1                                                                                                      Liegnitz, 5. Februar 1810

Zeitungsbericht für Januar 1810

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16500, Bl. 1r-4v, Anlagen Bl. 5r-7r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 13. Februar 1810.

 

 

[1r] Liegnitz den 5ten Februar 1810.

 

Die Regierung erstattet den Zeitungs-Bericht von dem Bezirk ihrer Administration pro Januario c.

 

Ewr. König. Majestät den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem uns anvertrauten Departement für den Monat Januar c. ehrerbietigst vorzulegen, ist jetzt unsere Pflicht, und wir suchen derselben durch nachstehende allerunterthänigste Anzeigen ein Genüge zu leisten:

 

Witterung.

 

In der Gegend von Liegnitz war selbige in den ersten Tagen des verflossenen Monats sehr trübe, und am 4ten und 5ten zugleich nebelicht. Der Wind kam stets aus Süden, ausgenommen den 4ten und 7ten, wo derselbe aus Westen blies. Am 12ten trat Nordwestwind ein, der von Schnee begleitet war, und bis zum 14ten anhielt. Vom 15ten bis zum 16ten wehte der Wind bei wolkenfreiem Himmel aus Süd-Osten. Nachher herrschte bis zum 24ten fast ununterbrochen Westnordwestwind. Am 17ten war trübe Witterung, und Abends Schneegestöber. Dies fand auch den 18ten und 19ten statt. Den 20ten 21ten und 22ten zeigte die Sonne ihr Antlitz fast beständig, vom 23ten bis 28ten hingegen nur selten, weil es durch starke Nebel-Wolken häufig verhüllet wurde. Der höchste Stand des Reaumurschen Thermometers war den 3ten Mittags 5 Grad über, und der niedrigste den 14ten früh 14 Grad unter Null. Die Wintersaaten sind durch eine starke Schneedekke gegen den Angriff des Frostes wohl geschützt.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonathlichen Preise des Getreides auf den Märkten der vorzüglichsten Städte des Departements, und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes wollen Euer Majestät aus [1v] der unter dem Buchstaben A beigeschloßenen balancirten Designation zu ersehen geruhen.

 

Der Berliner Scheffel Kartoffeln gilt jetzt 9 bis 11 g. Münze. In der Designation sub litt: B werden die Summen und Preise der eingeführten Colonial- und andere ausländischen Waaren pflichtschuldigst nachgewiesen.

 

Von diesen Waaren ist das Blauholz, weil einige Zufuhr statt gefunden, um 10 pro Cent abgeschlagen, der Pfeffer hingegen wegen Mangels an denselben um 12 pro Cent theurer geworden.

 

Das fortdauernde Ausfuhr-Verboth in Hamburg p und die Strenge der franz: Douanen verhindern die Zufuhr der meisten von den designirten Waaren-Artikeln, weshalb besonders der rohe Zukker mangelt, und die Raffinerien genötigt sind, die Preise deßelben zu erhöhen.

 

Auch der Ungar-Wein steigt im Preise; wogegen für die übrigen Weinsorten nicht mehr als im Monat December a. pr. bezahlt werden darf.

 

Unter der Rubrick:

 

Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel,

 

haben wir allerunterthänigst anzuzeigen, daß die alten Tresorscheine dermalen 75 pro Cent Courant-Geld, und die Schlesische Pfandbriefe 88 1/2 bis 93 pro Cent gelten, auch daß die Scheidemünze nicht im Werthe sinkt.

 

Der

 

Gesundheits-Zustand

 

der Menschen ist gegenwärtig eben so erwünscht, als der des Viehes. Die Blatterkrankheit, welche unter den Schaafen geherrscht, zeigt sich nur noch in der Scholtisei-Heerde zu Gross-Laeswitz im Liegnitzschen Kreise.

 

Unglüks-Fälle.

 

In Schlabitz, Guhrauschen Creises, ist der Auszügler [2r] Martin Schlaffke, der dem Trunke sehr ergeben gewesen, beim Uebersteigen eines Zauns in ein Waßer gestürzt, und darin ertrunken.

