12                                                                                                    Liegnitz, 4./19. Januar 1811

Zeitungsbericht für Dezember 1810

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16500, Bl. 62r-65r, 69r-70r, Anlagen Bl. 66r-68r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum des Folgeberichts 24. Januar 1811. 

 

 

[62r] Liegnitz den 4ten Januar 1811.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht vom Liegnitzschen Regierungs-Departement für den Monat December vorigen Jahres.

 

 

Euer König. Majestät wollen den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem uns anvertrauten Departement für den Monat December v. J. nachstehenden Anzeigen allergnädigst zu empfangen geruhen: Die

 

Witterung

 

war bis gegen die letzten Tage des Monats sehr gelind. Nur zuweilen fiel das Thermometer einige Grade unter den Frostpunkt. Sieben Grad unter demselben, die es am 31ten zeigte, waren sein niedrigster Stand. Der Wind blies gewöhnlich aus Westen. In der ersten Hälfte des Monats fand häufig Regenwetter statt; den 10ten und 14ten fiel etwas Schnee. In der letzten Hälfte war es sehr stürmisch, besonders den 21ten 24ten und 26ten. a$Am 10ten hat der Zakken von seinem Einflusse in den Bober an bis in das Hirschbergsche Kreisdorf Herischdorff, also über eine halbe Meile, einige Stunden still gestanden. Der Grund dieser seltenen Erscheinung ist noch unbekannt.$a Die Wintersaaten zeigten sich fast überall so gut, daß man zur Hoffnung einer ergiebigen Erndte berechtiget ist.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Die vormonatlichen Preise des Getraides auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements und das Verhältniß dieser Preise zu denen des benachbarten Auslandes werden in der unter dem Buchstaben A beigefügten balancirten Designation pflichtschuldigst nachgewiesen.

 

Die Beilage sub litt: B designirt die Quantitaet des im December 1810 ein- und ausgegangenen Getraides.

 

Der Berliner Scheffel Kartoffeln gilt nach Verhältniß der Güte dieser Erdfrüchte jetzt 12 bis 24 sg: Realmünze.

 

Cours der Münzsorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel.

 

Die Hamburger Banco-Noten, die Wiener Dukaten, die [62v] preußische Münze und Friedrichs d'ors waren in den Handels-Plätzen des hiesigen Regierungs-Departements gestiegen, dagegen aber die Wiener Banco-Zettel, schlesischen Pfandbriefe, die Tresorscheine und holländischen Dukaten, erstere sehr letztere etwas gefallen. Die gedachten Pfandbriefe stehen 81 bis 83 pro Cent.

 

Sterblichkeit.

 

ist im Monat December pr. unter den Menschen nicht bemerkt worden. Schwächliche Personen haben jedoch an rheumatischen Zufällen, Drüsen-Uebeln, bösen Hälsen, Diarrhoeen, so wie an Nervenfiebern hin und wieder gelitten.

 

Die Rindviehpest hat zu unserer Freude nun schon mehrere Dörfer, wo sie gewüthet hatte, verlaßen. In den meisten ist durch lange Partialsperren, und durch gewissenhafte Befolgung des Angeordneten der größte Theil des Rindviehes gerettet worden. In einigen aber, wo man die erforderlichen Anstalten aller Befehle und Drohungen ohnerachtet zu spät oder nicht mit der so nöthigen Praecision vorgekehrt, und wo man sie schlecht beachtet hat, ist beinahe alles Vieh gefallen. Unter den Physikern, welche der weitern Verbreitung der Viehpest mit vorzüglichem Eifer entgegen wirken, steht der Creis-Physicus, Doctor Beling hierselbst, oben an.

 

Oeffentliche Sicherheit.

 

Wir haben aus keinem Bezirk unsers Departements eine Anzeige, daß die öffentliche Sicherheit irgend wo gefährdet worden wäre, und müßen im allgemeinen uns mit dem Benehmen der zur Fürsorge für diesen Zwek angestellten Beamten zufrieden erklären.

