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Zeitungsbericht für November 1815

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16505, Bl. 81r-84v, Anlagen Bl. 85r-88r. Referent Kieckhoefer. 

 

 

[81r] Liegnitz den 6ten Decbr. 1815.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitz[schen] Regierungs-Departement für den Monat November c:

 

 

Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Bezirk unserer Verwaltung für den Monat November c. in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen. Die

 

Witterung

 

war fast den ganzen Monat hindurch gelinde. Erst vom 27ten ab, fiel etwas Schnee und mit dem 23ten trat Frost-Wetter ein. Am 30ten früh war das Réaumursche Thermometer in der Gegend von Liegnitz bis auf 10 Grad unter dem Eispunkte gefallen, welches sein tiefster Stand war. Den höchsten hatte daßelbe am 13ten 14ten und 15ten Mittags, nehmlich 9 Grad über gedachtem Punkte. Des Windes Richtung war sehr veränderlich. Er wehte anfänglich aus Norden, dann aus Westen, vom 12ten ab aus Süden, am 19ten wieder abwechselnd aus Westen, Süden und Norden. Die Winterungs-Felder sind jetzt überall bestellt, und die aufgegangenen Saaten stehen von der Witterung begünstiget, im Ganzen hoffnungsvoll.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonathlichen Preise des Getreides auf den Märkten der vorzüglichsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser Preise zu den in Böhmen und in den benachbarten Herzogthümern Sachsen und Posen bestandenen, weiset diejenige Designation nach, welche [81v] Euer Majestät wir unter dem Buchstaben A. hierneben allerunterthänigst überreichen.

 

Der Berliner Scheffel Kartoffeln ward mit 6 bis 17 gg. Münz Courant bezahlt.

 

Cours der Münzsorten der Staats- und Communal Papiere, imgleichen die kaufmännischen Wechsel.

 

Der Cours-Werth des baaren Geldes war dem im Monath October beinahe völlig gleich. Dagegen zeigte sich ein Sinken der Staats- und Communal-Papiere sowie der kaufmännischen Wechsel. Ungünstigen Nachrichten aus Frankreich wird daßelbe zugeschrieben.

 

Halsweh, Katarrhal-Zufälle, rheumatische und gichtische Leiden waren die

 

Krankheiten,

 

von welchen erwachsene Einwohner des Departements an mehreren Orten heimgesucht wurden. Unter den Kindern trat im Hirschbergschen Kreise eine solche Maser-Epidemie hervor, daß fast die Schulen leer standen. Doch war sie nicht von bösartigem Charakter. In dem Dorfe Langheinersdorff, Sprottauschen Kreises, kamen bei einigen Kindern die natürlichen Blattern zum Vorschein, aber es ward derer weiteren Verbreitung sofort entgegen gewirkt. Der an verschiedenen Orten in Folge der Truppen-Durchmärsche ausgebrochene Typhus ist auch im Dorfe Kuttschlau, im Schwiebusschen Kreise, für unterdrückt angesehen. Die Schaafpokken laßen bei den Heerden im Militsch-Trachenbergschen Kreise nach, werden aber jetzt in Folge der Witterung bösartiger. Selbst die Praecautions-Impfung ist an einem Orte nachtheilig ausgefallen. Zu Mittel-Herzogswal-[82r]-dau, im Freystaedtschen Kreise, sind einige Stükke Rindvieh plötzlich erkrankt und eingegangen.

 

Durch den Ausbruch der Rotz-Krankheit unter den Pferden an einigen Orten des Departements, die durch die rußischen Truppen-Märsche eingeschleppt wurde, ist das Einschreiten der Polizei gleichfalls nothwendig geworden.

 

Unglücks-Fälle.

  

Zu Petersdorff, Sprottauschen Kreises, belustigten sich in dem Gehöft des Holz-Krämers Schulz einige Kinder mit Spielen in der Nähe eines acht Ellen langen und zwei ein halbe Elle starken Brettklotzes. Unglücklicherweise rollte daßelbe von seinen Unterlagen, wodurch der 5jährige Sohn des Häuslers Sigmund so zerquetscht wurde, daß er auf der Stelle seinen Geist aufgab.  

