1                                                                                                      Liegnitz, 1. Februar 1813

Zeitungsbericht für Januar 1813

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16503, Bl. 5r-9r, Anlagen Bl. 10r-14r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 8. Februar 1813.

 

 

 

 

[5r] Liegnitz den 1ten Februar 1813.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat Januar dieses Jahres.

 

 

 

Euer Majestät verfehlen wir nicht den uns obliegenden Haupt-Zeitungs-Bericht für den Monat Januar d. J. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst abzustatten:

 

Witterung.

 

Der Wind blies im Anfange und gegen das Ende des Monats gewöhnlich aus Westen und Nordwesten, in der Mitte deßelben aber aus Süden und Südosten. Der höchste Stand des Reaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 3ten Mittags 3 Grad über, und der niedrigste am 25ten früh 10 Grad unter dem Eispunkte. Die frühern stark bestokten Wintersaaten sind hin und wieder ausgefault, auch haben sie, so wie die spätern, durch den im abgewichenen Monate geherrschten offenen Frost etwas gelitten. Letzterer war jedoch dem Landmann insofern willkommen, als er den Auftrieb des Schaafviehes auf die denselben durch eine grosse Schnee-Maße lange Zeit verschloßen gewesenen Saatfelder gestattete. Jetzt sind selbige wiederum mit Schnee in dem Grade bedekt, daß die kalten Winde den Saaten neuen Schaden zuzufügen nicht vermögen.

 

[5v] Preise der Consumtibilien.

 

Welche Preise das Getraide im Monat Januar d. J. auf den Märkten der vornehmsten Städte unseres Verwaltungs-Bezirks gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wollen Euer Majestät aus der unter dem Buchstaben A beigeschloßenen balancirten Designation allergnädigst zu entnehmen geruhen.

 

Die Anlage unter litt: B weiset die Quantitaet des im Monat December v. J. aus- und eingeführten Getraides, und des exportirten Gemüses nach. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 9 bis 16 gg. Münz-Courant.

 

Der

 

Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel,

 

zeigte sich so, wie im December v. J. bald steigend, bald fallend. Von den Schlesischen Pfandbriefen standen die großen 68 und die kleinen 71 proCent.

 

Der

 

Gesundheits-Zustand

 

der Menschen war auch im letztvergangenen Monat nicht erwünscht. Unter den Erwachsenen herrschten rheumatische und katarrhalische Krankheiten, imgleichen Diarrhöen und Koliken, so wie auch die Neßelsucht, Ausschläge, pleuritische und Nervenfieber, jedoch nur sporadisch, sich zeigten. Vom Keuch-[6r]-husten wurden die Kinder heimgesucht. Diejenigen typhösen Krankheiten, welche nach unserm Zeitungs-Bericht für den Monat December v. J. verschiedene Transporte rußischer Kriegs-Gefangener in einige Orte des hiesigen Regierungs-Bezirks gebracht, haben bereits in Lueben, Parchwitz und Trachenberg völlig wieder nachgelaßen, und in den übrigen Städten werden selbige hoffentlich auch bald aufhören.

 

Unglücks-Fälle.

 

Ein Knabe aus dem Dorfe Sürchen bei Wohlau wurde in dem unweit von dieser Stadt belegenen Dorfe Klein-Ausker von dem Rade eines fahrenden Wagens, auf welchen er zu springen versuchte, ergriffen und dergestalt zerquetscht, daß er einige Stunden nachher sterben musste.

 

In Reutschen, Schwiebusschen Creises, schaukelte sich der Sohn des Bauers Paech an einem Stricke, der an das Scheuerthor befestigt war. Indem der Wind dieses Thor zuwirft, kommt der Knabe mit dem Halse in die Schlingen, und wird auf solche Art erwürgt.

 

Zu Groß Tinz, Liegnitzschen Creises, ertrank ein 70 jähriger Mann, Nahmens John, im Mühlgraben.

 

Die Ehefrau des Cantors zu Langenau, Loewenbergschen Creises, hatte das Unglük, in der Stadt Hirsch-[6v]-berg beim Nachhausefahren umgeworfen, und mit dem Kopfe gegen einen Stein so stark geschleudert zu werden, daß sie auf der Stelle todt blieb.

 

Eben so verlor der Strikkermeister Haude aus Schönau auf der Rükreise vom Jauerschen Markte dadurch das Leben, daß beim Umwerfen seines schwer beladenen Wagens ihm auf den Kopf ein Kasten stürzt.

 

Am 29ten December v. J. brach bei dem Gärtner Schneider zu Hennersdorff, im Loewenbergschen Creise, ein Feuer aus, welches deßen sämmtliche Gebäude und Habseligkeiten verzehrte.

 

Auch wurde die Häusler-Wohnung der Wittwe Richter in Boyadel, Grünbergschen Creises, ein Raub der Flammen.

 

Ueber die Entstehungs-Ursachen dieser beiden Brände sehen wir den nähern Berichten der Creis-Landräthe noch entgegen.

 

Für die Rubrik

 

Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute

 

liegen uns keine Materialien vor.

 

Der

 

Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse

 

im Monat Januar c. wird in der unter [7r] dem Buchstaben C beigeschloßenen Designation pflichtschuldigst dargestellt.

 

Von der Grenze.

 

In dem Königreich Sachsen soll mit grösster Strenge rekrutirt werden.

