12 Liegnitz, 1. Januar 1813
Zeitungsbericht für Dezember 1812
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16502, Bl. 94r-98v, Anlagen Bl. 99r-105r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 7. Januar 1812.
[94r] Liegnitz den 1ten Januar 1813.
Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat December 1812.
Euer Majestät säumen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Verwaltung für den Monat December v. J. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst abzustatten:
Witterung.
Vom 21ten Novbr: bis zum 29ten December v. J. war bei Ost- und Südostwind die Kälte ungewöhnlich streng, besonders in den Tagen vom 12ten bis 25ten des letztgedachten Monats, wo das Réaumursche Thermometer in der Gegend von Liegnitz mehrere Male 17 Grad unter dem Eispunkte zeigte. Ueber denselben stand es nur den 1ten 2ten 3ten 29ten und 30ten, am höchsten den 30ten 2 1/2 Grad über Null. In der ersten Hälfte des Decembers war überaus viel Schnee gefallen, welcher zwar die Wintersaaten gegen die Angriffe des Frostes wohl geschützt, aber auch den Landwirth durch seine lange Dauer in die bei den jetzt statt findenden großen Mangel an Heu zwiefach unangenehmer Nothwendigkeit gesetzt hat, seine Schaafheerden lediglich mit Rauch-[94v]-Futter in den Ställen zu unterhalten. Sehr ist daher zu wünschen, daß das nunmehr eingetretene Thauwetter so lange, bis die Saatfelder vom Schnee befreit sind, bestehen, dann aber durch müßigen Frost der Auftrieb der Schaafe auf dieselbe zuläßig gemacht werden möge.
Preise der Consumtibilien.
Die vormonathlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes werden in der unter lit: A beigeschlossenen balancirten Designation pflichtschuldigst nachgewichen.
Die Anlage unter lit. B verzeichnet die Quantitaet des im November v. J. ein und ausgeführten Getraides. Der Berliner Scheffel Kartoffeln wurde mit 6 bis 16 gg. Münz-Courant bezahlt.
Der
Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel
ist bald steigend, bald fallend.
Nur allein die Schlesischen Pfandbriefe gehen [95r] ohne Unterbrechung höher, und es standen in der Mitte des vorigen Monats die großen schon 69 1/2, die kleinern aber 71 1/2 pro Cent.
Die strenge Kälte im Monat December v. J. blieb nicht ohne nachtheiligen Einfluß auf den
Gesundheits-Zustand
der Menschen. Von katarrhal- und rheumatischen Zufällen, imgleichen von asthenischen Fiebern, welche sonst bei kalter Witterung nicht leicht zum Vorschein kommen, wurden viele heimgesucht. Auch brachten verschiedene Transporte rußischer Kriegs-Gefangener in einige Orte des hiesigen Regierungs-Bezirks typhöse Krankheiten, gegen deren weitere Verbreitung jedoch die kräftigsten Maaßregeln ergriffen worden sind.
Unglüks-Fälle[.]
Ein Einwohner des Departements nahm aus Schwermuth sich das Leben.
Mehrere Personen, besonders wandernde Handwerksburschen, sind im Schnee verfallen und umgekommen.
Zu Herischdorff, im Hirschbergschen Creise, hat eine Dienstmagd in einem Brunnen, wo-[95v]-rein sie beim Wasserschöpfen gestürzt war, den Tod gefunden.
Der 26 Jahr alte Bauer Hammer aus Nieder-Schönfeld, Loewenberg-Bunzlauschen Creises, wurde in der Bunzlauer Heyde beim Fällen eines Baumes von demselben dergestalt getroffen, daß er auf der Stelle seinen Geist aufgeben musste.
Zu Conradswaldau, Hirschbergschen Creises, ertrank der Einwohner Bar aus Pombsen, Jauerschen Creises, in der Dorfbach.
In Klonitz, gleichfalls im Jauerschen Creise, wurde der Lehrbursche des dortigen Windmüllers vom Getriebe des Mühlenrades ergriffen und jämmerlich zerquetscht.
Am 30ten Novbr: v. J. gingen die Wirthschafts-Gebäude der Pfarrthey zu Urschkau, Steinauschen Creises, wahrscheinlich durch Verwahrlosung, in Rauch auf.
Am 3ten Decbr: v. J. wurde das Wohngebäude des Bauers Busch zu Bobile, im Amte Herrnstadt, durch Unvorsichtigkeit des Hausweibes in Feuer gesetzt, und eingeäschert. Gegen die Schuldige ist bereits der Criminal-Prozeß [96r] eröffnet.
In der Nacht vom 19ten auf den 20ten Decbr: brandte das sogenannte Stamnitz-Vorwerk bei Goldberg bis auf das Wohnhaus und eine Stallung ab. Zugleich wurden eine bedeutende Quantitaet Getraide und 200 Stük Schaafe ein Raub der Flammen. Die Entstehungs-Ursache dieses Unglücks ist zur Zeit noch unbekannt.
In den Kirchen zu Lerchenborn, und Rüstern, Luebenschen, und Ulbersdorff, Goldberg-Haynauschen Creises, sind bei nächtlicher Weile die Gotteskasten erbrochen und beraubt worden. Den Thätern auf die Spur zu kommen ist bis ietzt noch nicht gelungen.
