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Zeitungsbericht für März 1811

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16501, Bl. 14r-17r, Anlagen Bl. 18r-20r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 13. April 1811.

 

 

[14r] Liegnitz den 4ten April 1811.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat Mart: c.

 

 

Ewr. Majestät säumen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem uns allergnädigst anvertrauten Departement für den Monat Mart: c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst abzustatten.

 

Witterung.

 

Die herrschende Richtung des Windes war westlich, und nordwestlich, ausgenommen am 15ten, 16ten, 17ten, 25ten, 26ten und 31ten v. M., an welchen Tagen derselbe aus Nordost wehete. Den 3ten, 4ten, 23ten und 29ten fand starker Sturm statt. In der ersten Hälfte des Monats war die Witterung sehr mild, in der zweiten wurde sie wieder etwas rauher. Am 23ten fiel Hagel, und den 30ten und 31ten fielen Schneefloken, die jedoch sogleich schmolzen. Regentage waren der 3te, 20ten, 21ten 22ten 24ten und 30ten. Der höchste Stand des Reaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 8ten und 9ten Mittwochs 12 Grad über, und der niedrigste den 26ten und 27ten früh drei Grad unter Null. Die Wintersaaten zeigen sich fast überall sehr gut, und die Vegetation hat bereits Fortschritte gemacht. Wünschen muß man also, daß nicht noch kalte Witterung eintrete, durch welche sie sehr leiden würde. Schon in der Mitte des vorigen Monats beschäftigte den Landmann die Zurichtung der Aeker zur Sommersaat. Der Eisgang im Oderstrohm hat keinen bedeutenden Schaden verursacht.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonathlichen Preise des Getraides auf den Märkten der [14v] vornehmsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes wollen Euer König. Majestät aus der unter dem Buchstaben A beigeschlossenen balancirten Designation huldreich zu entnehmen geruhen. Die Beilage sub litt. B verzeichnet die Quantitaet  des im Merz c. ein- und ausgeführten Getraides und Gemüses. Der Berliner Scheffel Kartoffeln wird dermalen nach Verhältniß ihrer Güte mit 10 bis 22 sg. Real-Münze bezahlt.

 

Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.

 

Das Agio von den holländischen und Kaiserlich österreichischen Rand-Dukaten ist etwas gestiegen, wogegen das der Friedrichsd'or, imgleichen der Werth der Pfandbriefe, obwohl nicht bedeutend, gesunken ist.

 

Auffallende

 

Mortalitaet

 

ist unter den Menschen im abgewichenen Monat nicht bemerkt worden. Der chronischen Kranken, besonders der hydropischen, sind jedoch mehrere gestorben. Seitdem wieder rauhere Witterung eingetreten ist, zeigen sich Anginen, Katarrhal-Zufälle und Rheumatismen, so wie das Scharlachfieber, an verschiedenen Orten. In dem an der sächsischen Grenze belegenen herzoglich Kurländischen Dorfe Ruppendorff, Saganschen Creises, sind die Menschenpokken ausgebrochen. Durch die von uns verfügte Sperre dieses Orts, und General Impfung der umliegenden Gegend wird dieses Uebel hoffentlich im Entstehen unterdrükt werden.

 

Die Rindviehpest herrscht nur allein noch in dem Dorfe Herrmannsdorff, Jauerschen Creises.

 

Unglüks-Fälle.

 

Drei Einwohner des Departements nahmen sich im verfloße-[15r]-nen Monat aus Schwermuth selbst das Leben.

 

Mehrere wurden auf freiem Felde gefunden, die der Frost getödtet hatte.

 

In Seiffersdorff, Guhrauschen Creises, erschlug ein umstürzender, mit einem starken Brettklotz beladenen Wagen den Sohn der Wittwe Scholzin.

 

Zu Boberröhrsdorff, im Bezirk von Hirschberg, verunglückte das Dienstmädchen des Müllers Becker im Boberfluß beim Wäsche-Schweifen.

 

Auf gleiche Art fanden ein gewißer Fels in Herisdorff und der Walker Hoffmann in Cunersdorff, beides Dörfer in dem Hirschbergschen Creise, den Tod.

 

Am 5ten v. M. spielten einige Kinder zu Steinau auf einem Schlitten, welcher an der evangelischen Kirche angelehnt stand. Der Schlitten fiel um, und beschädigte einen Knaben dergestalt, daß derselbe einige Stunden nachher seinen Geist aufgeben mußte.