 

Der Müller-Meister Heinze in Guhrau fiel am 2ten v. M. auf seiner Mühle von der sogenannten Korbleiter in das Mühlrad hinab und wurde von demselben zerquetscht.

 

Am 4ten v. M. hat sich der Knecht David Kossmehl in Tscheschen, Wohlauschen Kreises, aus unbekannten Gründen erhängt, und am 15ten hat der Häusler Lauschner zu Herrmannsdorff, Jauerschen Creises, auf gleiche Art dem Verhängniß vorgegriffen. Eben so erstach sich in Carlstadt bei Militsch eine Frauensperson, deren eheliche Verbindung die Eintracht floh.

 

Am 30. December v. J. kam bei dem Bauer Weiner zu Wolffsdorff, Goldbergschen Creises, Feuer aus, welches dessen Wohngebäude nebst einem Stall verzehrte.

 

Am 4ten v. M. brandte die Stelle des Gärtners Ansorge Markwert zu Boberröhrsdorff, Hirschbergschen Creises, ab. Von beiden traurigen Ereignissen hat sich die Entstehungs-Ursache nicht ausmitteln laßen.

 

Am 2ten v. M. vernichtete ein höchstwahrscheinlich von der Hand eines Bösewichts auf dem Schloß-Vorwerke zu Gross-Graeditz, Glogauschen Creises, dem verabschiedeten Rittmeister von Uechteritz gehörig, gestiftetes Feuer, sämmtliche zu demselben gehörige Pferde- und Rindviehstelle, den Schüttboden, das Gesindehaus, und die Wagen-Remise. Das beklagenswerthe Dominium daselbst berechnet sich die Kosten, die zum Wieder-Aufbau der eingeäscherten Gebäude erforderlich seyn dürften, so wie den Verlust an Futter, Boden-Beständen und Wirthschafts-Geräthen, imgleichen der mit verbrandten 8 Pferde, 3 Ochsen, und 15 Stük Jungvieh auf 10,000 rtllr.

 

Dem Hauptmann vKleist von der sächsischen Garnison in Glogau wurden bei nächtlicher Weile gegen 600 r. in Gelde und Silbergelde entwendet. Von diesem Diebstahl [2v] ist der Thäter bisjetzt noch nicht entdekt.

 

Unter der Rubrick:

 

Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute,

 

bemerken wir blos allerdevotest, daß bei Ewr. Königlichen Majestät Allerhöchstverordneten Ministerio des Innern von uns vor Kurzem auf Bestimmung angetragen worden, ob die nach der Einnahme der Vestung Glogau von franz: Truppen im hiesigen Regierungs-Bezirk gebildete Kreis-Gensd'armerie beibehalten oder wieder aufgelöset werden soll. Für den erstern Fall haben wir uns detaillirtere Vorschläge zu deren zwekmässigerer Einrichtung vorbehalten.

 

Summarische Nachweisung der Zuflüsse in die König. Cassen.

 

Die Einnahme für den Monat Januar c. hat bei der Regierungs-Haupt-Casse sich belaufen auf          83,339 r. 4 g. 9 3/5 p.

 

Die Einnahme-Reste betragen ------- 76,830 - 11 - 1 4/5 -

 

Ausgegeben sind -------------------- 152,347 - 18 - 1 2/5.

 

An Ueberschüssen zu den Staats-Cassen sind abgeführt worden,
 

a) aus den laufenden Gefällen        136,775 r. 11 g. 6 p.

 

b) aus der Resten-Casse von ein-
gegangenen Nachzahlungen .....................................

 

Militaria.

 

Von der gegenwärtigen Stärke der fremden Besatzung der Vestung Glogau enthält der Bericht des dasigen Magistrats keine Anzeige. Wir glauben daher, daß solche sich gegen den Monat December v. J. nicht geändert habe, in welchem sie auf 1626 Mann angegeben wurde.

 

Grenz-Sachen.