 

Unglüks-Fälle.

 

Am 2ten Decbr. pr. verlohr der Kutscher des General Pächters Euer König. Majestät Domainen-Amtes Liegnitz durch einen Fall vom Heuboden in einem Alter von 29 Jahren sein Leben. Eben so fand der Zimmergeselle Mahler aus Herischdorff bei Hirschberg den Tod im Boberfluß. [63r] Ein gleiches Schiksal hatte der Einwohner Kirchner in dem Hirschbergschen Stadtdorfe Straupitz, und der 40 Jahr alte Häusler Markstein aus Seidorff desselben Creises ertrank in dem Teiche bei dem sogenannten Harte-Kretscham zu Quirl.

 

Am 10ten starb der Häusler Wiedermann zu Thomaswaldau, im Loewenberg-Bunzlauschen Creise, an den Folgen des Falls in eine Kalksteingrube zu Nieschwitz.

 

Die Ehefrau des Fischers Grützbach aus Sagan stürzte auf einer Reise nach Grünberg in der Dunkelheit von dem über die Briesnitz führenden Steige bei Reichenbach, Saganschen Kreises, in diesen Fluß und ward aus demselben entseelt herausgezogen.

 

Fünf Personen haben im abgewichenen Monat durch Selbstmord dem Verhängniß vorgegriffen.

 

In Wüsterröhrsdorff, Hirschbergschen Creises, verlor der Kretschmer Hoffmann sein ganzes Gehöft durch ein Feuer, dessen Entstehungs-Ursache man vergebens auszumitteln gesucht hat.

 

Durch Unvorsichtigkeit eines Kindes wurde zu Wielige, Militsch-Trachenbergschen Creises, das Wohnhaus der Wittwe Einsporn in Brand gesetzt, und eingeäschert.

 

In Powitzko, gleichfalls in dem Militsch-Trachenbergschen Creise, brandten drei Bauerhöfe und ein Angerhaus ab. Zugleich wurde ein Schüttboden des Schloß-Vorwerks mit vielem Getreide vernichtet. Ueber die Art, wie dieses Unglük herbeigeführt worden, wird vielleicht der zur Zeit noch nicht eingegangenen nähern Bericht des Creis-Landraths Auskunft geben.

 

Am 13ten December kam bei dem Brandweinbrenner Ulm in Conradswaldau, Guhrauschen Creises, durch unbekannte Veranlaßung, ein Feuer aus, welches dessen Wohnhaus, Stallung und Scheuer verzehrte.

 

Auch wurde zu Koslitz auf dem zum Domainen-Amte Lueben gehörigen Freibauer-Guthe das Wohngebäude und ein Stall durch Brand zerstört. Von der Untersuchung [63v] über die Entstehungs-Ursache desselben hat der Landrath Luebenschen Creises noch nicht Bericht erstattet.

 

Für die Rubrik

 

Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute

 

liegen uns keine Materialien vor.

 

Summarische Nachweisung der Zuflüße in die König. Cassen.

 

Die Einnahme für den Monat December pr. hat bei der Regierungs-Haupt-Casse sich belaufen auf ------- 93010 r. 2 g. 10 1/5 pf.

 

die Einnahme-Reste betragen -------- 64827 -- 4 --- 6 3/5 [pf.].

 

An Ueberschüßen zu den Staats-Caßen sind abgeführt worden
aus den laufenden Gefällen ---------- 76050 - 12 -------------

 

Für die Rubrik von

 

Militair-Sachen

 

haben wir auch im letztverfloßenen Monat keine interessante Nachrichten erhalten.

 

Grenz-Sachen.

 

Zu Verhütung des Einschleppens der Rindviehseuche aus Schlesien nach Sachsen ist die Grenze bei Sagan durch sächsisches Militair besetzt, welches in jenes Königreich keinen dießseitigen Unterthanen einläßt, der nicht mit einem Gesundheits-Paße versehen ist. Inzwischen soll in der Gegend von Zittau die Viehpest bereits auf das heftigste ausgebrochen seyn.