 

In Lueben wurde am 15ten Febr: c. die städtische Brandweinbrennerei durch ein Feuer zerstört, deßen Entstehungs-Ursache nicht mit Zuverläßigkeit hat ausgemittelt werden können.

 

Am 8ten v. M. früh um 2 Uhr entstand, wahrscheinlich durch Verwahrlosung, in dem Hause der Wittwe Walter zu Hirschberg ein Brand, in welchem ausser diesem Hause noch ein anderes ein Raub der Flammen wurde.

 

In dem Dorfe Roehlau, Freystaedtschen Creises, legte an demselben Tage eine Feuersbrunst, deren Ursprung noch unbekannt, sechs Nahrungen in die Asche. Die Ehefrau des dortigen Bauers Gurke, imgleichen der sechsjährige Sohn des Bauers Haensel kamen zugleich dabei um das Leben.

 

In Reisicht, Goldberg-Haynauschen Creises, brandte das Gehöft des Häuslers Lorenz ab. Der Art, wie dieses Unglük [15v] herbeigeführt worden, hat man vergebens nachgeforscht.

 

Am 10ten starb die Ehefrau des Wirthschaftsvoigt Wonneberg zu Lorenzdorff, im Loewenberger Creise, nach dem Genuß einer Suppe, welcher von der Häuslertochter Nitschke aus dem zu Lorenzdorff gehörigen Hasenau Gift beigemischt worden war. Die bereits eingezogene und summarisch verhörte Frevlerin hat nach ihrem Bekenntniß dieses Verbrechen in der Absicht verübt, um den Ehemann der Getödteten, von dem sie schwanger sich befindet, heurathen zu können.

 

In der Nacht vom 19ten zum 20ten sind dem Freigärtner Sachs zu Merschwitz, Steinauschen Creises, ein Theil seiner Kleider, ein Randdukaten, imgleichen ein goldener und silberner Ring durch gewaltsamen Einbruch entwendet worden. Die Thäter dieses Diebstahls sind bis jetzt noch nicht entdekt.

 

Dem Garnsammler Gaertner aus Mittel-Giesmannsdorff, Sprottauschen Creises, wurde auf der Rükreise von Sagan auf der Straße zwischen Petersdorff und Buchwald von einem ihm fremden Menschen ein Sak, worin 42 1/2 r. Münze befindlich waren, gewaltsamer Weise abgenommen.

 

Für die Rubrique

 

Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute,

 

liegen uns keine Materialien vor.

 

Summarische Nachweisung der Zuflüße in die König. Cassen.

 

Die Einnahme der Regierungs-Haupt-Casse hat in dem Monat Merz c. sich belaufen auf ---------------- 135,974 r. 14 g. 8 2/5 pf.

 

die Einnahme-Reste betragen -------- 55,132 - 12 - 10 1/5 [pf.].

 

Ausgegeben sind ------------------- 129431 --14 -- 4 1/5

 

An Ueberschüßen zu den Staats-Cassen sind abgeführt worden,
aus den laufenden Gefällen --------- 114242 ------- 6 [pf.]

 

Militair-Sachen.

 

Am 1ten hujus ist die sächsische Garnison der Vestung Glogau nach [16r] Sachsen abmarschirt, und zum Ersatz derselben das sächsische Infanterie-Regiment vacant von Loeo in Glogau eingerükt. Durch diese Veränderung ist vorläufigen Nachrichten zu Folge die dortige Besatzung um 3 bis 400 Mann vermehrt.

 

Grenz-Sachen.

 

Der in Dresden niedergesetzte engere Ausschuß soll sich mit äusserst wichtigen und schwierigen Gegenständen beschäftigen. Von seinen Berathungen sind zur Zeit noch keine Resultate bekannt.

 

Ein unverbürgtes Gerücht sagt, daß ein Theil der sächsischen Armee bei Dresden sich zusammen zu ziehen befehligt worden sei, jedoch schon Contreordre erhalten habe.

 

Die sächsischen Baumwollen-Fabriquen machten bisher bedeutende Geschäfte. Jetzt aber haben sie nur sehr geringen Absatz, und die Größe ihres Waaren-Lagers übersteigt ihre Kräfte.

