1                                                                                                      Liegnitz, 7. Februar 1814

Zeitungsbericht für Januar 1814

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16504, Bl. 11r-15v, Anlagen Bl. 16r-19r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum fehlt.

 

 

[11r] Liegnitz den 7ten Februar 1814.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat Januar 1814.

 

 

Euer Majestät säumen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem unserer Verwaltung anvertrauten Landes-Bezirk für den Monat Januar c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst zu erstatten.

 

Witterung.

 

Mit dem 8ten Januar trat Frostwetter ein, welches bis zum 29ten anhielt. Die größte Kälte war in der Gegend von Liegnitz am 15ten früh, wo das Réaumursche Thermometer 15 Grad unter dem Eispuncte zeigte. Am höchsten stand daßelbe den 4ten, 5ten und 6ten, nehmlich 4 Grad über 0. Eben dahin war es auch den 29ten Mittags wieder gestiegen. Die herrschende Richtung des Windes war Westen, Nord- und Südwesten. Mit dem 30ten brachte der Wind aus Süden Thauwetter. Wir hatten mehr trübe als heitere Tage. Schnee fiel im Januar nicht wenig, besonders den 9ten 10ten 14ten und 24ten. Durch ihn wurden die Saat-Gefilde gegen die Angriffe des Frostes wohl geschützt.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonathlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements wollen Euer Majestät aus der unter dem Buchstaben A allerdevotest beigeschloßenen Designation [11v] huldreich zu entnehmen geruhen. Der Berliner Scheffel Kartoffeln wurde mit 10 bis 21 gg: Münz-Courant bezahlt. Der

 

Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel,

 

war sehr veränderlich. Von den Schlesischen Pfandbriefen galten die großen 79 1/2 und die kleinen 85 Prozent. Die Tresorscheine stiegen von 45 auf 50 pro Cent. Die

 

Mortalitaet

 

war unter den Menschen nicht groß, obgleich das Nervenfieber an sehr vielen Orten zu wüthen fortfuhr, in einigen auch zum Theil durch Einschleppung von rußischen Marsch-Truppen, so wie durch Ansteckungen von Bloquade-Corps von Glogau, von Neuem ausbrach. Vorzüglich zeigte sich daßelbe in den Wohnungen der ärmeren Volks-Claße, und bei Personen, welche in den Militair-Hospitälern gedient. Nicht selten fanden auch acute rheumatische und katarrhalische Affectionen, jene in dem Muskel-System, und diese in der Oberfläche des Halses, statt. Nicht minder ward über Koliken und Durchfälle geklagt. Bei Kindern beobachtete man hin und wieder inflammatorische Brust-Affectionen. Zugleich wurden mehrere Departements-Insaßen von der Gelbsucht befallen. Die Rindviehpest ist nunmehr fast in allen Dörfern, [12r] welche von ihr ergriffen waren, völlig ausgerottet.

 

Unglücks-Fälle.

 

Zwei Personen machten aus Schwermuth durch den Strick ihrem Leben ein Ende.

 

Ein kranker Soldat vom Glogauschen BloquadeCorps stürzte sich auf seinem Transport in das Lazareth zu Sagan bei der Ueberfahrt über den Bober bei Sprottau von der Brüke in diesen Fluß hinab, und ward von einem Mühlrade zerquetscht.

 

Am 30ten Decbr: v. J. fand man einen ausgesetzten neugebohrnen Knaben in der Wohnung eines Vorwerks-Besitzers zu Sprottau. An den Folgen erlittener Kälte, starb dieser Findling nach Verlauf von 14 Tagen.

 

Mehrere Personen wurden auf Fußreisen vom Frost getödtet.

 

In Ober-Altzenau, Goldbergschen Creises, verlor der 27 Jahr alte Häusler-Sohn Bunzel durch das beim Abschießen einer von ihm wahrscheinlich überladenen Flinte erfolgte Zerspringen derselben sein Leben.