 

Die Krankheit, welche in dem Herzogthum Warschau unter dem Rindvieh herrscht, und manches Stük hinraft, soll nach einem an uns ergangenen Schreiben der Praefectur des Posener Departements keine wirkliche Pest, sondern blos eine Lungen-Entzündung seyn. Die Creis-Landräthe haben uns aber das Gegentheil versichert, daher wir an der Grenze mit jenem Herzogthume die der Sache angemessene Sicherungs-Anstalten getroffen haben.

 

Im benannten Herzogthum ist man über die hohen Abgaben, die dieses Land drükken, und über das in demselben statt findende starke Rekrutiren im höchsten Grade mißvergnügt.

 

Der schnelle und tiefe Fall der Wiener Banknoten soll in [64r] den österreichischen Staaten eine so lebhafte Sensation erregen, daß man den Ausbruch innerer Unruhen befürchten soll.

 

Außer dem erfolgten Ableben des Regierungs-Rathes Lange, der Justitiarius bei der hiesigen Regierungs-Abgaben-Deputation war, sind keine

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden

 

im hiesigen Regierungs-Departement vorgekommen.

 

Commercium.

 

Das tägliche Steigen der Woll- und Farbe-Waaren-Preise nöthiget den Tuch-Fabricanten, seine Waaren in einem höhern Preise, als sonst zu verkaufen, wodurch der Tücher-Debit etwas vermindert wird.

 

Bei den Zoll-Aemtern unseres Departements sind im Monat December v. J. 29 Stein 5 17/37 lb: Wolle, Berliner Gewicht, imgleichen 155 Stük Schaafvieh zur Ausfuhr declarirt worden.

 

Auch die Leinen- und Baumwollen-Zeug-Fabrique muß wegen der gegenwärtigen Theurung der nötigen Materialien höhere Preise machen.

 

Häufige und bedeutende Fallissements von Handelshäusern sind jetzt in den großen Handelsstädten des Auslandes an der Tages-Ordnung. Selbst das für sehr solide gehaltene jüdische Haus von Gottschalk und Salomon zu Hamburg hat seine Zahlungen eingestellt. Die dasigen Leinwandhändler verlieren dabei über 200000 Mark Banco, welches auf die Schlesischen Leinwand-Kaufleute sehr nachtheilig zurükwirken wird. Ein anderes Haus in Hamburg, Nahmens Mastens und Gowert, welches in Leinen sehr ansehnliche Geschäfte machte, hat auch mit einer Summe von 600000 Mark Banco zu zahlen auf gehört. Der nehmliche Fall ist in Bremen, wo schon 14 Häuser fallirt haben, und mehrere im Begriff stehen, zu fallen. Von andern Handels-Plätzen, besonders von Leipzig und [64v] Augsburg befürchtet man ähnliche Nachrichten, daher denn der Mißkredit, die Hemmung des Verkehrs mit Leinwand, und folglich auch der Geldmangel immer grösser werden muß. Auch in Triest herrscht in dem Leinwandhandel gegenwärtig wenig Leben, da derselbe sich lediglich auf Italien erstrekt, und die daselbst täglich wachsende Armuth den Absatz immer mehr verringert. Briefe, welche Hirschbergsche Kaufleute im November pr. aus Triest erhalten haben, melden, daß ein Ausfuhrzoll von 25 pro Cent auf alle durch das Illyrische Gebiet nach Italien gehende Leinwande gelegt werden soll, und erklären zugleich die Besorgniß, daß das schlesische Eigenthum in England dürfte in Beschlag genommen werden[.]

 

Aus unserem Verwaltungs-Bezirk sind im 2ten Quartal 1810 /11 42 Schok rohe, und 530 Schok 15 Stük gebleichte Garne in andere Provinzen Ewr. König. Majestät gegangen[.]

