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Zeitungsbericht für Dezember 1813

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16504, Bl. 1r-6v, Anlagen Bl. 8r-10r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum fehlt.

 

 

[1r] Liegnitz den 6ten Januar 1814.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monath Dezember 1813.

 

 

Euer Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Verwaltung für den Monat Dezember vorigen Jahres in nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen:

 

Witterung.

 

Die Temperatur der Luft war den ganzen Monat hindurch sehr gelind. Das Reaumursche Thermometer stand häufiger über, als unter dem Gefrierpunct. Der höchste Stand deßelben war in der Gegend von Liegnitz den 6ten Mittags 8 Grad über, und der niedrigste den 17ten früh 4 Grad unter gedachtem Puncte. Der Wind blies im Anfange des Monats aus Osten und Süden, nachher aber am öftersten aus Westen und Nordwesten. Die zuerst bestellten Winter-Saaten stehen in Folge der bisher geherrschten naßen Witterung, welche das Ausfaulen eines Theils derselben veranlaßt hat, an mehrern Orten etwas dünn. Dagegen hat die Milde dieser Witterung nicht nur das Aufgehen und Wachs-[1v]-thum der Spätsaat ungemein begünstiget, sondern auch den Auftrieb des Schaafviehes auf die Saat-Felder und Brach-Aeker immer noch gestattet, wozu der Landmann sich um so mehr Glück wünscht, als der Mangel an Rauchfutter, und besonders an Heu jetzt überall schon sehr groß ist.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonatlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements weiset diejenige Designation nach, welche Euer Majestät wir in dem Beischluß unter Lit: A allerdevotest überreichen. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 9 bis 14 g. Münz-Courant.

 

Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.

 

Von den Schlesischen Pfandbriefen stiegen die großen von 74 auf 79 2/3 und die kleinen von 78 auf 84 pro Cent. Dagegen sanken die Tresorscheine von 50 auf 45 pro Cent hinab.

 

Die

 

Mortalität

 

war unter den Menschen im letzt abgewichenen vierwöchentlichen Zeitraume nicht so groß, als im Monat November v. J. Inzwischen wurden dieselben von Fiebern verschiedener Art, so [2r] wie von den Masern und anderen Witterungs-Krankheiten häufig heimgesucht. Auch kamen im Militsch-Trachenbergschen Creise die natürlichen Blattern zum Ausbruch. Doch hoffen wir, daß deren weiterer Verbreitung durch die von uns angeordnete General-Impfung der von ihnen befallenen Gegend Einhalt geschehen werde.

 

Der furchtbare Typhus verliert sich jetzt an mehrern Orten. In hiesiger Stadt aber wächst die Zahl der Personen, die von ihm ergriffen werden, immer noch, und im Loewenberg-Bunzlauischen Creise wüthet derselbe gleichfalls fort. Im Militsch-Trachenbergschen, im Wohlauschen und Guhrauschen Kreise wurden neuerdings einige Ortschaften von den Preußischen Lazarethen angestekt. Das preußische Bloquade-Corps vor Glogau, bei welchem der Typhus fürchterlich herrscht, hat die ganze dasige Gegend infizirt, so daß wir genötiget worden sind, außer den Militair-Lazarethen, auch Civil-Lazarethe in herrschaftlichen Wohnhäusern auf Dörfern des Glogauschen Creises anzulegen, und mehrere Chirurgen dahin zu schikken.

 

Die Rindviehpest läßt im hiesigen Regierungs-Departement merklich nach. In mehrern der von [2v] ihr ergriffenen Kreisen befinden sich nur noch wenige infizirte Dörfer. Indessen muß man von den Rinder-Heerden, welche ietzt noch aus dem Herzogthum Warschau durch Schlesien zur Kaiserlich Rußischen Armee gehen sollen, immer noch neue Ansteckungen befürchten, ungeachtet wir zu deren Verhüthung alles angeordnet zu haben glauben, was die Zeit-Verhältniße gestatten.

 

Unglücks-Fälle.

 

Am 2ten v. Mts. starb in Wohlau ein Schuhmacher-Lehrling an den Folgen des Bißes von einem tollen Hunde.

