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Zeitungsbericht für November 1812

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16502, Bl. 85r-88v, Anlagen Bl. 89r-93r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 11. Dezember 1812.

 

 

[85r] Liegnitz den 1ten December 1812.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat November c.

 

Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem uns anvertrauten Landes-Bezirk für den Monath Novbr: d. J. in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen:

 

Witterung.

 

Des Windes herrschende Richtung war aus Westen und Nordwesten. Bis zum 19ten 20ten und 21ten aber fiel häufig Schnee, von welchem die Fluren noch gegenwärtig bedekt sind. Der höchste Stand des Reaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 1ten 2ten 3ten und 6ten Mittags 7 Grad über dem Eispunkte, und der niedrigste den 25ten und 26ten früh 9 Grad unter diesem Punkte. Da die Gefilde durch den in der ersten Hälfte des Monats gefallenen vielen Regen schon überflüßige Feuchtigkeit erhalten hatten; so würde, wenn die herabgekommene große Schneemaße sogleich geschmolzen wäre, ein großer Theil der Winter-Saaten, besonders der höhern, welche sehr stark bestokt sind, unvermeidlich von der Fäulniß ergriffen worden seyn. Der Landmann wünscht in [85v] dieser Hinsicht sich Glük dazu. Daß dem Schnee bald Kälte gefolgt ist. Dagegen wird von ihm sehr über den Schaden geklagt, den beide an den noch auf dem Felde befindlichen, wegen der großen Näße nicht einzubringen gewesenen Früchten, als Kraut, Rüben und Kartoffeln, angerichtet. Auch hat der Schnee durch sein Gewicht in den Wäldern und Obstgärten viele Bäume von bedeutender Stärke zerbrochen, ja selbst Eichen von 3 Ellen Dikke zu Boden gedrükt.

 

Die diesjährige im Anfange des Monats November erst beendete Weinlese ist in Grünberg, Beuthen und Schwiebus sehr ergiebig ausgefallen.

 

Am 15ten v. M. Abends nach sechs Uhr flog über einen Theil des hiesigen Regierungs-Departements mit grosser Schnelligkeit von Süd-Osten nach Norden zu eine Feuer-Kugel, die an Größe und Glanz dem aufgehenden Vollmonde ziemlich gleich kam. Bei Boberröhrsdorff, eine Meile von Hirschberg, zerplatzte sie mit einem so starken Donner, daß in dieser Stadt sowohl, als in der benachbarten Gegend die Fenster-Scheiben klirrten.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Welche Preise das Getraide im abgewichenen Monate auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wird in der unter Lit. A beigeschloßenen balancirten [86r] Designation pflichtschuldigst nachgewiesen.

 

Die Anlage unter Lit: B verzeichnet die Quantitaet des im Monat October c. ein- und ausgegangenen Getraides. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 11 bis 15 g. Münz-Courant. Der

 

Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel,

 

hat sich gegen den im Monat October c. nicht bedeutend geändert. Von den Schlesischen Pfandbriefen waren in der Mitte des letztverfloßenen Monats die großen von 64 1/3 proCent, auf 67 1/2 proCent, und die kleinen von 66 auf 70 proCent gestiegen. Der

 

Gesundheits-Zustand

 

der Menschen war im abgewichenen Monat bei der so ungewöhnlich naßen Witterung nicht erwünscht. Erwachsene Personen litten häufig an rheumatischen und katarrhalischen Zufällen, so wie an Diarrhöen, und die Kinder wurden vom Keuchhusten heimgesucht.

 

Unter den Hauthieren zeigte sich keine Gattung von Krankheiten.

 

Unglücks-Fälle.

 

Fünf Einwohner des Departements griffen aus Schwermuth durch Selbstmord dem Verhängniß vor. Unter diesen Unglüklichen befand sich der Sohn eines Innliegers zu Lauterbach im Sprottauschen Creise, Nahmens Johann Christian Wirth, der kaum das vierzehente [86v] Lebensjahr erreicht hatte.

 

Der Schiffer Neumann aus Beuthen fiel auf der Oder bei Glogau über Bord, und verlor dadurch das Leben.

 

Ein ausser der Ehe erzeugter Knabe Nahmens Klante aus Neustaedtel ertrank im Weisfurth-Fluße.

 

In der Nacht vom 22ten auf den 23ten October c. kam in der sogenannten Horns-Mühle zu Liebenau, Schwiebusschen Creises, durch bis jetzt noch unbekannte Veranlassung Feuer aus, welches dieselbe mit den dazu gehörigen Gebäuden verzehrte.

 

Am 30ten October c. wurde dem Bauer Ansorge zu Gottschdorff, im Hirschbergschen Kreise, eine Scheuer, der Schaafstall und ein Schuppen eingeäschert. Ueber die Entstehungs-Ursache dieses Unglüks sehen wir dem nähern Bericht des Landraths noch entgegen.