 

Haupt-Gegenstände unserer collegialischen Beschäftigung im abgewichenen Monat

 

waren:

 

die Verfügungen zu Beitreibung der auf die Roggen- und Fourage-Ausschreibung vom 9ten December 1809 an die verschiedenen Garnison-Magazine noch rükständigen Lieferungen und Einleitungen zu freiwilligen Militair-Magazin-Einlieferungen nach dem Martini-Preise,

 

die Publication der im Gefolg des Edicts wegen Aufhebung des Militair- und Civil-Vorspanns von Ewr. König. Majestät Staats-Canzler, Freiherrn von Hardenberg uns erklärten Bestimmungen in Bezug auf die Vorspann-Verfaßung.

 

fernere Einleitungen zu Domainen-Veräusserungen.

 

Die fortgesetzten kommißarischen Arbeiten wegen [65r] Aufhebung der Klöster in unserm Departement,

 

die fortgestellte Regulirung der Allerhöchst angeordneten neuen Staats-Abgaben überhaupt.

 

Unter der Rubrick:

 

dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

glauben wir uns der Vorschläge enthalten zu müßen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.] 

 

 

 

[69r] Liegnitz den 19ten Januar 1811.

 

Die Regierung giebt die bei Gelegenheit des Zeitungs-Berichtes für den Monat December v. J. befohlene Auskunft.

 

 

Ewr. König. Majestät befehlen uns in der Allerhöchsten Immediat-Ordre vom 12. hujus, uns über das in dem Zeitungs-Berichte für das hiesige Regierungs-Departement pro Decembre a. pr. erwähnte in diesem Monat statt gefundene Stillestehen des Zakenflußes im hiesigen Gebürge, näher einzulaßen. Wir bemerken hierauf allerunterthänigst, daß wir jenes Natur-Ereigniß, welches dem Aberglauben in jener Gegend manche Nahrung gegeben hat, so erzählet haben, wie uns daßelbe von unsern untergebenen Behörden vorgetragen worden ist. Allerdings hat aber kein Stillestand des Flußes im eigentlichen Wort-Verstande statt gefunden, sondern richtiger wäre der Ausdruk gewählet gewesen, daß das Waßer des Zaken-Flußes drei Stunden lang, zwischen Schreibershau und Hirschberg ausgeblieben sei.

 

Es bleibt dies immer ein sonderbares Natur-Ereigniß, welches sich dadurch wahrscheinlich erklären läßt, daß das Waßer eines Flüßchens wie der Zacken, deßen Bette aus lauter zum Theil ungeheuren Felsen-Stükken bestehet, zwischen denen sich daßelbe nur [69v] mühsam hindurch windet, gar leicht einmal drei Stunden aufgehalten werden könne, wenn durch solche aufs neue zusammengestürzte Felsenstükke, der Lauf des Waßers oberhalb einmal gehemmet wird. Vielleicht daß jenes Natur-Ereigniß auch in Verbindung mit den Erd-Erschütterungen gestanden hat, die nach öffentlichen Blättern beinahe um dieselbe Zeit, einen großen Theil des südlichen Europa betroffen haben.

 

Es ist übrigens dafür gesorgt worden, daß der gemeine Mann durch einen Aufsatz in den gemeinnützigen zu Hirschberg herauskommenden Gebirgs-Blättern, von den denkbaren natürlichen Ursachen dieses Ereignisses belehret worden, was um so nothwendiger war, da ein gewißer Rüssmann, der vor 100 Jahren im Hirschbergischen lebte, und eine im Manuscripte in jener Gegend aufbewahrte, bei den Webern in hohem Ansehen stehende Chronik geschrieben hat, darin vorausgesaget haben soll, daß wenn der Zaken zum dritten Male stille stehen [70r] würde, der jüngste Tag erscheinen würde. Es soll nun dies die dritte Erscheinung dieser Art seit einigen Jahren seyn.

 

 

Die Liegnitzsche Regierung von Schlesien.

 

[gez.]