 

Am 21ten v. M. wurde der Pferde-Junge des Dominii Ziebendorff, Luebenschen Creises, Nahmens Thomas, bei der Heimkehr mit nach Parchwitz geleistetem Vorspann in der Nähe des Dorfes Ossig von einem unbekannten Menschen angefallen, und durch mehrere, obwol nicht tödtliche, Meßer-Stiche in den Hals verwundet. Er würde sein Leben verlohren haben, wenn der Gerichts-Scholz aus Dittersbach nicht durch sein zufälliges Hinzukommen den Mordlustigen zur Flucht veranlaßt hätte. Dieser Frevler ist nunmehr in der Person eines Soldaten-Sohns, Nahmens Bunzel aus Goldberg, welcher auf einem [3r] Pferde-Diebstahl ertappet, und an das hiesige Inquisitoriat abgeliefert worden, entdekt, und wird auch wegen jenes mörderischen Attentats mit der verdienten Strafe belegt werden.

 

Ein reisender Schwarz-Vieh-Händler, Nahmens Renner aus Schmottseiffen, Loewenbergschen Creises, wurde unweit von dem Dorfe Langenau bei Hirschberg, von einer Räuber-Bande angehalten, gemißhandelt, und derjenigen 200 r. beraubt, die er bei sich hatte. Ob nun zwar in Langenau und den benachbarten Ortschaften gleich nach der Anzeige des Renner von dem ihn betroffenen Unglück der Landsturm zu Aufsuchung und Festnehmung jener Bande aufgeboten worden: so hat derselbe ihr doch nicht auf die Spur kommen können.

 

Auch der Loewenbergsche Creis wird gegenwärtig von einer aus ungefähr 10 Personen bestehenden Diebes-Bande beunruhigt.

 

In diesem Bezirk wurden auch zu Süssenbach das Wohn-Gebäude des Häuslers Petzold und zu Ober-Goerisseiffen ein Bauerguth, eine Gärtnerstelle und zwei Häusler-Gehöfte durch Feuersbrünste vernichtet, deren Entstehungs-Ursachen nicht auszumitteln gewesen sind.

 

[3v] Eben so ward in Jaetschau, Glogauschen Creises, durch Unvorsichtigkeit des dort kantonnirenden Militairs ein Brand veranlaßt, in welchem zwei Bauer-Güther und eine Häuslerstelle völlig eingeäschert wurden.

 

In dem Monat Dezember v. J. sind in dem hiesigen Regierungs-Departement

 

Polizei-Institute

 

weder entstanden, noch eingegangen.

 

Den

 

Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse in gedachtem Monat

 

stellet diejenige Designation dar, welche Euer Majestät wir hierneben unter Lit. B allersubmißest überreichen.

 

Grenz-Sache:

 

Bei Gelegenheit der Organisation des Banners in Sachsen sind in dem Orte Niesky in der Ober-Lausitz bedeutende Excesse vorgefallen. Die Commissarien haben sich zum Theil durch die Fenster retten müßen, und das Volk soll dem Kaiser Napoleon und dem Könige von Sachsen vivant! gerufen haben. Dieses tumultuarische Betragen mag wohl dadurch veranlaßt worden seyn, daß man die Bannpflichtigen in einer zu großen [4r] Maße bestellt, und mehrere Tage sie hat warten laßen. Auch soll man von der Verbindlichkeit zum Eintritt in den Banner sich durch Geld haben loskaufen können, wodurch die Unzufriedenheit der versammelt gewesenen Volks-Menge vergrößert worden ist.

 

Militair-Sache.

 

Der französische Gouverneur in Glogau, General la Plane, zwingt die Einwohner der Stadt zur Aufbringung ganz unglaublicher Summen. Er läßt sich monatlich 25.000 Fr. unter den Rubricken von Tafel-Geldern, Hospital-Kosten und Officier-Beköstigungs-Geldern zahlen. Die requirirten Lieferungen an Wein, Spezerei-Waaren, Lichtern, und dergleichen, erreichten im vorigen Monate bereits die Summe von 400,564 Fr: Außerdem hat die Stadt an baaren Zahlungen zu militairischen Zwecken, seit dem Ausbruche der Feindseligkeiten bis im letzt abgelaufenen Monat 624,688 Fr: aufbringen müßen. Eine neue Anleihe von 60,000 Fr: ist in den letzten Tagen von eben diesem Gouverneur begehret worden. Wir zweifeln nicht, daß bei der hoffentlich bald abzuschließenden Capitulation auf die Erstattung der baaren Geld-Er-[4v]-preßungen Rüksicht genommen wird.

 

Handels-Gegenstände.

