10 Liegnitz, 5. November 1811
Zeitungsbericht für Oktober 1811
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16501, Bl. 69r-72v, Anlagen Bl. 73r-75r. 3 geheftete und 2 lose Bogen. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 15. November 1811.
[69r] Liegnitz den 5ten November 1811.
Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat October c.
Euer Majestät säumen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Verwaltung für den Monat October c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst zu erstatten:
Die
Witterung
war im Ganzen mild und fruchtbar. Regen fiel einige Mal. Der Wind kam aus Westen, Südwesten und Nordwesten. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermomethers war in der Gegend von Liegnitz den 17ten, 19ten und 24ten Mittags 16 1/2 Grad, und der niedrigste den 27ten früh 3 Grad über dem Frostpunkt. Die Wintersaat-Felder prangen mit einem schönen hoffnungsvollen Grün. Viele Landwirthe, welche die Saat sehr früh bestellt haben, befürchten das Ueberwachsen derselben.
Preise der Consumtibilien.
Welche Preise im verfloßenen Monat das Getraide auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wollen Euer Majestät aus der unter dem Buchstaben A beigeschloßenen balancirten Designation huldreich zu entnehmen geruhen. In der Anlage sub lit: B wird die Quantitaet des im Monat Septbr: c. ein- und ausgegangenen [69v] Getraides und Gemüses designirt.
Der Berliner Scheffel Kartoffeln gilt gegenwärtig 8 bis 22 gg. Real-Münze.
Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.
Das Agio von den Friedrichs d'or hat sich nicht geändert. Dagegen ist das Courant-Geld noch theurer geworden.
Von den Schlesischen Pfandbriefen stehen die großen 70 und die kleinen 75 pro Cent.
Der
Gesundheits-Zustand
der Menschen war im abgewichenen Monate nicht der beste. Von Fiebern, Katarrhal-Zufällen und Krämpfen wurden Viele heimgesucht. Auch zeigte hin und wieder sich das Scharlach-Fieber, jedoch nicht mit bösartigem Charakter.
In den Dörfern Rausse, Ueberschau und Prinkendorff Liegnitzschen, so wie zu Dittersbach, Luebenschen, und in dem Dorfe Klopschen, Glogauschen Creises, ist leider! die Rintviehpest, und fast zu gleicher Zeit, ausgebrochen. Von den Kreis-Physickern und den betreffenden Polizei-Beamten wird gegen dieses furchtbare Uebel mit pflichtmäßiger Anstrengung gekämpft. Auch ist dasselbe zu Rausse und Ueberschau schon als besiegt angesehen. So viel man deßen Spur bisher nachgehen können, hat sich hervorgethan, daß solches durch einzelne Stükke podolisches Vieh, welche Einsassen des hiesigen Regierungs-Bezirks in der Mitte des Monats Septbr. c. von dem Brieger Markte erhalten, so wie durch den Durchtrieb der auf demselben erkauften Heerden eingeschlept worden. Wir haben daher diejenigen strengen polizeilichen Maaßnehmungen, welche im [70r] im vorigen Jahre wegen der Rindviehpest statt fanden, iezt wieder auf so lange, als die Einschleppungs-Gefahr es fordern möchte, eintreten laßen.
Unglücks-Fälle.
In Mühlbock, Schwiebusschen Creises, ertrank der Häusler Schulz beim Rohrschneiden.
Auf gleiche Art fand der 6jährige Sohn des Kirchwächters Scholz zu Freystadt in einem Waßer-Behälter den Tod.
Am 18ten v. Mts. wurde der Bretthändler Furchner aus Nieder Glaesersdorff, Glogauschen Creises, in Kuchelberg, Luebenschen Creises, beim Umsturz seines Wagens, der mit Brettern beladen war, von demselben erschlagen.
In Trachenberg wurde ein achtjähriger Knabe von der Scheibe in einer Tretmühle, an welche er sich in dem Augenblick, wo letztere zu gehen anfing, gehangen hatte, dergestalt gequetscht, daß er wahrscheinlich ietzt bereits gestorben ist. Ob dieses Unglük nicht vielleicht durch gehörige Aufmerksamkeit der in der Mühle mit jenem Knaben zugleich sich befundenen erwachsenen Personen hätte verhütet werden können, wird ietzt untersucht.