 

Die öffentliche Sicherheit ist an der Grenze des Herzogthums Warschau durch die zurükkehrenden französischen und alliirten Truppen in einzelnen Fällen gestöhrt worden. Der Thätigkeit des Ober-Brigadier, Major vKehler, verdanken wir es, daß im Laufe des gegenwärtigen Monats die Gensd'armerie nach der festgesetzten Zahl von 80 berittenen und 8 unberittenen Gensd'armes überall auf ihren Bestimmungs-Punkten eintreffen wird.

 

Militair-Sachen.

 

In der Vestung Glogau befinden sich gegenwärtig ausser einer Garnison von 2681 Mann, über 200 zurükgekommene Officiers, und diese müßen vom Obristen ab, von den Quartierträgern gespeiset werden.

 

Für die ersten Tage des laufenden Monats sind 2000 Mann neue Truppen zur Verstärkung der dortigen Besatzung angesagt, die aus Pommern ankommen sollen. Zum Gouverneur von Glogau ist der General Philippon ernannt, (:derselbe, der sich durch die Vertheidigung von Radajoz bekannt gemacht hat,:)[.]

 

Der bisherige Gouverneur der Vestung Glogau, General [7v] La Plane, ist Platz-Commandant geworden.

 

Am 27ten v. Mts. ist auch in dasiger Gegend das 4te Corps der französischen Armee unter den Befehlen des Divisions-Generals Grafen Marchand, angelangt, welches nunmehr bereits in den Städten und Creisen, Liegnitz, Lueben und Steinau auf unbestimmte Zeit Cantonnements bezogen hat. Das ganze Corps besteht

 

a) aus der 13ten Division unter dem Commando des Generals Nagel, sie ist ............................................. 2500 Mann

 

stark und in den Liegnitzschen Creis eingerükt,

 

b) aus der vom General Broussier commandirten 14ten Division, welche aus ............................................... 1200 [Mann]

 

bestehend, in den Steinau-Raudtenschen Creis verlegt worden,

 

c) aus der 15ten Division, commandirt vom General Fontano; sie ist ............................................................ 800 [Mann]

 

stark, und in den Luebenschen Creis gewiesen.

 

Jenes Corps soll also überhaupt ................................................. 4500 Mann

 

zählen.

 

Da der Glogausche, Freystaedtsche, Sagansche und Guhrausche Bezirk schon den traurigen Ueberresten von 27 Cavallerie-Regimentern, welche sich täglich durch die sich einfindenden einzelnen Mannschaften verstärken, zu Cantonnierungs-Quartieren eingeräumt worden, so konnten dem 4ten Corps, welches überdem sich nicht weit von der Oder entfernen soll, keine andern Creise, als die angezeigten, abgewiesen werden. [8r] In hiesige Stadt hat der General-Staab jenes Corps, der Ordonateur en Chef, und das übrige zur Administration gehörige Personale sich einquartiert.

 

Handels-Gegenstände.

 

Die Ausfuhr des Getraides aus hiesigem Departement nach Sachsen und Böhmen war im Monat Januar c. noch weit stärker als im December v. J. Täglich sah man die Landstraßen mit Wagen und Schlitten von Ausländern bedekt. In Sachsen errichten mehrere reiche Particuliers, vorzüglich Kaufleute, bedeutende Getraide-Magazine. Auch werden große Quantitaeten Roggen in die Gegend von Leipzig geschaft, in welcher die Erndte nicht die erwartete Ausbeute gewähren soll.

 

Die Exportation schlesischer Tücher nach Pohlen war auch im abgewichenen Monat nicht unbeträchtlich[.]

 

Im December v. J. wurden 756 Stük Schaafe, aber keine Wolle, aus unserm Verwaltungs-Bezirk in das Ausland exportirt.

 

Die Stockung der auswärtigen Leinwand-Handlung dauert immer noch fort. Ein dem Handels-Stande in Hirschberg aus Hamburg gewordenes Schreiben meldet, daß auch dort der Handel mit Leinwand völlig ruhe, und daß die daselbst aufgehäuft liegenden schlesischen Leinen-Vorräthe kaum [8v] 33 1/3 pro Cent Verlust zu veräussern sein würden. Im Dänischen ist die gewünschte Aufhebung des Leinen-Einfuhr-Verbots noch nicht erfolgt. Dieselbe würde auch dem Gebirgs-Handels-Stande. ietzt wenig nützen, da der Cours in Dänemark seit einigen Monaten von 735 auf 2000 pro Cent herabgefallen ist.

 

Die Quantitaet der im Januar c. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen-Waaren wollen Euer Majestät aus der unter litt: D angeschloßenen Nachweisung zu ersehen geruhen.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement

 

haben sich nicht ereignet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im Januar c. waren

 

außer denjenigen, welche die allerdevotest beigefügten Nummern 1 bis 5 des dritten Jahrganges unseres Amtsblatts enthalten,

 

die Maaßregeln zu Verhütung der weitern Verbreitung epidemischer Krankheiten, welche in einige Orte des Departements durch Rußische Kriegs-Gefangene gebracht worden waren,

 

[9r] Die Verfügungen zur schleunigen Gestellung Augmantations-Mannschaften und Pferde für Euer Majestät Truppen, so wie der zum Approvisonnement der Oberschlesischen Vestungen noch erforderlichen Bedürfniße von Schlachtvieh,

 

die Herbeischaffung von Bekleidungs-Gegenständen für die Truppen-Augmentation durch Zwangs-Lieferungen von Seiten der Kaufleute und Fabricanten.

 

Unter der Rubrik

 

dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]