Für die Rubrike
Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute
sind wir mit Materialien nicht versehen.
Der
Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse.
im Monat December v. J. wollen Euer Majestät aus der unter lit. C beigefügten Designation allergnädigst zu entnehmen geruhen.
[96v] Verdienstliche Handlungen.
Der Diaconus Scholz bei der hiesigen Ober-Kirche hat für preußische verwundete Krieger durch seine Schul-Kinder bereits an 100 Pfund Charpie zupfen laßen. Eben so ist von dem Magistrat hieselbst für erstere eine Haus-Collecte veranstaltet worden, deren Ertrag sich auf 92 r. 11 sg. 8 4/7 d. belaufen. Das hiesige Liebhaber-Theater aber hat zu demselben Zwek eine Vorstellung gegeben, durch welche 33 r. 10 gg. aufgekommen sind, so wie überhaupt bereits 1381 r. 22 g. 2 pf. zu diesem Zwekke eingegangen und an den Verein edler Männer zu Berlin, welcher die Verwendung jener Beiträge übernommen hat, abgesandt worden sind.
Von der Grenze[.]
In der Gegend von Goerlitz ist am 20ten Novbr. v. J. die Beschlagnahme von 77 Zentnern Zukker erfolgt, welcher von Breslau ausgegangen an der Sächsischen Grenze für Röthe declarirt worden, und für einen Kaufmann in Leipzig bestimmt gewesen ist.
In dem Dorfe Moraczewa, im Fraustaedtschen Creise des Herzogthums Warschau, ist unter dem Rindvieh die Pest ausgebrochen, daher dieses Dorf unter strenge Sperre gesetzt worden. Da dasselbe unmittelbar mit mehrern Dörfern des Guhrauschen Bezirks grenzt, so haben wir bereits alles dasjenige angeordnet, was die Einschleppung des Uebels in hiesige Provinz verhüten kann.
Militair-Sachen.
Die fremde Garnison der Vestung Glogau besteht gegenwärtig aus 2999 Mann. Bei der vorgewesenen strengen Kälte haben die durch diese Stadt gezogenen Truppen zur grossen Belästigung der dortigen Bürgerschaft länger, als sonst, daselbst verweilt.
Handels-Gegenstände.
Im Monat December v. J. ist die Ausfuhr des Getraides aus hiesigem Departement nach Sachsen und Böhmen ungewöhnlich stark gewesen, weil in diesen Ländern die vorjährige Erndte in Rüksicht auf Körner-Ertrag sehr kärglich ausgefallen ist. Auch nach Pohlen ist ziemlich viel Getraide ausgeführt worden. Sollte diese Exportation so, wie vermuthet werden muß, in ihrer bisherigen Stärke fortdauern, so würden [97v] die Preise des schlesischen Getraides sehr bald bedeutend höher gehen.
Von Seiten des französischen Gouvernements in Glogau wird eine große Anzahl von Pferden zum Dienst der Armee aufgekauft, wodurch die Preise der Pferde in hiesiger Provinz ungemein gesteigert werden. Für den unbemittelten Landmann ist dies sehr traurig, da derselbe sich jetzt in dem Fall befindet, in die Stelle der verlornen, und noch nicht vergütigten Pferde, neue anschaffen zu müßen.
Die Verfassung der auswärtigen Leinwand-Handlung sowohl als des Tuch-Commercii ist noch dieselbe, welche Euer Majestät wir in unserem Zeitungs-Bericht für den Monat November v. J. allerunterthänigst geschildert haben. Die Quantitaet der im December v. J. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Exportation declarirten Leinen-Waaren wollen Allerhöchstdieselben aus der unter Lit: D angeschloßenen Nachweisung zu ersehen geruhen. Im November v. J. gingen 330 Stük Schaafe aus unserm Verwaltungs-Bezirk in das Ausland, und vom 1ten Junii bis Ende November wurden [98r] 3809 Stein 18 Pfund Wolle Berliner Gewicht ausgeführt.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement
haben sich nicht ereignet.
Außergewöhnliche Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im Monat Dezember waren:
Die Anordnung von Maasregeln gegen die weitere Verbreitung der anstekkenden Krankheiten, welche durch rußische Kriegs-Gefangene in verschiedene Stadt- und Dorf-Gemeinden des Departements gebracht worden.
Vorkehrungen gegen das Eindringen der Rind-Viehpest aus dem Herzogthum Warschau in hiesige Provinz,
diejenigen Maasnehmungen, welche Bezug haben auf die Ausführung der Allerhöchsten Edikte vom 19ten Novbr. v. J. wegen Compensation der geschehenen Leistungen vom 1ten Mart: c. an mit den Zahlungen der Steuerpflichtigen im 2ten und 3ten Termin der Vermögens-Steuer.
Ausserdem haben uns diejenigen Objecte beschäftiget, welche die allerdevotest beigeschloßenen Nummern 50 bis 52 des zweiten Jahrganges unseres Amtsblatts enthalten.
[98v] Unter der Rubrik
Dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]