Designation allergnädigst zu entnehmen geruhen.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement
haben sich nicht ereignet.
[15v] Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im vergangenen Monat waren:
außer denjenigen, welche die allerunterthänigst beigefügten Nummern 6-9 des 5ten Jahrganges unsers Amtsblatts, enthalten.
1.) eine, Ewr: Majestät Finanz-Ministerio vorgelegte vollständige Darstellung des Zustandes der Gewerbe und des Handels am Schluße des verfloßenen Jahres,
2.) die verbeßerte Einrichtung der Provinzial-Waisen-Anstalt in Bunzlau,
3.) die Vorsorge für zweckmäßige Verwendung der verschiedenen Unterstützungen, mit welchen Ewr: Majestät Landesväterliche Milde und allerhöchst Dero Staats-Ministerien den durch den leztern Krieg besonders beschädigten GrundEigenthümern in dem hiesigen Regierungs-Departement zu Hülfe gekommen,
4.) eben diese Vorsorge in Hinsicht der von der Grosmuth der englischen Nation zur Unterstützung der Kriegs-Verunglückten aus allen Ständen gespendeten milden Beiträgen.
Unter der Rubrique
dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]