3 Liegnitz, 1. April 1813
Zeitungsbericht für März 1813
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16503, Bl. 21r-24r, Anlagen Bl. 25r-28r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 12. April 1813.
[21r] Liegnitz den 1ten Maerz 1813.
Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat März c.
Euer Majestät verfehlen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem uns anvertrauten Landes-Bezirk für den Monat Merz d. J. allerdevotest abzustatten:
Witterung.
Des Windes herrschende Richtung war vom 1ten bis zum 11ten aus Nord Nordwesten, vom 12ten bis zum 31ten aus Westen, und Nord-Westen. Bis zum 8ten hatten wir gelindes Wetter. Mit dem 9ten trat Frost ein, und die Nachtfröste dauerten fort bis zum 25ten. Seitdem ist die Temperatur der Luft sehr mild. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 30ten Mittags 9 Grad über dem Eispuncte, und der niedrigste den 12ten früh 7 Grad unter demselben. Das schöne hoffnungsvolle Grün, mit welchem die Winter-Saaten prangen, beweißt, daß selbigen die vorbemerkten Nachtfröste keinen Schaden zugefügt.
Preise der Consumtibilien.
Welche Preise das Getraide im abgewichenen Monat auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wollen Euer Majestät aus der unter dem Buchstaben A beigeschlossenen balancirten Designation allergnädigst zu entnehmen geruhen.
In der Anlage unter Lit. B wird die Quantitaet [21v] des im Monat Februar c. aus- und eingeführten Getraides und Gemüses designirt. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 10 bis 14 gg. Münz-Courant.
Der Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel,
hat sich gegen den des Monats Februar c. nicht bedeutend verändert. Von den Schlesischen Pfandbriefen standen die großen 62 3/4, und die kleinen 65 pro Cent.
Der
Gesundheits-Zustand
der Menschen war im verflossenen Monat keineswegs erwünscht. Erwachsene sowol, als Kinder, litten an katarrhalischen Affectionen des Halses und der Luftröhre, so wie an Durchfällen. Auch zeigten hin und wieder sich die Rötheln und falsche Pocken, imgleichen sporadisch noch das Nervenfieber. Ausserdem wüthete in 15 Creisen unseres Verwaltungs-Bezirks das durch die vielen Kranken unter den aus dem Herzogthum Warschau zurükgekommenen französischen Truppen eingeschleppte epidemische Faulfieber, an welchem bereits über 300 Menschen gestorben sind. Jetzt hat jedoch daßelbe soweit nachgelaßen, daß nur noch der Glogausche, Sagansche, Freystaedtsche, Guhrausche, Goldberg-Haynausche und Luebensche Creis, sowie die Städte Sagan und Freystadt davon ergriffen sind. Wir dürfen hoffen, daß auch in diesen Creisen der Kampf gegen dieses Uebel nicht ohne Erfolg bleiben werde.
[22r] Unglücks-Fälle.
Sieben Einwohner des Departements nahmen sich aus Schwermuth selbst das Leben. Unter diesen befindet sich die Ehefrau des Bauers Grossmann zu Nieder-Siegersdorff, Freystaedtschen Creises, welche sich in einen Brunnen stürzte, nachdem sie zwar ihre beiden kleinen Töchter, eine von 5, und die andere von 3 Jahren, in denselben geworfen hatte.
Ein Einwohner in Tschirnau, Namens Weltzer, brach im Februar Monath auf der Eisdecke eines Gewäßers ein, und ertrank.
Der Kutscher des Justitz-Verwesers Kuttner zu Greiffenstein fand den Tod in dem Teiche bei dasigem Brauhause, in welchen er durch die Gewalt des Sturm-Windes geworfen worden war.
Am 16ten v. M. verlor der Hofehäusler Anders zu Nieder Harpersdorff, Goldberg-Haynauschen Creises, sein Gehöft mit allen Haabseligkeiten durch eine Feuersbrunst, deren Entstehungs-Ursache nicht auszumítteln gewesen ist.
