2 Liegnitz, 6. März 1812
Zeitungsbericht für Februar 1812
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16502, Bl. 9r-13v, Anlagen Bl. 14r-17r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum fehlt.
[9r] Liegnitz den 6ten Mart: 1812.
Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat Februar c.
Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem uns anvertrauten Landes-Bezirk für den Monat Februar d. J. in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen:
Witterung.
Des Windes Richtung war im Ganzen sehr veränderlich. Am 15ten und 16ten fanden heftige Stürme statt. In der ersten Hälfte des Monats gab es mehr trübe und feuchte, in der letzten hingegen mehr heitere Tage. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz am 22ten früh und Abends 10 Grad unter dem Frostpunkt. Die Winter-Saaten haben sich nicht nur unter dem nunmehr geschmolzenen Schneewohl erhalten, sondern es sind dieselben auch bedeutend gewachsen.
Preise der Consumtibilien.
Die vormonathlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten [9v] Auslandes werden in der unter dem Buchstaben A beigeschlossenen balancirten Designation pflichtschuldigst nachgewiesen. Fast auf jedem der gedachten Departements-Märkte sind die Getraidepreise gegen den Monat Januar c., besonders auf den Marktplätzen des Gebirges, gestiegen, und es dürften selbige auch bis zum Eintritt der Erndte, der zunehmenden Getraide-Einfuhr aus dem Herzogthum Warschau ohnerachtet, noch höher gehen, da so mancher Landwirth bereits um des Geld-Bedürfnißes willen, mehr Getraide, als er entbehren konnte, veräußert hat, und nun das Fehlende selbst zu kaufen genöthiget ist.
Die Anlage unter litt: B verzeichnet die Quantitaet des im Monat Januar c. ein- und ausgegangenen Getraides und Gemüses.
Der Berliner Scheffel Kartoffeln wurde im Februar c. mit 10 bis 18 g. Münze Courant bezahlt.
Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.
Das Agio vom Golde sowohl, als vom Metall-Courant ist etwas gefallen. Von den Schlesischen Pfandbriefen gelten die großen 68 und die kleinen 74 pro Cent.
[10r] Der
Gesundheits-Zustand
der Menschen war im verflossenen Monat nichts weniger, als erwünscht. Es herrschten unter ihnen Gichtflüsse aller Art, Katarrhal-Krankheiten und Koliken, imgleichen Nerven-Fieber, jedoch letztere nur sporadisch. Eben so zeigten sich noch, obwohl nicht mit bösartigem Charakter, hin und wieder die Masern, Rötheln und das Scharlach-Fieber. Auch ereigneten sich mehrere plötzliche Todes-Fälle und Verstands-Verrükungen.
In den Städten und Dörfern unseres Verwaltungs-Bezirks sind im Jahr 1811 22857 Kinder ohne alle Kosten für den Staat vaccinirt worden; Durch uneigennützige Thätigkeit im Betrieb des Impfgeschäfts haben sich unter den Aerzten die Kreis-Physici D. Ferne in Guhrau und D: Knothe in Sprottau, von denen ersterer 975 und letzterer 750 Kinder selbst geimpft, vorzüglich ausgezeichnet. Unter den Wund-Aerzten thaten sich in jener Beziehung die Chirurgen Scheelhaas zu Langenoels, im Loewenbergschen Creise, und Frickel zu Sagan am meisten hervor. Der p. Scheelhaas vaccinirte 700, und der Frickel 664 Kinder. Der gute [10v] Fortgang der Blatter-Impfung in dem Bunzlauschen Creise ist vorzüglich dem Policey-Districts-Commissario, Major von Koelichen auf Kittlitztreben, beizumessen, deßen Eifer für die gute Sache es möglich gemacht, daß in kurzer Zeit 1808 Impfungen in dasigen Dörfern vorgenommen werden können.
Von Krankheiten unter dem Vieh haben wir nichts in Erfahrung gebracht.
Unglüks-Fälle.
In Semmelwitz, Jauerschen Creises, fiel ein alter Mann, Nahmens Mayer aus Hausdorff, Bolkenhaynschen Bezirks, in den Mühlgraben und ertrank.
