10 Liegnitz, 4. November 1814
Zeitungsbericht für Oktober 1814
GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16504, Bl. 97r-100v, Anlagen Bl. 101r-104r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 14. November 1814.
[97r] Liegnitz den 4ten Novbr: 1814.
Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat October c.
Euer Majestät verfehlen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Administration für den Monat October c. in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst zu erstatten:
Die
Witterung
war fast den ganzen Monat hindurch trokken und heiter. Der Wind wehete bis zum 22ten aus Nordwesten und Westen, vom 23ten bis zum 31ten aber aus Süden und Südosten. Der höchste Stand des Reaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz den 8ten und 18ten Mittags 14 Grad, und der tiefste den 11ten und 14ten früh 2 Grad über dem Eispunkte. Bereits mehrere Male haben bedeutende Nachtfröste statt gefunden.
Die trockene Witterung war der Bestellung der Wintersaat sehr günstig. Von letzterer hat die frühere bereits der Erde entkeimte einen Hoffnungsvollen Stand; das Aufgehen der späteren hingegen wurde durch Mangel an Erdfeuchtigkeit behindert, welchen jedoch der in den letzten Tagen des verfloßenen Monats gefallene Regen behoben hat.
Preise der Consumtibilien.
Die vormonatlichen Preise des Getreides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benach-[97v]-barten Auslandes wollen Euer Majestät aus der unter dem Buchstaben A beigeschloßenen balancirten Designation allergnädigst zu entnehmen geruhen. Der Berliner Scheffel Kartoffeln galt 10 bis 14 gg. Münz-Courant.
Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und Kaufmännischen Wechsel.
Die Tresorscheine sind von 78 auf 75 pro Cent herabgefallen. Von den Schlesischen Pfandbriefen standen die großen auf 94 1/3 und die kleinen auf 95 3/4 pro Cent.
Bei der schönen Witterung des abgewichenen Monats wurden nur wenige
Krankheiten
unter den Menschen bemerkt. Sie bestanden in Diarrhöen, Katarrhal-Zufällen und gichtischen Leiden, desgleichen in Augen-Entzündungen, welche in einigen Dörfern des Jauerschen Kreises epidemisch wurden. Die natürlichen Menschen-Pocken zeigten sich, jedoch ohne große Ausbreitung, an verschiedenen Orten.
Unter dem Rindvieh kam der Milzbrand hin und wieder zum Vorschein. Die Rinderpest herrscht nur allein im Dorfe Hammer, Militsch-Trachenbergschen Kreises, woselbst sie große Verwüstungen anrichtet. Zu Verhütung des Weiterschritts dieses Uebels ist die Sperre dieses Dorfs jetzt durch Militair beaufsichtet.
[98r] Unglücks-Fälle.
Zu Lomnitz, Hirschbergschen Kreises, ertrank die Tochter des dasigen Innwohners Schwarzer.
Ein gleiches Schicksal hatte das 3 jährige Söhnchen des herrschaftlichen Hofeknechts Kube, zu Nieder Rüstern, Luebenschen Kreises.
Der Maurermeister Liebelt in Bunzlau fiel bei dem Bau des Thorschreiber-Hauses am Oberthor so unglücklich von einer Leiter, daß er auf der Stelle seinen Geist aufgeben mußte.
Ebendaselbst wurde die Ehefrau des Webermeisters Zippel von einem bei ihr einquartierten Landwehrmann aus Unvorsichtigkeit erschoßen.
Zwei Personen griffen aus Schwermuth durch Selbstmord dem Verhängniß vor.
In Hermsdorff bei Sagan brandte das Gehöft des Scholzen Rehnisch bis auf die Scheuer ab.
Zu Krebsberg, Luebenschen Kreises, ward die Possession des Gärtners Sprenger eingeäschert.
Die Entstehungs-Ursachen dieser Unglücksfälle haben nicht ausgemittelt werden können.
Im Hirschbergschen Kreise wurde zu Berthelsdorff einem Bleicher eine Quantitaet Leinwand 50 r. an Werth, und zu Lomnitz dem Bauer Puschel eine Geldsumme von 50 r: Courant und mehrere Kleidungs-Stücke durch nächtlichen Einbruch entwendet.
In die Kirchen zu Ulbersdorff und Baersdorff, [98v] Goldberg-Haynauschen Kreises, brachen zur Nachtzeit bis jetzt noch unentdekte Diebe ein, welche an ersterm Ort den Gotteskasten beraubten, in Baersdorff aber aus einem Kasten in der Sakristey 10 r. Kirchengeld und eine Büchse mit einigen Thalern Armen-Geld stahlen.
Zu Neudorff, gleichfalls im Goldberg-Haynauschen Kreise, wurde dem Bauer Rambach ein Pferd in dem Stalle genommen.
In dem Monat October c. sind in dem hiesigen Regierungs-Departement
Polizei-Institute,
weder entstanden noch eingegangen.
Den
Zustand der hiesigen Regierungs-Haupt-Casse
im Monat October c. stellt diejenige Designation dar, welche Euer Majestät wir hierneben unter litt. B allersubmiß est überreichen.