 

Die uns zugekommenen Spezial-Zeitungs-Berichte der steuerräthlichen Aemter unsers Departements stimmen darin zusammen, daß die Verfaßung des Tuchhandels täglich beßer werde. Nicht unbedeutend ist der Begehr des Auslandes nach schlesischen Tüchern, und es kommen jetzt wieder so, wie ehehin, rußische Kaufleute in hiesige Fabrik-Städte, um Einkäufe in Tüchern zu machen. In Grünberg fabricirten die Tuchmacher im verfloßenen Monat 2296 Stück Tücher, deren Werth ohne das Appretur-Lohn 74,451 rtllr. beträgt. Ausgeführt von dort wurden 3628 Stück. In Schwiebus sind 974 Stück Tücher gefertigt, und 770 Stück versendet worden. Die Ruffersche Tuch-Fabrique hierselbst hat 32 Stück, im Werth von 1600 r., fabricirt, und aus ihrem Waaren-Lager 172 Stük feine und mittlere Tücher nach Elbing, Graudenz und Königsberg verschickt. Die Preis-Summe derselben wird auf 9300 r. angegeben.

 

Auch die auswärtige Leinwand-Handlung hat seit Kurzem sich merklich gehoben, und es sind schon ansehnliche Leinen-Versendungen nach [5r] Sachsen, Böhmen, und dem Herzogthum Warschau erfolgt. Vorzüglich bedeutend ist der Absatz von der niedern starken Leinwand, die aber jetzt wegen Mangel an starkem Garn im Preise sehr gestiegen ist. Dieser eigentlich nur innerhalb der Staaten Euer Majestät bisher statt gefundene Handel wird dann gewiß auch in das Ausland übergehen, wenn die Handels-Städte Hamburg, Luebeck, Triest und mehrere andere ungestörte Geschäfte machen und von dem französischen Joche befreit seyn werden, indem alsdann wieder der Handel über See wird geführt werden können, welcher bekanntlich größeren Gewinn gewährt, als der Handel im Innlande, oder nach den angrenzenden Staaten.

 

Die Quantitaet der im Monat Dezember v. J. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen-Waaren, wollen Euer Majestät aus der unter Lit: C beigefügten Designation huldreich zu entnehmen geruhen.

 

Veränderungen bei öffentlichen Be-[5v]-hörden im Departemente

 

haben sich nicht ereignet.

 

Patriotische Handlung.

 

Von dem hiesigen Gesellschafts-Theater ist am 16ten December v. J. zum Besten das mit Leibbinden zu versorgenden Bloquade-Corps vor Glogau eine Vorstellung gegeben worden, deren Ertrag sich auf 52 r. 4 gg. 2 2/7 pf. Courant belaufen hat. Dieses Corps ist durch die zwekmäßige Veranstaltungen eines Vereins in hiesiger Stadt, an deßen Spitze der Geheime Regierungs-Rath von Unruh stehet, mit 3000 Stük Leibbinden versehen worden, ohne den Staats-Cassen irgend einen Aufwand zu verursachen.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung in jenem Monat waren außer denjenigen, welche die devotest beigeschloßenen Nummern 33 bis 35 des 3ten und No. 1 des vierten Jahrgangs unseres Amts-Blatts enthalten,

 

1.) Verfügungen zu Verhütung der weitern Verbreitung ansteckender Krankheiten unter den Insaßen des Departements, besonders in [6r] Cantonnirungs-Quartieren des Glogauer Bloquade-Corps, in welchen deren Verbreitung dadurch veranlaßt worden, daß die Militair-Aerzte nicht bei Zeiten Anzeige von dem obwaltenden Ansteckungs-Gefahr gemacht.

 

2.) Die Vermehrung der Militair-Lazareth-Anstalten für gedachtes Bloquade-Corps in verschiedenen Städten des Departements, so wie die Anlage von Evacuations-Lazarethen in Dorfschaften, welche hinter den Cantonnirungs-Quartieren jenes Corps belegen, um diese von der Ansteckungs-Gefahr zu befreien.

 

3.) Die mit glücklichem Erfolg belohnten Vorkehrungen gegen den Weiterschritt der Rinder-Pest, und besonders die Anordnung von Vorsichts-Maaßregeln gegen den Gefahr drohenden Durchtrieb zahlreicher Vieh-Heerden aus dem Herzogthum Warschau zur Kaiserlich Rußischen Armee.

 

4.) Die fortgesetzte Obsorge für die Bekleidung des 1ten und 2ten Armee-Corps, so wie der zum Bloquade-Corps vor Glogau gehörigen Truppen, [6v] desgleichen für deren aus dem hiesigen Regierungs-Departement allein zu beschaffende Verpflegung.

 

Unter der Rubrick

 

dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

glauben wir uns der Vorschläge zur Zeit enthalten zu müßen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]