 

Die Dienstmagd des Bauers Kraft zu Roehlau, Freystaedtschen Creises, Nahmens Anna Maria Zürkel, wurde von einem Pferde erschlagen.

 

Der Bauer Michael Rogosch und der Auszügler [12v] Ziersch zu Kleinitz, Grünbergschen Creises, brachen am 26ten Decbr: v. J. Abends beim Uebergange über den durch dieses Dorf gehenden Graben, der damals noch nicht ganz hart gefroren war, auf demselben ein, und ertranken.

 

Am 9ten v. M. wurde das Försterhaus zu Schlabotschin, Militsch-Trachenbergschen Creises, durch bis jetzt noch unbekannte Veranlaßung in Feuer gesetzt und eingeäschert.

 

Der Bauer und Fuhrmann Stumpe in Grunau, Hirschbergschen Creises, hatte das Unglück, über 1400 r. baares Geld durch diebische Entwendung zu verlieren. Man ist bereits dem Thäter auf der Spur.

 

In dem Monat Januar c. sind in dem hiesigen Regierungs-Bezirk

 

Polizei-Institute

 

weder entstanden, noch eingegangen. Den

 

Zustand der Liegnitzschen Regierungs-Haupt-Casse in gedachtem Monat

 

stellet diejenige Designation dar, welche Euer Majestät wir hierneben unter Litt: B allersubmißest überreichen. Unter der Rubrique von

 

Grenz-Sachen

 

[13r] haben wir unterthänigst anzuzeigen, daß auch im Herzogthum Warschau die Rinder-Pest sehr nachgelaßen hat.

 

Militair-Sache.

 

Am 1ten Januar c. hatte der Unter-Commandant des Landsturms Glogauschen Kreises, Amtmann Rossmann zu Ruedschütz diesen Landsturm zum Exerziren versammlet. In der ersten Compagnie deßelben fehlte ein Mann, und als dieser erst am Schluß der Waffenübung sich einfand, ertheilte der p Rossmann ihm dieserhalb einen Verweis, worüber er jedoch von ihm verlacht wurde. Kaum hatte der p Rossmann dieses achtungswidrige Betragen durch einen Hieb mit der Säbel-Klinge bestraft, als er von einer großen Anzahl Landsturm-Männer umringt, mit Pickenschlägen auf den Kopf gemißhandelt und zuletzt durch einen Stich in das Herz ermordet wurde. Zu Ausmittelung der noch nicht mit Zuverläßigkeit bekannten Thäter haben wir das Erforderliche veranlaßt, vorläufig befinden sich acht Mitglieder jener Compagnie in Verhaft und in Untersuchung, welche sämmtlich an jenem Ver-[13v]-brechen Theil genommen zu haben, verdächtig sind.

 

Handels-Gegenstände.

 

In der Stadt Goldberg ist das Tuch-Verkehr seit einiger Zeit wieder etwas in's Stocken gerathen. Man hoft inzwischen, daß dort sich bald wieder fremde Käufer werden einfinden, und Bestellungen aus dem Auslande werden gemacht werden. Auch verspricht man sich gute Geschäfte auf der Frankfurther Reminiscere-Meße.

 

In Grünberg wurden im Monat Januar c. 2407 Stück Tücher fabricirt, deren Werth sich mit Ausschluß der Appretur-Kosten auf 65,070 r. beläuft. Die Summe der theils daselbst an fremde Käufer abgesetzten, und nach andern auswärtigen Plätzen versandten Tücher beträgt 3326 Stück.