Auf dem Vorwerke Schleschwitz, Wohlauschen Kreises, wurde durch die Schuld der Großmagd das Gesindehaus eingeäschert. Die Criminal-Untersuchung gegen die Inculpatin ist bereits eingeleitet.
In dem Loewenbergschen Creise verlohren der Bauer Siewald zu Plagwitz und der Häusler Engmann zu Vogelsdorff ihre Gehöfte durch Feuersbrünste, deren Entstehungs-Ursachen nicht auszumitteln gewesen.
In dem Hause des Freygärtners Riethig zu Jeschkendorff, Liegnitzschen Creises, kam zur Nachtzeit durch Vernachläßigung der Asche auf dem Küchenheerde Feuer aus, [70v] welches nicht nur die Riethigsche Stelle, sondern auch das Gehöft des benachbarten Schmidts Lachmann vernichtete.
Zu Dittersbach, Luebenschen Creises, gerieth das herrschaftliche Brauhaus durch Entzündung der hölzernen Malz-Dürrhorden in Brand, und es wurde selbiges nebst allen zum dasigen Kretscham gehörig gewesenen Gebäuden ein Raub der Flammen.
In der Scheuer des Bauers Pinckwarth zu Kosel, Glogauschen Creises, brach ein, höchstwahrscheinlich durch mordbrennerische Bosheit gestiftetes Feuer aus, welches so schnell um sich griff, daß ausser diesem Gebäude bald auch die Scheuer des Bauers Riediger und die Gehöfte des Bauers Nerlich und Freigärtners Goldbach niederbrandten. Der hierdurch verursachte Schaden wird von dem Creis-Landrath auf 3081 r. Real-Münze berechnet.
Am 21ten v. Mts. wurde die Ehegenoßin des Strumpfstrikkers Krause zu Klitschdorff, Loewenbergschen Creises, auf ihrer Reise von Krauschen nach Nieder-Thomaswaldau, beides Dörfer dieses Bezirks, von zwei ihr unbekannten Räubern angefallen, gemißhandelt, und des Geldes, welches sie bei sich hatte, imgleichen ihres Gewerbescheins beraubt.
Für die Rubrik von
Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute
liegen uns keine Materialien vor.
Summarische Nachweisung der Zuflüße in die König. Cassen.
Die Einnahme der Regierungs-Haupt-Casse hat in dem Monat October c. sich belaufen auf 143,419 r. 17 g. 8 2/5 pf.
Ausgegeben sind ..................... 152,135 [r.] 14 - 10 -
An Ueberschüßen zu den Staats Cassen sind aus den laufenden Gefällen abgeführt worden ......... 135,741 [r.] 4 -- 10.
[71r] Unter der Rubrik von
Militair-Sachen
sind uns keine interessante Nachrichten zugekommen.
Grenz-Sachen.
Das Sächsische Militair ist immer noch in einer solchen Lage, daß es auf den ersten Winck ausrükken kann. Die Gründe seiner Zurüstungen aber haben sich zur Zeit noch nicht erforschen laßen. In Folge des schweren Dienstes fallen bei demselben Desertionen häufig vor.
In Polen wird an den großen Militair-Straßen, besonders an denen von Warschau nach Glogau und Posen durch aufgebotene Mannschaften mit größter Thätigkeit gearbeitet.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden,
haben sich im verflossenen Monat in dem uns anvertrauten Departement nicht ereignet.
Handels-Gegenstände.
