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Zeitungsbericht für August 1815

 

GStA PK I.HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett,jüngere Periode, Nr. 16505, Bl. 57r-60r, Anlagen Bl. 61r-64r. Referent Kieckhoefer.

 

 

[57r] Liegnitz den 5ten Septbr: 1815.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat August c.

 

 

Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungsbericht von dem Departement unserer Verwaltung für den Monat August d. J. in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen:

 

Witterung.

 

Der Wind blies gewöhnlich aus Westen. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 5ten, 11ten, 24ten 27ten und 28ten Mittags 18 Grad und der niedrigste vom 22ten früh 7 Grad über dem Eispunkte. Fast den ganzen Monat hindurch fiel häufig Regen. Aber es trat auch endlich eine angenehme Sommerwärme ein, die jedoch leider! nur zum Theil wohlthätig wirkte, indem sie viele Gewitter und Regengüße erzeugte, welche nicht nur der Erndte ungemein hinderlich waren, sondern auch das Erwachsen des Getraides vorzüglich des Weitzens, auf den Feldern herbeiführten, und den Ertrag, worauf man rechnete, hier und da sehr verringert hat.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonathlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vorzüglichen Städte im hiesigen Departement, und das Verhältniß dieser Preise zu den in Böhmen und in den benachbarten Herzogthümern Sachsen und Posen bestandenen, werden in der unter dem Buchstaben A. ehrerbietigst beigeschloßenen Designation pflichtschuldigst nachgewiesen.

 

Der Berliner Scheffel Kartoffeln ward mit 8 bis 16 gg. Courant Münze bezahlt.

 

[57v] Cours der Münz-Sorten, Staats- und Communal-Papiere, so wie der kaufmännischen Wechsel,

 

hat sich gegen den im Monat July c. wiederum etwas gehoben. Die Tresorscheine hatten den Werth von 94 pro Cent, und von den Schlesischen Pfandbriefen galten die großen 99 proCent, die kleinen hingegen al pari.

 

Gesundheits-Zustand der Einwohner[.]

 

Außer den Krankheits-Formen des Monats July c. kamen im letztverfloßenen gastrische Uebel häufiger vor als sonst. Auch zeigten sich hin und wieder rheumatische Fieber von inflammatarischem Charakter. Bei Kindern blieb der Keuchhusten immer noch das herrschende Leiden der Respirations-Organe. Im Einzelnen kamen an verschiedenen Orten der Typhus und die natürlichen Menschenblattern zum Ausbruch. Doch war der weitern Verbreitung des letztern Uebels durch schnelle Anwendung der Schutz-Pocken-Impfung Einhalt gethan.

 

Unter dem Rindvieh hat sich in einigen Gegenden des Departements der Milzbrand gezeigt, und in drei Dörfer des Militsch-Trachenbergschen Kreises sind aus dem Groß-Herzogthum Posen die Blattern der Schaafe eingeschleppt worden, welche Krankheit aber auf die angeordnete Blattern-Impfung hoffentlich bald weichen wird.

 

Unglücksfälle.

 

Zu Drentkau, Grünbergschen Kreises, fiel die vierjährige Tochter des dasigen Kutschners Ulm in der herrschaftlichen Brandweinbrennerei in den Behälter des kochenden Brandwein-Gespühls, und sie ward so sehr beschädigt, daß sie am folgenden Tage sterben mußte.

 

Der Einwohner Theuner zu Hyndorff, Hirschberg-[58r]-schen Kreises, gerieth zur Abendzeit in der Dunkelheit in den dortigen Mühlgraben und ertrank.

 

Bei Lähn stürzte der Sohn des Dreschgärtners Schindler aus Kleppelsdorff von der Brücke in den stark angeschwollenen Boberfluß. Er soll noch wiedergefunden werden.

 

Zu Seiffrodau, Wohlauschen Kreises, verunglükte ein Mädchen von 11 Jahren in einem Brunnen, aus welchem daßelbe mit zwei Krügen Waßer schöpfen wollte.

 

In dem Dorfe Guhlau bei Guhrau verlor ein Kind durch den Fall aus der Wiege sein Leben.

 

Der Ackerbürger Brauer in Guhrau stürzte beim Einaltern des Getraides von den über der Scheuer-Tenne befindlichen Stangen auf diese Tenne herab, und zerschlug sich den Kopf dergestalt, daß er einige Stunden nachher seinen Geist aufgeben mußte. Er war ein arbeitsamer und Ordnung liebender Mann.

 

Vier Personen gaben sich aus Schwermuth selbst den Tod.

 

Im Wohlauschen Kreise wurde zu Tscheschenheyde eine Freigartner-Stelle, und in Waldvorwerg eine solche Nahrung durch Wetterstrahlen eingeäschert.

 

Auf gleiche Art ward das Gehöft des Gärtners Hauchstein zu Hartau, Hirschbergschen Kreises vernichtet.