 

In dem Königreiche Sachsen läßt man sich die Verbeßerung der Polizei auf dem Lande jetzt ganz besonders angelegen seyn. Die Nachtwachen auf den Dörfern werden doppelt, oft auch dreifach abgehalten. Jeder Fremde wird streng examinirt, und derjenige, welcher sich nicht gehörig auszuweisen [3r] vermag, aufgegriffen, und an seinen Geburtsort transportirt. Aus diesem Grunde sollen auch alle bisher aus Schlesien nach Sachsen ausgetretenen Cantonisten in hiesige Provinz zurükgeschikt werden. Diese Maaßregeln setzen die an Sachsen grenzenden Creiser unseres Departements in die Gefahr, mit liederlichem Gesindel überschwemmt zu werden, und sind ein kräftiger Aufruf für alle diesseitigen Polizei-Officianten zur Verdoppelung ihrer Wachsamkeit. Ihnen solche einzuschärfen, ist von uns nicht verabsäumt worden.

  

Die sogenannten Kaiserböhmen, so wie die 10 und 20 Kreutzer Stükke sollen vom 15ten m. c. ab, in den König. Sächsischen Cassen nicht mehr angenommen werden.

 

Die in dem Herzogthum Warschau herrschende Rindviehseuche hatte sich zwar bis Schmiegel erstreket; der von uns in die Nähe von Schmiegel gesandte Creis-Physicus D. Ferne hat uns jedoch die beruhigende Anzeige erstattet, daß pohlnischer Seits kräftige Maaßregeln zu deren nicht weiterer Verbreitung ergriffen worden sind, und in Folge dieser jenes Uebel bereits vor vier Wochen im starken Abnehmen begriffen war. -

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden.

 

Zu Sagan wird der neue Herzogliche General-Bevollmächtigte, Graf von Wratislaw im laufenden Monat erwartet, wogegen der bisherige General-Bevollmächtigte Ritterschafts-Rath von Bandenner aus herzoglichen Diensten entlassen und nach Berlin zurückgekehrt ist.

 

Durch ein Decret Ewr. König. Majestät Justitz-Ministerii ist der zeitherige Justitz-Director Zebe in Sprottau vorläufig ab officio suspendirt worden.

 

Commercium.

 

Die jetzige gute Schlittenbahn im Gebirge ist dem Getreide-Verkehr der Provinz mit Böhmen sehr beförderlich. Indeß der Mangel aller Nummerairs in Böhmen, so wie der schlechte Cours des dasigen Papier-Geldes, verursachet, daß von den dasigen höheren Preisen dennoch nicht der für Schlesien zu wünschende Gewinn gezogen werden kann. -

 

[3v] Die Tuch-Fabrication wird gegenwärtig mit größerer Industrie, als sonst betrieben, weil jetzt mehrere Bestellungen auf Tücher aus dem nordischen Auslande eingehen.

 

Daß die Sächsischen Leinwand-Fabriquen, welche die rohen Garne gegenwärtig auf der Commercial-Strasse, aus Pohlen ziehen, die Leinwand-Fabricate deshalb in einem mässigern Preise, als die schlesischen Kaufleute, liefern können, ist der Provinz eben so nachtheilig, als die geringe Ausfuhr der Leinwand zur See.

 

Indessen freuen wir uns, Ewr. König. Majestät allerunterthänigst versichern zu können, daß die Nachfrage nach Leinwand im hiesigen Departement jetzt stärker, als im vorigen Jahre um diese Zeit ist. In Triest ist durch dort gelandete Schiffe aus der Barbarei ein grosser Theil unserer Leinen Waaren aufgeräumt worden. Man darf daher der angenehmen Nachricht entgegen sehen, daß dies auch in Livorno geschehen sei. Der Leinwandhandel nach Italien ist inzwischen nie so bedeutend, als er sonst über Spanien nach Süd-Amerika war. Wenn aber auch von dort dem Anschein nach glänzende Verkauf-Rechnungen auf weiten Umwegen eingesendet werden, so ist bei dem Handel dahin, doch jezt, wegen des nachtheiligen Cours auf London, und der Schwierigkeiten, die Gelder zu beziehen, oft gar kein Gewinn, sondern vielmehr Verlust.