Auf gleiche Art fand der Schmidt Zobel zu Wolfsdorff, Goldbergschen Creises, den Tod.
In einem der Kolonisten Häuser bei Schwarzbach in der Nachbarschaft von Hirschberg erstikten 4 Personen zur Nachtzeit am Stein-Kohlen-Dampfe. Wir haben wegen dieses traurigen Vorfalls eine Warnung und Belehrung in unser Amtsblatt einrükken lassen.
Zu Jaegendorff, Jauerschen Creises, wurde eine Gärtnerstelle durch ein Feuer eingeäschert, welches Fahrlässigkeit herbeigeführt hatte.
In Raedichen, Goldbergschen Creises, brandte das [11r] Gehöft des Häuslers Raabe nieder. Ueber die Entstehungs-Ursache dieses Unglüks sehen wir dem nähern Bereicht des Landraths noch entgegen.
Eben so gerieth die Nahrung des Bauers Kühn zu Paritz, und die Stelle des Häuslers Gierth zu Seiffersdorff, beides Dörfer im Bezirk von Loewenberg, durch bis jetzt noch unbekannte Veranlassung in Brand, und wurden vernichtet.
Bei dieser Gelegenheit zeigen Euer Majestät wir allerunterthänigst an, daß die Abgebranndten in dem Städtchen Saabor am Hammer, von Allerhöchstdero Landesväterlicher Milde unterstützt, das Retablissement ihrer Wohnungen vorschriftsmässig zu bewirken sich angelegen seyn lassen.
Am 23ten v. M. fand man eine Innliegerin von Weissig, Nahmens Klose, bei Primkenau halb todt und mit Wunden bedekt im Wege liegen. Sie wurde sogleich in die Stadt getragen, wo die Bemühungen eines Wund-Arztes sie so weit brachten, daß sie wieder zu sprechen vermochte. Jetzt gab sie den Inlieger Thomas von Primkenau, als den Urheber ihres traurigen Zustandes an. Dieser wurde darauf sogleich verhaftet, und sagte aus, daß er mit der Klosin einen vertrauten Umgang gehabt, und [11v] dieselbe in das an jenem Wege befindliche Gebüsch bestellet, unter dem Vorgeben, mit ihr zu sprechen, in der That aber, um sie zu ermorden, weil sie von ihm schwanger sei, und er das Geld zu schaffen nicht vermöge, welches sie deshalb von ihm gefordert. Er habe ihr daher mit einem Barbier-Messer die bemerkten Wunden beigebracht, auch einige Schläge auf den Kopf gegeben, und sei dann in der Meinung, daß sie nicht mehr lebe, in die Stadt zurückgegangen.
Für die Rubrik
Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute
liegen uns keine Materialien vor.
Summarische Nachweisung der Zuflüsse bei den König. Cassen.
Die Einnahme der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse hat im Monat Februar c. sich belaufen auf 145,205 r. 22 g. 11 4/5 pf.
Ausgegeben sind ................... 115942 -- 12 --- 1 1/5.
An Ueberschüssen zu den Staats Cassen sind aus den laufenden Gefällen abgeführt worden ......... 98140 -- 10 --- 8.
Militaria.
Die fremde Garnison der Vestung Glogau besteht gegenwärtig aus 6798 Mann. Am 16ten v. M. ist daselbst [12r] der Divisions-General Graf Seras eingetroffen, um die Function des abgerufenen bisherigen Commandanten General, Baron vJacquinot zu übernehmen.
Grenz-Sachen.
Die Sächsischen Truppen, welche sich bei Guben und an der Grenze von Schlesien zusammengezogen haben, stehen noch ruhig, und ihre Bestimmung ist noch unbekannt. In die Stelle der ausgerükten Garnison von Sorau ist dahin aus dem Thüringschen ein anderes Bataillon gekommen, welches aber sich ebenfalls in die Gegend von Guben ziehen wird. Die auf den Dörfern um Sorau gestandene Cavallerie ist auch nach Guben abmarschirt.