 

Am 28ten October c. eilte der Dreschgärtner David Zorelle in Herrnkaschütz, Militsch-Trachenbergschen Kreises, bei einem starken Sturmwinde, aus Gutmüthigkeit der dortigen Windmühle zu, um selbige in Abwesenheit des Müllers einzuhemmen, und dadurch Schaden zu verhüten. Aber er ward von der Thüre so heftig zurückgestoßen, daß er von der zu ihr sich führenden Treppe herabstürzte und den Hals brach.

 

Der Maurer Scheibel aus Glogau fiel in dem bei dieser Stadt belegenen sogenannten Pauliner Hof mit der Leiter um, und starb 24 Stunden darauf an den Folgen dieses Falls.

 

Ein Frauenzimmer, Nahmens Schwarzbach aus Tschernitz, lief am hellen Tage in Glogau einem Soldaten mit dem Kopfe an das Gewehrschloß, und ihr Tod erfolgte bald nachher.

 

[82v] In dem Mehlgraben bei der Hielscherschen Mühle zu Groswalditz, Loewenberg-Bunzlauschen Kreises, ward der schon einige Zeit vermißte neunjährige Sohn des Einwohners Fiebig zu Dürrkunzendorff entseelt gefunden.

 

Am 18ten v. Mts. hatte der Gärtner Scholz aus Nieder-Steinkirch, Loewenbergschen Kreises, das Unglück, in der Mittel-Steinkircher Oelpoche von dem sogenannten Hemms getroffen, in das zu gleicher Zeit mitgehende Brettschneide-Gewerk geworfen, und durch die Korde am Kopfe so zerquetscht zu werden, daß er 5/4tel Stunden darauf sterben mußte.

 

An demselben Tage ward der Gärtner Johann Gottlieb Zingel zu Hartliebsdorff, gleichfalls im Loewenberg Bunzlauer Kreise, beim Fällen einer Linde von derselben erschlagen.

 

Der Windmüller Heinrich zu Stentsch, im Schwiebusser Kreise, fiel von einem mit Streu beladenen Wagen, und verschied Tages darauf.

 

In dem Dorfe Buschen bei Wohlau brach ein Feuer aus, welches eine Freistelle, zwei Scheunen und zwei Auszugs-Häuser verzehrte. Von Seiten des Kreis-Landraths wird vorläufig gemeldet, daß dieses Unglück durch die Nachläßigkeit einer alten Frau veranlaßt worden sei.

 

In der Nacht vom 17ten auf den 18ten v. Mts. brandte die sogenannte Windbock-Mühle zu Groß-Baudis, im Bezirk von Liegnitz, ab. Die Entstehungs-Ursache dieses Brandes ist nicht auszumitteln gewesen.

 

In dem Saganschen Kreise ward zu Rengersdorff das Gehöft des Bauers Klose, zu Graefenhayn, die Vorwerks-Scheuer und in Petersdorff, das herrschaftliche [83r] Wohnhaus eingeäschert. Ueber die Art wie diese traurige Ereigniße herbeigeführt worden, sehen wir den nähern Berichten des Kreis-Landraths noch entgegen.

 

Bei dem Bauer Sturm zu Tschepplau, Glogauschen Kreises, entstand ein Brand, in welchem derselbe sein ganzes Gehöft, und das in diesem Jahr gewonnene Getreide verlor. Dem Ursprunge dieses Feuers hat der Kreis-Landrath vergebens nachgeforscht.

 

Ein gleiches Unglück hatte der Bauer Kalkmann zu Paritz, im Loewenbergschen Kreise, und der Dreschgärtner Weigmann in der zu Euer Majestät Domainen-Amte Liegnitz gehörigen Dorfe Panthen. Zugleich ward bei dem Feuer an letzterm Ort, welches von der Hand eines Bösewichts angelegt zu seyn scheint, der Gerichtsmann Kunert aus dem benachbarten Dorfe Pfaffendorff von einer brennenden hohen Giebel-Säule am Genick dergestalt beschädigt, daß er in der folgenden Nacht, unter den größten Schmerzen sterben mußte. Die Entstehungs-Ursache des Brandes in Paritz ist zur Zeit noch unbekannt.