 

Zu Kachelberg, Luebenschen Kreises, ging die herrschaftliche Brauerei, und in Neubarnitz, Militsch-Trachenbergschen Kreises, die Stelle des Freigärtners Kozerke in Rauch auf.

 

[58v] Eben so brandten die Scheuer- und Stall-Gebäude des Waßer-Müllers Kallert zu Giersdorff, im Goldberg-Haynauschen Kreise, nieder.

 

Die Entstehungs-Ursachen dieser drei letzten Brände haben nicht mit Zuverläßigkeit ausgemittelt werden können.

 

In der Nacht vom 23ten zum 24ten July c. brach bei dem Gerichtsscholzen und Kretschmer Heilmann zu Rosenthal im Loewenberg-Bunzlauschen Kreise, durch unbekannte Veranlaßung ein Feuer aus, welches beim Mangel an Waßer nicht nur das Geschäft des Heilmann, sondern auch 11 Bauerhöfe und 24 Häusler-Stellen, imgleichen das Schulhaus verzehrte. Die Damnificaten werden durch Einsammlung milder Beiträge möglichst unterstützt.

 

Patriotische Handlung.

 

Ein uns nicht nahmhaft gemachter Insaße des Wohlauschen Kreises hat dem Landrath dieses Bezirks einen Brillant-Ring mit dem Ersuchen zugestellt, denselben zu versilbern und die Loosung zur Unterstützung von Vaterlands-Vertheidigern, welche in dem letzten Kriege gegen Frankreich invalide geworden, zu verwenden.

 

Von der Gräfin von Kospoth gebohrnen Gräfin von Reichenbach Goschütz auf Halbau, im Herzogthum Sachsen, ist am Huldigungsfeste an ihre dasigen Unterthanen diejenige würdige Rede gehalten worden, welche Euer Majestät wir hierneben allerdevotest überreichen.

 

Auch in dem Monat August c. sind in dem Liegnitzschen Regierungs-Bezirk

 

Polizei-Institute

 

[59r] weder entstanden noch eingegangen. Der

 

Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse im Monat July c.

 

ist in der allerunterthänigst beigefügten Designation sub Litt: B. dargestellt.

 

Grenz-Sachen.

 

Seit 14 Tagen sind alle Dörfer des Hirschbergschen Kreises an der Grenze von Böhmen mit jungen Männern aus diesem Lande, die sich der Werbung entzogen haben, angefüllt. Sie haben dem Landmann Dienste geleistet bei Einbringung der Erndte.

 

In demselben Königreiche ist die Ausfuhr der Pferde, des Schlachtviehes, Salpeters und Schießpulvers von Neuem streng verboten worden.

 

Für die Rubrick von

 

Militair-Sachen

 

liegen uns keine intereßante Materialien vor.

 

Handels-Gegenstände.

 

Die Ausfuhr von Leinen-Waaren aus den Städten Hirschberg und Schmiedeberg nach Hamburg, Italien und Pohlen war im Monat August wiederum bedeutend.

 

Die Quantitaet der in gedachtem Monat bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Exportation declarirten Waaren wollen Euer Majestät aus der mit dem Buchstaben C. bezeichneten Beilage zu entnehmen geruhen.

 

Die erfolgte Aufhebung des hohen Eingangs-Zoll-[59v]-Imposts auf schlesische wollene Tücher im Großherzogthum Posen zeigt bereits wohlthätigen Einfluß auf den Absatz solcher Tücher. Schon haben mehrere jenseitige Kaufleute in hiesiger Provinz beträchtliche Tuch-Einkäufe gemacht.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departements haben sich nicht ereignet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im vorigen Monat waren

 

1.) die Anstalten zur Unterbringung und Verpflegung der Kais: Ruß: Truppen unter dem Befehl des Generals Grafen von Wittgenstein, welche zum Theil vom 5ten bis 25ten August c. in den Kreisen Guhrau, Sprottau, Freystadt und Sagan kantonnirt haben, und der nach Pohlen zurükkehrenden Truppen unter Commando des Herrn Prinzen Eugen von Würtemberg.

 

2) Die Fürsorge, daß den im hiesigen Regierung-Bezirk sich aufhaltenden Invaliden aus den Kriegs-Jahren 1813/14 und den Wittwen der in selbigen gefallenen Vaterlands-Vertheidiger diejenigen 6000 r. ausgezahlt werden, welche das vierte Departement Euer Majestät Kriegs-Ministerii aus den in der Monarchie durch milde Beiträge aufgekommenen Geldern zu ihrer Unterstützung überwiesen hat.

 

Außer diesen Objecten sind Vorwurf unserer Beschäftigung die in den allerunterthä-[60r]-nigst beigelegten Nummern 31 bis 34 des 5ten Jahrgangs unsers Amtsblatts gewesen.

 

Unter der Rubrik

 

von dringenden Reformen und Verbesserungen in der Administration haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz

 

[gez.]