In dem Herzogthum Warschau wird das Rekrutiren jetzt wieder mit besonderer Lebhaftigkeit betrieben. In dem Departement von Posen ist die Ausfuhr des Rauchfutters unbedingt gestattet, in dem Kalischschen Departement hingegen nicht. Die Bewohner des letztern führen daher das Rauchfutter, welches sie exportiren wollen, in das Posener Departement, aus welchem es sodann weiter gehet. In dem abgewichenen vierwöchentlichen Zeitraum [12v] haben sich keine
Veränderungen bei öffentlichen Behörden
in unserm Verwaltungs-Bezirk ereignet.
Handels-Gegenstände.
Seit einiger Zeit schien es, als würde der fast ganz in's Stokken gerathene Tuchhandel wiederum einen etwas rascheren Gang nehmen. Allein diese in mehr als einer Rüksicht wünschenswerthe Veränderung ist nicht eingetreten, und dürfte auch nicht zu hoffen seyn, wenn das russische Gouvernement das Verbot der Einfuhr fremder Fabricate, so wie es das Ansehen hat, ferner noch bestehen zu laßen, entschlossen seyn sollte. Zwar sind mehrere Tuch-Fabricanten und Negotianten aus hiesigem Regierungs-Departement zur Messe nach Frankfurth gereiset, um ihre sich angehäuften Waaren-Vorräthe, wo möglich, in's Geld zu setzen. Eingegangenen Nachrichten zu Folge geht jedoch auch dort der Absatz der Tücher schlecht von statten. Grobe Tücher werden jetzt am häufigsten gesucht, wodurch ganz besonders die Tuch-Fabricanten in Goldberg leiden, deren größter Theil sich darauf eingerichtet hat, Tücher von feinerem Sortiment zu fertigen. So ungünstig aber auch die Zeit-Umstände dem Tuch-Verkehre sind, so bemühen sich doch mehrere dasige Tuch-Fabricanten, [13r] mit lobenswerthem Eifer, ihren Tüchern immer größere Vollkommenheit zu geben, und es werden deshalb bedeutende Kosten auf die Anschaffung von Spinn- und Kratz-Maschinen, deren Nutzbarkeit man immer mehr anerkannt, verwendet. Bei den Zoll-Aemtern unseres Departements wurden im Monat Januar c. 65 Stük Schaafe, aber keine Wolle, zur Ausfuhr declarirt. Die auswärtige Leinwand-Handlung befindet sich fortwährend in einer sehr mißlichen Lage. Man ist jetzt in gespannter Erwartung, ob der Krieg zwischen Groß-Brittannien und dem Nordamerikanischen Freistaate ausbrechen dürfte. In diesem Fall würde auch die schwache Hoffnung schwinden, daß im bevorstehenden Frühjahr einige Leinen-Versendungen zur See unter Nordamerikanischer Flagge statt finden könnten.
Die Quantitaet der im Monat Februar c. bey den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Exportation angesagten Leinen-Waaren, wollen Euer Majestät aus der allerunterthänigst beigefügten Nachweisung unter Lit. C huldreich zu entnehmen geruhen.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäf-[13v] -tigung im abgewichenen Monat waren
die Super-Revision der von den Creis-Classifications-Commissionen eingereichten Register der Behufs der Verpflegung der fremden Truppen in den Oder-Vestungen ausgeschriebenen extraordinairen Steuer, welche Register wegen ihrer mangelhaften, ein sehr geringes Resultat gewährenden Anfertigung sämmtlich jenen Commissionen zurükgesandt werden müssen.
Anordnungen wegen strengerer Beaufsichtigung der Kandidaten des Lehramts.
Vollendung des Entwurfs eines neuen Reglements für die Land-Schulen sämmtlicher Confessionen in dem hiesigen Regierungs-Departement.
Außer diesen Gegenständen sind Vorwurf unserer Bearbeitung diejenigen Objecte gewesen, welche die allerdevotest beigelegten Nummern 6 bis 9 des zweiten Jahrganges unseres Amtsblattes enthalten.
Unter der Rubrique
dringende Reformen und Verbesserungen in der Administration,
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]