Die uns zugekommenen Commercial-Berichte sind mit Klagen über die fortdauernde mißliche Lage des Leinwand-Handels angefüllt. Die Waare, welche noch im Lande Absatz findet, besteht in ganz ordinairen Gattungen, theils zum Druk und Färben, theils für den innländischen Meßhandel bestimmt. Der auswärtige Handels-Verkehr beschränkt sich dermalen nur allein auf die Schweiz, wohin noch starke Leinwande zum Druk statt der Kattune gehen. Die Hoffnung unserer Leinwand-Kaufleute, daß die von dem französischen Gouvernement von Neuem ertheilte Licenzen wiederum einiges Leben in den Handel bringen und daß durch den neuen Zolltarif in Hamburg die Preise der bereits daselbst liegenden schlesischen Leinwande gesteigert werden würden, geht nicht in Erfüllung. Von jenen Lizenzen ist nach der Versicherung der kaufmännischen [71v] Correspondenten zu Hamburg, nicht eine einzige genommen; selbst von den früher angebotenen sind noch viele vorräthig, und überdies lauten die zuletzt ertheilten ausschließlich auf Korn, welches aber dort wegen der im Allgemeinen schlechten Erndte bedeutend theurer geworden, so daß von solchen Lizenzen kein Nutzen abzusehen ist. Was den neuen Zoll anbetrift, so veranlaßt derselbe keineswegs ein Steigen, sondern vielmehr noch größeres Sinken der Leinen-Waaren Preise. Denn Niemand hat den Muth mehr, etwas auf Leinwande anzulegen, weil die Nachfragen nach selbigen immer seltener werden. Ein noch seit dem vorigen Jahr in Toennigen liegender Amerikaner hat vor einiger Zeit in Hamburg eine unbedeutende Quantitaet Leinwand gekauft, und sein Geld grösstentheils auf Glas-Waaren angelegt, weil selbst in Amerika wegen der in allen Provinzen Neuspaniens ausgebrochenen Revolution der Leinwandhandel nicht den besten Gang haben soll. Zum Druk wird in Hamburg noch manchmal etwas begehrt. Aber man will die Waare fast umsonst haben, und bei manchem Geldbedürftigen wird auch in der That überaus wohlfeil eingekauft. Eben dieses war der Fall auf der lezten Leipziger Meße, wo der Leinwand-Vertrieb sehr schwach gieng, und in wollenen Tüchern zwar viel Geschäfte, aber von Seiten der Verkäufer deren Angabe nach, mit grossem Verlust gemacht wurden.
Im Monat October c. wurden
bei dem Accise-Amte zu Hirschberg
2745 Schok und Webe Leinwand im Werth von ..... 18404 r. - - -
bei dem Accise-Amte zu Schmiedeberg
966 Schok und Webe Leinwand im Werth von ........ 5968 r. - - -
bei dem Accise-Amte zu Greiffenberg
399 Schok und Webe Leinwand im Werth von ........ 4622 r. zur Land-Ausfuhr angesagt.
[72r] Zur Verschiffung auf der Oder sind nur
5 Kisten declarirt worden, deren Werth zu --------- 1800 r. - - -
angegeben wird.
Unter diesen Kisten sind aus Städten des
Liegnitzschen Regierungs-Departements
2 begriffen à -------------------------------------- 500 r. - - -
der Rest mit 3 Kisten zu 1300 r. - - -
war in dem Breslauschen Departement fabricirt worden.
In dem Monat October 1810 gingen zu Waßer
aus dem Departement Leinwande im Werth .......... 25510 r. - - -
674 Stük Schaafe wurden in Ausfuhr verzollet.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im vergangenen Monat waren
Die Ergreifung von Maaßregeln zur Unterdrükkung der Rindviehpest, und zur Verhütung des Einschleppens dieses Uebels aus dem Herzogthum Warschau auf die im laufenden Monat im hiesigen Regierungs-Departement stattfindenden Vieh-Märkte.
Anordnungen wegen Revision und Verbeßerung der Feuer-Lösch-Anstalten,
Verfügungen wegen alljährlich abzuhaltender Revision des Gesindes in Hinsicht seiner Dienst-Legitimation,
Bildung der neuen Schul-Deputationen in den Städten,
Die Ausführung der Verordnungen in den Gesetzen vom Monat September c. besonders in Rüksicht auf die veränderte Erhebung der directen sowohl, als indirecten Steuern.
Verfügungen zur Aushebung und Ablieferung der von dem Liegnitzschen Regierungs-Bezirk zur Bildung einer Feld-Pionier-Compagnie zu gewährenden Mannschaften.
Außer diesen Gegenständen sind Vorwurf unserer Bear-[72v]-beitung diejenigen Objecte gewesen, welche Euer Majestät aus den allerunterthänigst beigeschlossenen Nummern 23 bis 27 unseres Amts-Blatts zu entnehmen geruhen wollen.
Unter der Rubrik:
dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir für jetzt nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]