In dem Vorwerke Sattel zu Saabor im Grünbergschen Creise, gehörig, gingen durch bis jetzt noch unbekannte Veranlaßung die Scheuern und Schüttböden mit allem Getraide, Heu und Stroh, welches in ihnen befindlich war, imgleichen der Schafstall in Rauch auf. Mit dem letztern verbrandten zugleich 264 Stük Schaafe.
Am 18ten v. M. veranlaßte zu Kleinitz, im Grünbergschen Creise, ein Trompeter von einem daselbst [22v] kantonnirten Kaiserlich Rußischen Uhlanen-Regiment ein Feuer, in welchem nicht nur 18 Bauerhöfe, 2 Gärtner-Nahrungen und 1 Kutschnerstelle, sondern auch die Pfarr-Wiedemuths-Stall-Gebäude und Scheuern, imgleichen 20 Uhlanen-Pferde ein Raub der Flamme wurden. Die unglücklichen Abgebrandten haben wegen des starken Sturmwindes der an jenem Tage herrschend gewesen, von ihrem Vieh und sonstigen Haabseligkeiten nur sehr wenig zu retten vermocht.
Am 24ten Februar c. wurde hierselbst dem jüdischen Kaufmann Levy aus Glogau eine Summe von 1500 r. aus seinem Schreibpult entwendet.
Eine in der Jauer-Gaße allhier in einem verschlossenen Spritzenhause stehende Spritze ward ihres kupfernen Stiefels, der messignen Windblase und des kupfernen Waßer-Kastens beraubt.
Von beiden Diebstählen sind die Thäter bis jetzt noch nicht entdekt.
Für die Rubrick
Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute
liegen uns keine Materialien vor.
Der
Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse
im Monat März c. wird pflichtschuldigst in derjenigen Designazion dargestellt, welche Euer [23r] Majestät wir hierneben unter lit: C allerunterthänigst überreichen.
Von der Grenze
imgleichen unter der Rubrik von
Militair-Sachen
ist uns nichts einberichtet worden, wovon wir annehmen könnten, daß es noch nicht zu Euer Majestät allerhöchster Wißenschaft gelangt sei.
Handels-Gegenstände.
Im letztvergangenen Monat ist die Ausfuhr des Getraides aus hiesigem Departement nach Sachsen nicht so bedeutend wie sonst, dagegen nach Böhmen ungewöhnlich stark gewesen, weil in diesem Lande jetzt Magazine errichtet werden. Im Innern der Provinz Schlesien wurde in Folge der Bekleidung Euer Majestät Truppen eine ansehnliche Quantitaet Tuche debitiret. Schaafe und Wolle gingen nicht in das Ausland.
Die auswärtige Leinwand-Handlung befindet sich zur Zeit noch in einer traurigen Lage. Inzwischen verstummen jetzt die Klagen der Leinwand-Kaufleute, weil diese den baldigen Eintritt beßerer Zeiten mit Zuversicht erwarten.
Die Quantitaet der in gedachtem vierwöchentlichen Zeitraum bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greifenberg und Warmbrunn zur [23v] Exportation declarirten Leinen-Waaren wollen Euer Majestät aus der unter Lit: D beigefügten Nachweisung zu entnehmen geruhen.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement,
haben sich nicht ereignet.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im Merz c. waren
a) die Vorsorge für die Verpflegung der im hiesigen Regierungs-Departement kantonirenden und durchmarschirenden Kaiserlich Rußischen und vaterländischen Truppen,
b) die Verfügungen zu Bildung von Reserve-Magazinen für eben diese Truppen bei deren Uebergang in das benachbarte Ausland,
c.) die Anstalten gegen die oberwehnten epidemischen Krankheiten unter den Menschen,
d) die Einleitungen zu Errichtung der Landwehr in dem Bezirk unserer Verwaltung.
Ausser diesen Objecten sind Vorwurf unserer Beschäftigung diejenigen Gegenstände gewesen, welche die allersubmißest angeschlossenen Nummern 10 bis 13 des dritten Jahrganges unsers Amtsblatts enthalten.
Unter der Rubrike
[24r] Dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung
[gez.]