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden im hiesigen Regierungs-Bezirk,

 

haben sich nicht ereignet. Sie werden aber in den Stadtverordneten-Versammlungen durch das in der Städteordnung gebotene Ausscheiden eines dritten Theils ihrer Mitglieder, und durch die Wahl neuer Stadtverordneten nächstens eintreten.

 

Commercium.

 

Aus den Gründen, welche Ewr. Majestät wir in unserm Zeitungs-Bericht für den Monat Februar c. allerdevotest angezeigt, wird jetzt der Debit an wollenen Tüchern mit jedem Tage schwächer. Die Geldbedürftigen Tuch-Fabricanten mußten daher ihre Waaren auf der Frankfurther Meße mit vielem Verlust verkaufen, wenn sie Geld lösen wollten.

 

Bei den Zoll-Aemtern unseres Departements sind im Monat Merz c. nur 22 Stük Schaafvieh zur Ausfuhr declarirt worden. [16v] Wolle ist nicht ausser Landes gegangen.

 

Wegen des Verboths der Einfuhr fremder Leinen in das Rußische Reich ist auch der Leinwand-Absatz auf den inländischen Meßen und Märkten nur unbedeutend. Das wenige, was noch gesucht wird, sind ganz ordinaire Leinen, von mittlerer und feiner Gattung, die jedoch äusserst preiswürdig seyn müßen. Der Schlesische Gebürgs-Handelsstand hat vor Kurzem aus Hamburg und Bremen die Nachricht erhalten, daß in den dem französischen Reiche jetzt einverleibten Hansen-Städten ein Zoll auf alle fremde Leinen gelegt werden soll, nehmlich 61 1/5 francs auf weiße Leinwand aller Art, auf ein Kilogramm oder 200 lb. Auf ein Schok weiße Leinwand würde also diese Abgabe 1 r. betragen. Für rohe Leinen sollen gegen 51 Francs bezahlt werden. Dieser Zoll-Tariff droht unsern Leinwand-Fabriquen den letzten Stoß zu versetzen. Denn außerdem, daß unsere Leinen, welche jezt selbst für die ausgelegten Kosten nicht anzubringen sind, dadurch sehr vertheuert werden, erfordert auch jener Zoll eine bedeutende Summe baaren Geldes, die sogleich bei der Einfuhr entrichtet werden muß.

 

Aus dem hiesigen Departement sind übrigens im 3ten Quartal 1810 /11 161 Schok 30 Stük rohe, und 274 Schok 40 Stük gebleichte Garne, überhaupt also 436 Schok und 10 Stük in andere Provinzen Euer König. Majestät versendet worden.

 

Das Sinken der Wiener Banco-Noten soll den Credit einiger Handlungshäuser in Breslau erschüttert haben. Es wird für mehrere gefürchtet.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im letzt vergangenen Monat waren:

 

Die Einleitung der General-Vaccinationen für das laufende Jahr, welche in dem jetzt eingetretenen Frühling ihren Anfang nehmen sollen.

 

[17r] Die Anordnung von Sanitaets-Quartal- und Jahr-Berichten der uns untergebenen Medizinal-Behörden.

 

Anstellung einiger Versuche über die Natur der Rindviehpest zu Erlangung einer genauern Erkenntniß derselben.

 

Veranstaltungen, den Bädern zu Warmbrunn und Flinsberg in medizinischer und polizeilicher Hinsicht mehrere Vollendung zu verschaffen.

 

Fernere Einleitungen zu Domainen-Aemter-Veräusserungen,

 

die fortgesetzten kommißarischen Arbeiten wegen Aufhebung der Stifter und Klöster in unserm Departement,

 

die Beitreibung rükständiger Pacht-Gefälle von General Domainen-Pächtern, imgleichen schuldiger Steuern und Kriegs-Kosten von Dominiiis.

 

Die Verpflichtung der Magistraete verschiedener kleiner Städte unseres Verwaltungs-Bezirks zu mehrerer Beherzigung der Sorge für Vervollkommnung des Armen-Verpflegungswesens.

 

Verfügungen zur freiwilligen Einlieferung von Brod Roggen und Fourage an die Garnison-Magazine.

 

Verordnungen an die Creis-Landräthe zu Gestellung von Cantonisten an diejenigen Truppen-Abtheilungen, welche derselben bedürfen.

 

Eine provisorische General-Vorschrift zur Verbesserung des Land-Schul-Wesens.

 

Unter der Rubrike

 

dringende Reformen und Verbesserungen der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

  

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]