Grenz-Sachen.
In Sachsen soll die dießjährige Getraide-Erndte beßer, als in hiesiger Provinz, ausgefallen seyn, und das Getraide dort im Preis eher sinken, als steigen.
In Folge der geschehenen Entfernung des Kaiserlich Rußischen Militairs im Herzogthum Warschau von der Schlesischen Grenze hat jetzt wieder Getraide-Einfuhr aus diesem Landes statt.
Gegenwärtig herrscht dort, besonders im Kreb-[99r]-ner und Krotoszyner Creise, die Rinderpest. Der Regierungs- und Medizinal-Rath Dr. Kausch und der Polizei-Districts-Commissarius von Briesen haben nach unserm Auftrage von 2 verschiedenen Punkten ab, einen Theil der an Schlesien zunächst grenzenden Kreiser berichtet. Auch hat ersterer den am 27ten v. M. statt gehabten Viehmarkt zu Gostin besucht, die auf demselben aufgetriebenen 6000 Stük Podolische Rinder aber nach allen äußern Zeichen voll kommen gesund befunden. Ob inzwischen nicht eine oder die andere Heerde auf dem Wege nach Gostin Ansteckung erlitten haben könnte, wird sich erst späterhin zeigen. In Folge der Rinderpest im Warschauschen ist aller Vieh-Einlaß aus dem Herzogthum untersagt worden.
Unter der Rubrick von
Militaribus
haben wir allerunterthänigst zu berichten, daß diejenigen Rußischen Truppen, welche bisher den Dohm in Glogau besetzt gehalten, nunmehr denselben verlaßen und nach dem Herzogthum Warschau sich begeben haben.
Handels-Gegenstände.
Die letzte Leipziger Meße ist vorzüglich für die Tuch-Negotianten der Provinz gut ausgefallen, und diese wünschen daher nur, daß auch die leider! [99v] noch immer fortdauernde Handels-Sperre des rußischen Reichs bald gänzlich aufgehoben werden möge. Von Grünberg wurden im vergangenen Monat 5794 Stück Tücher versendet. Es geschah dies zum Theil, weil die dortigen Tuch-Negotianten und Fabrikanten sich mit den erforderlichen Geldern zum Einkauf von Wolle auf dem Breslauer Woll-Markte versehen mußten, und daher die Waaren zu einem gemäßigteren Preise verließen, wogegen sie auf einen günstigen Einkauf des rohen Materials hoften. Diese Hoffnung ist jedoch unerfüllt geblieben, indem auf dem letzten Breslauer Wollmarkte der Stein Wolle um 2 bis 4 r. höher, als auf dem vorletzten Markte, hat bezahlt werden müßen.
Das Leinwand-Verkehr ist fortfauernd im Steigen; aber das Mißverhältniß der Garn-Preise zu denen der verkauften Schleier findet noch immer statt, und die Weber klagen über geringen Erwerb. Merklich heben dürfte der Leinwandhandel sich erst dann, wenn Hamburg seinen vormahligen Handels-Wohlstand bald wieder erlangte, und die ehemahligen Handels-Verbindungen mit Spanien und deßen Besitzungen in Süd-Amerika, so wie auch mit den vereinigten Nordamerikanischen Staaten wieder angeknüpft werden könten.
Die Quantitaet der im Monat October c. bei den Zoll-Aemtern zu Schmiedeberg, Hirschberg, [100r] Greiffenberg und Warmbrunn zur Ausfuhr declarirten Leinen-Waaren wollen Euer Majestät aus der unter litt. C beigeschloßenen Designation huldreich zu entnehmen geruhen.
Veränderungen bei öffentlichen Behörden im Departement
haben sich nicht ereignet.
Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung waren
außer denjenigen, welche die allerdevotest beigefügten Nummern 42 bis 44 des 4ten Jahrganges unseres Amtsblatts enthalten,
1.) die Vorsorge für zweckmäßige Vertheilung und Verwendung des von Euer Majestät huldreichst bewilligten Vorschußes von 50000 r: zur Unterstützung derjenigen Grund-Eigenthümer in den Kriegsbeschädigten Gegenden des Departements, welche des Saat-Getraides bedurft, um das Winterfeld bestellen zu können, durch welche gnadenvolle Bewilligung es allein möglich geworden, daß die Aecker in jenen Gegenden im nächsten Jahre Ertrag gewähren können,
2) die Anordnungen zu einer am Schluße des Monats statt gefundenen General-Landes-Visitation,
3) die Fortsetzung des Geschäfts der Liquidation der Leistungen aus der letzten Kriegs-Periode,
4) die Einleitungen zu einer mit dem 1ten d. Mts. [100v] eingetretenen veränderten Verpflegung des vaterländischen Militairs, und der fortwährend auf den Militair-Straßen in bedeutenden Abtheilungen ziehenden Reconvalescenten der Kaiserlich Rußischen Armée, so wie der aus der Kriegs-Gefangenschaft zurükkehrenden Franzosen.
Unter der Rubrick:
dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration
haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.
Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.
[gez.]