 

Nach dem Norden werden die Geschäfte, besonders von Greiffenberg aus, lebhafter, als im verflossenen Jahr.

 

Für Bremen und Hamburg ist die Schiffahrt durch den Winter geschlossen. Der Absatz unserer Leinen Waaren daselbst im herannahenden Frühjahr ist davon abhängig, ob zwischen Groß-Brittanien und Nord-Amerika ein freundschaftliches Arrangement wegen der Intercourse-Acte stattfinden wird.

 

Zu Leipzig sind in der letztern Neujahrs-Messe bedeutende Sendungen von baumwollenen Garn und Colonial-Waaren eingetroffen, so daß auch die Preise des Rohzukers daselbst 15 pro Cent gefallen seyn sollen. Demohnerachtet haben wir der Zuker-Raffinerie zu Hirschberg im laufenden Monate [4r] eine Preis-Erhöhung des Raffinats nachgeben müssen, weil dieselbe aus den Preis-Couranten der Schicklerschen Raffinerie zu Berlin, so wie der Raffinerien zu Breslau nachgewiesen hat, daß dieser eine Preis-Erhöhung gestattet worden, und die Hirschberger Preise sich nach den Berliner und Breslauer Preisen richten.

 

Noch bemerken wir allersubmissest, daß nach Anzeige  der hiesigen Accise-Direction bei den ihr untergeordneten Zoll-Aemtern im Januar c. 83 Stein 11 lb. Wolle Berliner Gewicht, imgleichen für die Monate November und December 1809 und Januar c. an unbewolltem Schaafvieh 503 Stük in Ausfuhr verzollt worden sind.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im abgewichenen Monat waren

 

die Anstalten zur Abwehrung der im Herzogthum Warschau herrschenden Rindviehseuche von hiesiger Provinz.

 

Die Sorge für die Betreibung der Reste zur Domainen-Resten-Casse von den General-Pächtern Ewr. König. Majestät Domainen-Aemter,

 

Die Unterstützung brodloser vormals südpreußischer Officianten, aus den nunmehr huldreichst bewilligten Unterstützungs-Fonds, die Berathung über die Zu- oder Unzuläßigkeit des Etablissements einer Fruchtessig-Brauerei zu Alt Kemnitz, dem Gr. v. Bressler gehörig, im Hirschbergschen Creise. Das Resultat fiel dahin aus, daß diese Anlage wegen des nicht zu beseitigenden Widerspruches der hiesigen Accise-Direction, welche jene im Grossen beabsichtete Fabrication für das Accise-Interesse nachtheilig fand, nicht gestattet werden konnte, obgleich die Nützlichkeit derselben in staatswirthschaftlicher Hinsicht nicht verkannt werden konnte.

 

Die Aufhebung der Beschränkung der Dorfkrämer und concessionirten Leinsaamenhändler, ihren einländischen zum Wieder-Verkauf bestimmten Leinsaamen blos auf städtischen Märkten einkaufen zu dürfen.

 

Die Deliberation über zwekmässigere Einrichtung der Creis-Gensd'armerie in dem Fall, daß Euer König. Majestät deren Beibehaltung zu verordnen geruhen.

 

Die Veranlaßung einer genauen Recherche der Criminal [4v] Gefängnisse allhier und zu Glogau, Behufs der Entdekkung ihrer Mängel in medizinisch polizeilicher Rüksicht. Zu dem Ende sind Mitglieder unsers Collegii zu Abhaltung dieser Untersuchung mit Zuziehung von Aerzten beauftragt worden. Eben so sind auch die Commissarien aus unserm Collegio ernannt, und bereits in Thätigkeit gesetzt worden, um Ewr. König. Majestät Forsten von den so schädlichen Servituten aller Art zu befreien.

 

Für die Rubrick von

 

Dringenden Reformen und Verbesserungen in der Administration

 

mangelt es uns an Stoff.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]