 

In dem Goldberg-Haynauschen und Hirschbergschen Creise sind verschiedene, jedoch nicht beträchtliche Diebstähle verübt worden. Ein Verdacht, daß die Urheber dieser Diebstähle, mit den Räuber-Banden in Verbindung gestanden, welche die öffentliche Sicherheit, in den nächst vorhergehenden Monaten gestöret, waltet nicht ob.

 

Der

 

[87r] Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt Casse

 

im Monat November c. wird in der unter dem Buchstaben C beigefügten Designation pflichtschuldigst dargestellt.

 

Von der Grenze.

 

In den österreichischen Staaten sowohl, als in Sachsen und Pohlen sollen starke Rekruten-Aushebungen statt finden. Die jungen Leute aus diesen Staaten treten bedeutend in die diesseitigen über. Ein Gerücht sagt, daß in Böhmen auf den Antrag der dortigen Güther-Besitzer die Einfuhr von fremden Getraide verboten worden sei.

 

Intereßante

 

Militaria

 

sind uns auch im Monat November c. nicht angezeigt worden. Zur Armee sind auf der Militair-Straße über Sagan und Glogau in diesem Monate gezogen: 43 Officiere, 1931 Unter-Officiere und Gemeine, welche grösstentheils zu den Ergänzungs-Truppen des König. Baierschen Hülfs-Corps gehörten. -

 

Handels-Gegenstände.

 

Die Ausfuhr des Getraides aus hiesiger Provinz nach Sachsen und Böhmen wird fortwährend lebhaft betrieben. Auch hat sich der Debit von schlesischen wollenen Tüchern nach Pohlen nicht vermindert. Im abgewichenen Monat gingen 200 Stük solcher Tücher nach Frankfurth an der Oder, 212 1/2 Stük nach Königsberg, [87v] Elbing, Marienwerder und Marienburg, nach Mietau aber 15 Stük; von den für Meße nach Frankfurth an der Oder gesandten Tüchern, ist jedoch ein grosser Theil unveräussert zurükgekommen. Bei den Zoll-Aemtern unsers Departements werden im Monat October c. 234 Stük Schaafe, aber keine Wolle zur Exportation angesagt.

 

In Hirschberg vermehren sich die Leinwand-Einkäufe von Seiten pohlnischer Juden. Dagegen versichern die von der letzten Frankfurther Meße jetzt zurückgekommenen Leinwandhändler, daß auf derselben nach feinen Leinen fast gar keine Nachfrage gewesen sei. In Leinwand von der Mittel-Gattung aber haben sie ganz gute Geschäfte gemacht.

 

Der auswärtige Leinwandhandel befindet sich noch immer in einer sehr traurigen Lage. Wenn dieselbe noch länger fortdauern sollte, so würden unsere Kaufleute genöthiget seyn, ihre Waaren von den nächsten Plätzen zurükkommen zu laßen, um wenigstens zu verhüten, daß sie durch fallissements oder Verpfändung nicht ganz verlohren gehen, wie schon verschiedentlich der Fall gewesen ist. Die in Odessa ausgebrochene Menschen-Pest hat auch auf den Handel mit Leinen in dasiger Gegend einen sehr nachtheiligen Einfluß, indem von der Kayserlich Oesterreichischen Regierung [88r] zu Verhütung des Einschleppens jenes Uebels den von dorther kommenden Reisenden, welche blos in einiger Entfernung von der Grenze wohnen, eine dreiwöchentliche, denen aber, welche tiefer aus dem türkischen Reiche kommen, eine sechswöchentliche Quarantaine für ihre Personen und Waaren zur Pflicht gemacht ist, wodurch man denn die Ausfuhr der Schlesischen Leinen, welche sonst durch jüdische Kaufleute zu Brody versandt wurden, gehemmt sieht.

 

Aus der unter Lit: D beigeschloßenen Nachweisung wollen Euer Majestät die Quantitaet der in dem Monat November c. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Exportation declarirten Leinen-Waaren zu entnehmen geruhen.

 

In eben gedachten Monat haben sich keine

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden

 

im hiesigen Regierungs-Departement ereignet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im Monat November c. waren:

 

die Fürsorge für Vertheilung, zweckmässige Beschäftigung und Verpflegung der Gensd'armes in den verschiedenen Creisen des Departements, welche mit den zur Zeit formirten Abtheilungen ver-[88v]-sehen werden können.

 

Die Angelegenheit wegen des sichern Transports rußischer Kriegs-Gefangenen durch das Departement unserer Verwaltung nach Neisse und besonders die Vorsorge, daß durch dieselben keine epidemischen Krankheiten verbreitet, und wo diese sich geäußert, wie selbst in der Stadt Trachenberg der Fall war, deren weitere Ausbreitung verhütet werde.

 

Die Vorbereitungen zur Erhebung der Vermögens- und Einkommen-Steuer im 2ten und 3ten Termin, und zu den dabei erforderlichen Abrechnungen.

 

Ausser diesen Objecten sind Vorwurf unserer Beschäftigung diejenigen Gegenstände gewesen, welche die allerunterthänigst beigeschloßenen Nummern 45 bis 49 des 2ten Jahrgangs unseres Amtsblatts enthalten.

 

Unter der Rubrik

 

dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]