 

Dem Häusler Mathaeus zu Malmitz, im Sprottauschen Kreise, wurden zwei Kühe, und dem Gärtner Weidner zu Bischdorff, Goldberg-Haynauschen Kreises, zwei Ochsen, bei nächtlicher Weile von bis jetzt noch unentdeckten Dieben entwendet.

 

In dem Monath November c. sind in dem Liegnitzschen Regierungs-Departement

 

Polizei-Institute

 

weder entstanden noch eingegangen.

 

Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-[83v] -Casse im Monath November c.

 

wird in der unter lit: B. allersubmissest beigefügten Designation pflichtschuldigst dargestellt.

 

Für die Rubricken von

 

Gränz-Sachen und von

 

Militaribus  

 

bemerken wir, daß im Lauf des Novembris die Rußischen Truppen auf der Heimkehr aus Frankreich das hiesige Regierungs-Departement über Züllichau, Sagan und Löwenberg auf den Straßen durchzogen, und sich diesesmal keinesweges zur Zufriedenheit der Einwohner betragen haben. Die Etappen-Straße von Sagan über Freystadt und Kuttlau hatte 24 Tage hintereinander Einquartirung zu tragen.

 

Handels-Gegenstände.

 

Das Handels-Verkehr ist im verfloßenen Monat lebhafter, als früher gewesen. Die Veranlassung dazu haben die Meßen in Leipzig und Frankfurth an der Oder gegeben, indem nicht nur eine bedeutende Einfuhr erlaubter Waaren, sondern auch ein ziemlich ansehnlicher Transito-Handel von dorther statt gefunden hat.

 

Die Tuch-Fabrication wird stark betrieben, und es scheint der Absatz der Tücher nach Königsberg in Preußen weit beträchtlicher zu seyn, als der auf Meßen, die rücksichtlich dieses Gegenständes schlecht ausgefallen sind. Eingegangenen Nachrichten zu Folge sind jedoch die Sachsen, so wie die Schweitzer Kaufleute mit der Appretur und der Farbe der schlesischen Tücher nicht recht zufrieden. Die schlechte Zubereitung [84r] derselben darf dem Umstande zugeschrieben werden, daß in hiesiger Provinz für die dermalen bedeutende Tuch-Fabrication die Appretur-Anstalten nicht ganz ausreichen. Die Wahrnehmung von Mängeln der Farbe der Tücher mag von den Tuch-Fabricanten, die sich mit dem Färben der Tücher, so wie der Wolle selbst befaßen, durch vielleicht unverschuldete Anwendung unächter Farbe-Materialien veranlaßt seyn.

 

Der Debit von Leinen Waaren aus dem Schlesischen Gebirge nach Hamburg, Italien, Sachsen und Böhmen war im abgewichenen Monat ziemlich stark. Die Quantitaet der in diesem vierwöchentlichen Zeitraume bei den Zoll-Aemtern zu Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen-Waaren geruhen Euer Majestät aus der mit dem Buchstaben C. bezeichneten Beilage allergnädigst zu entnehmen.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departements haben sich nicht ereignet.  

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im vorigen Monat waren

 

1) die fortgesetzten Veranstaltungen zur Verpflegung der Rußischen Truppen,

 

2) der fortgestellte Betrieb des Kriegs-Vergütigungen-Liquidations-Wesens und die fernere Mitwirkung zum Retablissement der Kriegs-Verunglückten Grund-Besitzer.

 

[84v] 3) Die Regulirung der Liquidations-Geschäfte an Rußland für die erste Periode der rußischen Truppen-Durchmärsche durch hiesiges Departement.

 

4) Die Vorbereitungen zur Aufnahme der heimkehrenden vaterländischen Truppen.

 

Außer diesen Objecten sind Vorwurf unserer Beschäftigung diejenigen Gegenstände gewesen, welche die allerdevotest beigeschloßenen Nummern 45 bis 48 unsers diesjährigen Amtsblatts enthalten.

 

Unter der Rubrique

 

dringende Reformen und Verbesserungen in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]