 

Die Ruffersche Tuch-Fabricke allhier hat im verflossenen Monat 32 mittelfeine Tücher im Werth von 1600 r. gefertigt, 64 dergleichen Tücher aber nach Brody, und 70 feine und mittelfeine nach Memel und Königsberg versendet. Die Preis-Summe dieser exportirten Tücher wird zu 6700 Rth: angegeben. Die Verfaßung des [14r] Schlesischen Leinwand-Handels ist minder gut, als die des Tuch-Commercii. Auch dürfte die Wiederkehr seines ehemaligen Flors sobald nicht zu hoffen seyn, das das Verkehr über England und in die Schweiz, als für denselben beinahe ganz verlohren anzusehen sind. Denn in England ist zu Emporbringung der Schott- und Irrländischen Leinen-Manufacturen der bisherige Zoll für auswärtige Leinen- und Schleier-Waaren von 25 auf 40 pro Cent wiederum erhöht worden, und die Schweitz wird gegenwärtig mit englischen Baumwollen Waaren überschwemmt, die der Schlesische Handelsstand durch seine Fabrikate zu verdrängen nicht im Stande ist, weil er letztere in derjenigen Güte und Wohlfeilheit, welche die englischen auszeichnet, zu liefern nicht vermag.

 

Die Quantitaet der im Monat Januar c. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg und Greiffenberg zur Ausfuhr declarirten Leinen-Waaren wollen Euer Majestät aus der unter litt: C beigefügten Designation allergnädigst zu ersehen geruhen.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement

 

[14v] haben sich nicht ereignet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im Monat Januar c. waren

 

außer denjenigen, welche die allerunterthänigst angeschloßenen Nummern 2 bis 6 des vierten Jahrgangs unseres Amtsblatts enthalten.

 

1) die Sorge, denjenigen Grund-Eigenthümern des Departements, welche als Bewohner der Gegenden, in denen die Befreiung Schlesiens vom Feinde erkämpft worden, ihre vorjährige Erndte verlohren, und nicht die Mittel haben, das zur Bestellung der Sommersaat erforderliche Getraide sich zu kaufen, den notdürftigsten Bedarf zu verschaffen. Dieser Bedarf ist nunmehr zu 29754 Scheffel Gerste, 59,693 Scheffel Hafer, und 3932 Scheffel Erbsen ausgemittelt, und man hat zuvörderst versucht, eine Beisteuer durch freiwillige Gaben zu erlangen, bei welcher auch Ober-Schlesien durch eine Unterzeichnung mit ungefähr 10,000 Schf. Hafer mit gutem Beispiel vorausgegangen ist. Bei dem so sehr bedeutenden Bedarf von Saamen-Getraide läßt sich indeßen die Gefahr, daß ein großer, sonst gesegneter Landstrich in Euer Majestät Staaten im laufenden Jahr unbestellt liegen bleibe, nur [15r] dann abwenden, wenn derjenige Theil Schlesiens, der besonders im Breslauschen Regierungs-Departement durch den Feind nicht heimgesucht worden, den Kriegs-Beschädigten durch Leistung des nothwendigsten Saamen-Getraides und Betriebs-Viehes zu Hülfe kommt und den Hülfsbedürftigsten eine Unterstützung aus den in den Schlesischen Vestungen befindlichen Approvisionnements-Vorräthen, welche bei den glorreichen Vorschritten Euer Majestät siegreichen Heeres, unsers Dafürhaltens nach für jetzt disponible sein möchten, durch Euer Majestät allerhöchste Gnade zu Theil wird. Beide Vorschläge haben wir in das Militair-Gouvernement der Provinz gelangen laßen.

 

2) Die Vorsorge für die, dem hiesigen Regierungs-Departement fortwährend allein zur Last fallende Verpflegung desjenigen Truppen-Corps, welches die Bloquade der Vestung Glogau fortsetzet.

 

3. Die fortgestellte Bemühung, dem Weiterschritt der größtentheils durch die zu enge Cantonnements jenes Bloquade-Corps im Glogauschen Creise erzeugten, und von marschirenden Truppen dem Bunzlau-Loewenbergschen Creise insonderheit [15v] zugeführten typhösen Krankheiten Einhalt zu thun, und den angesteckten Gegenden zu Hülfe zu kommen.

 

4.) Die vorläufig mit glücklichem Erfolg belohnte Bekämpfung der letzten Spuren der aus dem Herzogthum Warschau eingeschleppten Rinderpest.

 

Unter der Rubrique

 

Dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]